Gesetz zur Änderung des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2139

 

Meine Damen und Herren, in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs haben meine Kollegin Marx und mein Kollege Adams schon sehr ausführlich auch gerade die juristischen Gegenargumente in der Sache, den Gesetzentwurf betreffend, vorgetragen. Ich glaube, auch der Abgeordnete Scherer für die CDU-Fraktion hat auf die fachliche Unzulänglichkeit dieses Gesetzentwurfs hingewiesen. Und ich hatte sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, gemessen an den Kriterien des Verwaltungsverfahrensrechts, der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung, nämlich den Kriterien des Ziels, der Mittel und der Auswirkungen, dass dieser Gesetzentwurf nicht nur handwerklich schlecht ist, sondern im Wesenskern ein politisch motiviertes Instrument ist, um tatsächliche Grundrechte, die in diesem Land gelten infrage zu stellen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das gibt es ja sonst nie!)


Denn in Wahrheit, meine Damen und Herren, hält hier die AfD-Fraktion ein Plakat angeblicher Bürgerbeteiligung in die Höhe und meint im Kern aber das Ziel damit verfolgen zu können, den Bau einer Moschee in Erfurt zu verhindern.

Und seit der ersten Lesung ist hier nicht nur passiert, dass sich möglicherweise der eine oder andere Fachpolitiker den Gesetzentwurf noch einmal angeschaut hat, in der Zwischenzeit ist natürlich auch die Diskussion in diesem Land weitergegangen und in der Zwischenzeit hat auch eine Veranstaltung der AfD hier im Thüringer Landtag, nämlich am 14. Juni, stattgefunden und bei diesem Treffen am 14. Juni auf Einladung der AfD-Fraktion wurde noch einmal sehr deutlich, was die AfD-Fraktion eigentlich von Bürgerbeteiligung hält, nämlich nicht sehr viel.


(Beifall DIE LINKE)


Da will ich aus diesem Treffen noch einige, tatsächlich aus meiner Sicht auch Highlights der motivierten Bürgerbeteiligung vortragen. Der Abgeordnete Möller präsentierte, nicht ohne mit einem gewissen Stolz auf die besondere Expertise der AfD in diesem Zusammenhang hinzuweisen, ein von der AfD fertiggestellten Antrag zur Einleitung eines Bürgerbegehrens gegen den Moscheebau in Erfurt. Der Antrag war also bereits vorformuliert und der Abgeordnete Möller zeigte der interessierten Teilnehmerschaft der Veranstaltung noch mal, Ziel sei die Verhinderung eines Moscheebaus und dies könne man am besten dadurch erreichen, dass man bei der Bauleitplanung quer schießt, so der Abgeordnete Möller. Er führte gleich aus, im Bürgerbegehren muss ja auch nicht Moschee drinstehen, man müsse es nur den Leuten nach außen kommunizieren. Es geht jedoch darum, dass die Moschee verhindert wird.


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie hören uns nicht zu!)


Genau das übernehmen wir an dieser Stelle: Es steht zwar möglicherweise irgendwo, an irgendeiner Stelle in diesem Gesetzentwurf Bürgerbeteiligung, aber was Sie bei dieser parlamentarischen Beratung genau vermeiden, machen Sie in den Versammlungen auf Ihre Einladung deutlich, es geht Ihnen nicht um die Bürgerbeteiligung, sondern es geht Ihnen um die Durchsetzung Ihrer islamophoben Vorurteile, für die Sie versuchen, eine Bürgerschaft zu mobilisieren.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist ja auch nicht so, dass die AfD sich hier nur als Stichwortgeber für die Bürger usw. generiert und sagt, nun wollen wir doch mal schauen, die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land aufgreifen und diese bei der Durchsetzung ihrer Ziele möglicherweise unterstützen. Nein, der Abgeordnete Möller formulierte am 14. Juni bei der Diskussion mit Bürgerinnen und Bürgern auch noch ein Ultimatum an die Bürgerinnen und Bürger, er sagte nämlich, wenn sich die Bürgerinitiative nicht bis zum 1. Juli dafür entscheidet, ein Bürgerbegehren einzuleiten, dann wird es die AfD-Fraktion tun.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Kann ich das Protokoll nochmal haben?)

So viel auch noch mal zur Emanzipation und zum Partizipationsverständnis


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


bei der AfD-Fraktion, die nun glaubt, mit dem Thema „Bürgerbeteiligung“ anderen in diesem Haus etwas vormachen zu können. So ist es dann auch in der Tat gekommen, die AfD hat Anfang Juli das Bürgerbegehren beantragt. Es wurde dann abgelehnt, weil – und das betrifft auch den Kern und das Motiv dieses Gesetzentwurfs – der Antrag, der von der AfD-Fraktion gestellt worden ist, gesetzeswidrige Ziele verfolgt. Anstatt in eine neue Diskussion mit Bürgerinnen und Bürgern zu gehen, weil man doch Bürgerbeteiligung ernst nimmt, stellten einfach die Abgeordneten Möller und Herold und – hören Sie gut zu – eine Anzahl anonymer Antragsteller – ist mir neu, dass es so was im Verwaltungsrecht oder Verfahrensrecht überhaupt gibt – im August einen neuen Antrag. Ich glaube, allein diese Begleitmusik zu dem Gesetzentwurf, der uns heute in zweiter Beratung vorliegt, macht deutlich, was die AfD unter Bürgerbeteiligung tatsächlich versteht: Sie versteht darunter, dass man die Instrumente möglicher Beteiligung im Prinzip instrumentell nutzt, um die eigenen antimuslimischen, islamophoben Einstellungen öffentlich zu transportieren. Dann sage ich Ihnen ehrlich, wir werden die Instrumentalisierung der Bürgerbeteiligung von derartig ideologischen und insbesondere durch uns abzulehnenden Motiven nicht mitmachen und dem eine klare Absage erteilen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich will das im Einzelnen nicht ausführen, aber im Kern geht es bei der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung um die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Verfahren, die noch gar nicht begonnen haben. Das ist ein sehr komplexes, juristisch schwer zu fassendes Thema und es gibt sehr viele Ideen, wie man das tatsächlich verbessern kann. Hier gehört aber eben auch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Beteiligten zusammen. Man kann nicht einseitig die Verwaltung, die über das Verfahren, über den Antrag noch gar nicht informiert ist, in die Zwangspflicht bringen, ein Verfahren durchzuführen im Vorgriff auf etwas, was sie möglicherweise noch gar nicht vorliegen oder zur Kenntnis hat. Wir haben sehr ausführlich gesagt, dass der Gesetzentwurf genau auf dieser Logik aufbauend handwerklich und rechtssystematisch eine Katastrophe ist, aber, meine Damen und Herren, das kommt eben raus, wenn nicht Juristen die Feder führen, aber möglicherweise Rechtspopulisten das eigentliche Motiv des Antrags diktieren, dann wird nämlich der juristische Sachverstand, wenn beides zusammenfällt, tatsächlich auch verdrängt.

Meine Damen und Herren, ich will abschließend auch noch einmal deutlich machen, mit dem Ansinnen der AfD-Fraktion in dem vorliegenden Gesetzentwurf –wir werden an anderer Stelle im Rahmen dieses Plenums auf ähnliche Instrumente noch einmal zurückkommen – soll und wird Gesellschaft in diesem Land gespalten. Ich glaube, das tut einer freien und tatsächlich demokratischen Gesellschaft nicht gut, auch nur den Ansatz zu ermöglichen, dass sich eine solche Tendenz verfestigt, denn Wesensmerkmal gerade von Freiheit und Demokratie ist, dass alle Menschen tatsächlich partizipieren und ihre Meinung einbringen können und nicht der Zustand, dass eine Partei ihre ideologischen Ziele dahin gehend verfolgt, sie als Meinung, als vorgeblich vorherrschende Volksmeinung durchzusetzen und einem anderen aufzudrücken und gleichzeitig damit versucht, eine Vielzahl von Mitmenschen in diesem Land zu diskreditieren und zu diskriminieren. Vielen Dank!


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