Gesetz zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes 2/3

Andreas Schubert

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8029

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Henkel, es war Ihr Fraktionsvorsitzender, der die hier eingebrachte Entwurfsfassung für eine Veränderung des Thüringer Vergabegesetzes als Diskussionsangebot vonseiten der CDU bezeichnet hat. Ich hoffe, Ihre Rede war heute nicht so zu verstehen, dass Sie der Meinung sind, dieser Gesetzentwurf ist mit welchen Mehrheiten auch immer eins zu eins hier abzustimmen. Wir hoffen auf eine konstruktive und faktenbasierte Debatte im Ausschuss. Deswegen empfehle ich – möglicherweise ein Hinweis, der sich im Lichte der Diskussion heute Vormittag gut verteilen lässt –, noch mal ein Stück weit argumentativ vielleicht abzurüsten, denn auch bei dieser Debatte „Bürokratie mit neuer Bürokratie“ fällt mir sofort der von Ihnen auch mit einer Vorlage herbeigesehnte Normenkontrollrat ein, der nichts anderes sein sollte als ein neues bürokratisches Gremium, um Bürokratien abzubauen. Also Sie sind da nicht ganz stringent in Ihrer Debatte und deshalb glaube ich, Sie sollten nicht so viel in die Diskussionen zwischen den Koalitionsfraktionen und dem Wirtschaftsministerium hineingeheimnissen, sondern Sie sollten vielleicht mal Ihre Rede an die Parteikolleginnen, die Kommissionsvorsitzende Frau von der Leyen schicken und mal fragen, ob sie das bei ihren Regelungen auf europäischer Ebene alles genauso sieht, wie Sie das uns jetzt hier dargelegt haben, da sie doch in der gleichen Partei sind.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Henkel, CDU: Wir kümmern uns erst mal um Thüringen!)

 

Bereits in der Anhörung 2021 zum Vergabegesetz, zu dem Antrag, den Sie uns damals vorgelegt haben und mit dem Sie übrigens den vergabespezifischen Mindestlohn in Thüringen eliminieren wollten – nur noch einmal zur Erinnerung –

 

(Zwischenruf Abg. Henkel, CDU: Wir haben es aber korrigiert!)

 

Ja, jetzt haben Sie es korrigiert. Deswegen war es hilfreich, dass wir die Evaluation gemacht haben. Da ist offensichtlich auch bei der CDU ein Stück weit Entwicklung ausgelöst worden. Dabei ist deutlich geworden, dass das Thüringer Vergabegesetz insgesamt begrüßt wurde – bei einer Anhörung, die wir hier in diesem Saal hatten. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Ausführungen von Prof. Klaus Dörre, der das hier klar dargelegt hat. Wenn wir jetzt im Ergebnis der Evaluation 13,50 Euro mit den zukünftigen Dynamisierungen vorschlagen, dann ist das, um Gute Arbeit mit fairen Löhnen bei öffentlichen Aufträgen zu garantieren.

 

Da will ich gern noch einmal auf die Handwerker zurückkommen, von denen Sie vorhin gesprochen haben. Reden Sie doch mal mit den Vertretern der Handwerker, mit den Kammern oder mit den Handwerkern selbst, was die zum vergabespezifischen Mindestlohn sagen.

 

(Zwischenruf Abg. Henkel, CDU: Mache ich ständig!)

 

Meine Erfahrungen in solchen Gesprächen sind, dass die Handwerker überhaupt kein Problem mit dem vergabespezifischen Mindestlohn haben, weil sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längst über diesen entlohnen. Deshalb müssen Sie doch für sich als CDU die Frage beantworten – wenn Sie insgesamt sagen, dass das ein richtiges Instrument ist, auch im Lichte der Evaluierung, deswegen haben Sie das in Ihrem Gesetzentwurf jetzt mit aufgenommen –, warum denn das, was für die Landesebene, für die Aufträge der öffentlichen Hand auf Landesebene gut und richtig ist, offensichtlich auch von den Arbeitgebern befürwortet wird, warum dieses gleiche Instrument nicht für die Aufträge der öffentlichen Hand auf der kommunalen Ebene gelten soll. Das ist doch ein Widerspruch an sich, den Sie mal auflösen müssen! Diese Frage werden Sie im Ausschuss zu beantworten haben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Hinsichtlich des Bürokratieabbaus besteht natürlich Reformbedarf. Das wollen wir als Linke überhaupt nicht negieren. Im Kern geht es jetzt deshalb um die Weiterentwicklung. Wir möchten natürlich jetzt auch diese Fragen der Digitalisierung in den Blick nehmen. Da glauben wir nicht, Herr Henkel, im Ernst glauben wir nicht, dass wir bei der Digitalisierung schon die Ergebnisse erreichen, wenn wir einfach nur sagen, wir streichen Formblätter und lassen in Zukunft eine E-Mail-Kommunikation zu. Wir wollen als Koalition tatsächlich eine qualitative Entwicklung an dieser Stelle, eine Vergabe für elektronische Vergabeverfahren. Da müssen wir uns doch auf den Weg machen! Und da haben mit Sicherheit auch alle diejenigen einen Beitrag zu leisten, die an dieser Vergabeplattform am Ende des Tages Stakeholder sind. Das ist nach meinem Kenntnisstand leider nicht nur die Landesebene, sondern da gibt es einen bundesweiten Verbund.

 

Die Einhaltung verbindlicher Dekarbonisierungsziele bzw. sozialer und ökologischer Nachhaltigkeitskriterien zu garantieren, muss für jeden Betrieb, für jedes Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit werden, weil es Zukunftsfragen sind. Das als Bürokratisierung zu sehen, betrachten wir als das, was es ist: grob fahrlässig. Gute Wirtschaftspolitik ist auch gute Klima- und Nachhaltigkeitspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir müssen doch dafür sorgen, wie wir uns in unserem Land Thüringen an die Spitze der Bewegung setzen können und wie wir als öffentlicher Auftraggeber zum Beispiel auch Produkte befördern, die den CO2-Fußabdruck reduzieren.

 

Warum machen wir das in Zukunft nicht so, dass wir zum Beispiel bei öffentlichen Bauaufträgen den Einsatz zum Beispiel von grünem Stahl oder von Recyclingprodukten wie bei den Gipsbauprodukten fordern? Dann könnten wir als öffentliche Hand tatsächlich einen ganz konkreten Beitrag leisten, um diesem Transformationsprozess auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gerecht zu werden. Das entspricht, meine sehr geehrten Damen und Herren, am Ende auch europäischen Vorgaben.

 

Damit komme ich noch einmal zurück auf den Redner der AfD, Herrn Aust. Herr Aust, Sie haben wahrscheinlich in dieser Plenarwoche die Aufgabe, noch einmal deutlich zu machen, wie asozial die Politik der AfD ist. Gestern haben Sie schon gegen die Umverteilung an sich gesprochen und heute fordern Sie einen Wettbewerb zwischen den Firmen auf Kosten der Umwelt, auf Kosten unserer Lebensbedingungen. Das kann doch beileibe kein Konzept für die Zukunft sein. Das ist genauso absurd wie Ihre Forderung, dass Deutschland aus der EU austreten müsste. Welchen wirtschaftspolitischen Sachverstand bringen Sie eigentlich in diese Debatte hier mit ein?

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das heißt, eine attraktive Ausgestaltung des Ausschreibungsverfahrens für Unternehmen rechtfertigt für uns als Linke keinesfalls Nachteile für Arbeitnehmerinnen, für Umwelt und Gesellschaft. Wir müssen den Spagat schaffen zwischen Wirtschaftlichkeit für die Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen durch Entbürokratisierung, durch eine echte Digitalisierung, ohne dabei Standards für Umwelt und Gesellschaft abzubauen. Besser wäre es sogar, diese verstärkt zu kontrollieren. Wir als Linke werden jedenfalls weiter für soziale und ökologische Kriterien wie Gesundheitsschutz, Regionalität und Nachhaltigkeit kämpfen und dies auch in den Anhörungen mit einfließen lassen.

 

Ich wünsche uns, dass wir zum Vergabegesetz die tatsächlich beschworene fakten- und sachorientierte Debatte haben werden, auch im Ergebnis der Anhörung, die wir heute noch im Wirtschaftsausschuss beschließen wollen. Deshalb bin ich da wirklich gespannt, wie sich diese Argumente dann auch auf die Positionierung derjenigen einbringen werden, die heute hier einen Gesetzentwurf bewerten, den die Koalition vorgelegt hat. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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