Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes und anderer Gesetze

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/359 - Erste Beratung

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, werte Gäste, beim Vorstellen des Gesetzes der beiden Fraktionen, welches uns jetzt vorliegt, haben Sie die Überschrift gewählt "Ein guter Tag für Thüringens Kinder und Eltern". Am 20. Januar, als ich das erste Mal den Gesetzentwurf gelesen habe, habe ich gedacht, ja, das stimmt. Eine Relativierung werde ich heute in meiner Rede darlegen.

Die Landesregierung hat sich verpflichtet in ihrem Koalitionsvertrag, bis Ende Januar 2010 - und das haben wir ja heute - einen Gesetzentwurf in den Thüringer Landtag einzubringen, mit dem die Ziele des Volksbegehrens mit Beginn des Kindergartenjahres 2010/2011 umgesetzt werden. Dies muss für uns der Maßstab sein, dieses vorgelegte Gesetz zu bewerten. Dies muss aber auch der Maßstab sein, die Dauer des parlamentarischen Verfahrens zu bewerten. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, haben gemäß dieses Koalitionsvertrags einen Gesetzentwurf vorgelegt und jetzt gilt es, diesen zügig zu diskutieren und zu verabschieden. In Ihrer schon zitierten Presseerklärung schreiben Sie, dass Sie es anstreben, jetzt eine rasche parlamentarische Beratung durchzuführen, damit die Rechtssicherheit für die Eltern, Kindergartenträger und Kommunen hergestellt wird. Meines Erachtens müssen wir hierbei nicht so viel Zeit verstreichen lassen, weil wir ja den Inhalt des Gesetzes seit fast fünf Jahren diskutieren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir diskutieren über diese Novellierung des Gesetzes seit fünf Jahren und haben alle Argumente, aber auch wirklich alle Argumente hinlänglich ausgetauscht und können ja auch feststellen, dass viele unserer Argumente in diesem Gesetz Berücksichtigung gefunden haben, dass Anregungen eingeflossen sind und uns besonders wichtige inhaltliche Faktoren wie die Verbesserung des Personalschlüssels. Hier sei allerdings angemerkt, wir haben ja auch eine Personalschlüsselkürzung aus dem Jahr 2006 hier noch drinstecken und wir erreichen damit natürlich immer noch nicht den Durchschnitt des bundesdeutschen Niveaus. Wir haben unsere Forderung der gemeinsamen Förderung von Kindern mit und ohne Behinderungen in Regelkindertagesstätten in dem Gesetzentwurf verankert und hier werden wir im Ausschuss sicherlich noch einmal darüber diskutieren müssen, wie die Details auch vor Ort in der Praxis wirklich angewandt werden können. Für uns wichtig waren die Mitwirkungsrechte der Eltern, diese zu stärken, das ist im Gesetzentwurf verankert. Hier haben wir prinzipiell keinen grundsätzlichen Dissens mit dem vorgelegten Entwurf und übrigens auch nicht mit den Regelungen zum Erziehungsgeldgesetz. Herr Kellner, hier sei wirklich angemerkt, in dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens - und das wissen auch die Kollegen der SPD-Fraktion - ist diese Streichung des Erziehungsgelds nur dem Finanzvorbehalt des Verfassungsgerichts zum Opfer gefallen. Inhaltlich haben wir immer gesagt, wenn das Geld zusätzlich bereitgestellt wird, dann sind wir ja nicht gegen die Regelungen zum Erziehungsgeld.

Was ich gut finde, das will ich auch deutlich sagen, ist die Flexibilisierung der Regelungen und vor allen Dingen die Entbürokratisierung der Regelung, wenn es denn so auf den Weg gebracht wird. Sicher gibt es auch an dieser Stelle oder an der einen oder anderen noch Änderungsbedarf, den wir dann im Ausschuss auch einbringen werden. Ich will mal nur auf einen Aspekt des Erziehungsgelds eingehen. Wir halten es schon für notwendig, dass die Pflegeeltern z.B. bei den Anspruchsberechtigten mit aufgenommen werden, weil es dann auch wieder die Gleichheit zum Bundeselterngeld- und Bundeserziehungsgeldbezug herstellt.

Für uns ist jetzt entscheidend, dass die zweite Hälfte des Koalitionsvertrags eingehalten wird. Das Kita-Gesetz soll zum nächsten Kita-Jahr in Kraft treten.

Ich will noch mal auf Ihre Pressemitteilung eingehen. Sie sagten, es soll eine rasche Bearbeitung geben. Rasch ist für mich nicht Verabschiedung im April, das will ich ganz deutlich sagen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich Sie, Herr Minister, richtig in Erinnerung habe, wollten Sie im Dezember den Gesetzentwurf einbringen und im Januar verabschieden. Deswegen schlagen wir Ihnen auch vor, ohne zusätzliche Beratungen den 18. Februar zu nutzen für eine gemeinsame Mündliche Anhörung der beiden Ausschüsse Soziales, Familie und Gesundheit sowie Bildung, Wissenschaft und Kultur, dass wir am 18. März die Auswertung der Anhörung vornehmen können. Dann könnte am 19. März der Justizausschuss beraten und wir könnten im März diesen Gesetzentwurf verabschieden. Ich denke, das sind wir vielen Menschen in diesem Lande schuldig, vor allem den Kindern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist deswegen wichtig, weil die Kommunen das neue Kita-Jahr mit Bedarfsplanungen vorbereiten müssen. Wenn wir im März diesen Gesetzentwurf hier verabschieden, dann haben Sie nicht mal zwei Monate Zeit, um das Ganze vorzubereiten. Im Juli, das wissen Sie, sind Ferien und es tagen auch keine Kreistage und keine Stadträte mehr, so dass die Bedarfsplanungen dann vor dem neuen Kita-Jahr gar nicht umgesetzt werden können. Deswegen von uns noch einmal der klare Appell: Verzögern Sie diesen Gesetzentwurf nicht!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Zeitplan könnte funktionieren. Ich denke, die meisten der Anzuhörenden haben sich geäußert. Sie haben ja nun verkündet, im April das Gesetz zu verabschieden. Sind Sie damit wirklich sicher, verehrte Kollegen der SPD vor allen Dingen, dass die CDU im April dem Gesetz in dieser Fassung zustimmen wird, die den Zielen des Volksbegehrens wirklich noch entsprechen? Oder weist schon die ellenlange Liste der Anzuhörenden darauf hin, dass das gleiche Spiel wieder losgeht, was die CDU schon in der vergangenen Legislatur gespielt hat in Form von Verschieben, Verschleppen, Verwässern, immer neue Gründe finden, warum man noch nicht zu Ende verhandeln kann. Wir kennen das. Mir fallen schon jetzt wieder Gründe ein, zum Beispiel die Klage über die zu kurze Zeit der Auswertung, die scheinbare Notwendigkeit, weitere Gutachten einzuholen, die lang gezogenen Diskussionen über den einen oder anderen Einwand. Auf diese Art ist es ein Leichtes, das Kita-Gesetz bis in den Sommer hinein zu verschleppen und damit nicht mehr rechtzeitig zur Verabschiedung zu kommen. Diese Skepsis wird auch von der aktuellen Berichterstattung in der TLZ genährt, dass die Kommunen 93 Mio. € für die Kitas nicht zusätzlich erhalten, sondern diese schon im KFA enthalten seien. Man habe sich, so gibt die Zeitung einen Ministeriumssprecher wieder, um diese Summe verrechnet. Hier teile ich meine Verwunderung mit dem Präsidenten des Gemeinde- und Städtebundes, dieser wird mit den Worten zitiert: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sich in dieser Größenordnung verrechnen kann." Das sind für mich Taschenspielertricks. Ich kann es mir mit Verlaub auch nicht vorstellen

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich schon.)

und deswegen schließen sich hier auch gleich meine Fragen an die Landesregierung an: Bekommen nun die Städte und Gemeinden für die Kitas die 93 Mio. € im Vergleich zu den vergangenen Jahren zusätzlich - so wie ich den Gesetzentwurf gelesen habe - oder müssen sie das neue Gesetz aus eigener Tasche bezahlen? Das wäre ein schlechter Schildbürgerstreich.

(Beifall DIE LINKE)

Sich erst mit den Verbesserungen bei der frühkindlichen Bildung zu brüsten und die Kommunen und letztlich immer dann auch die Eltern dafür bluten zu lassen, wäre mehr als widersinnig. Die Kommunen haben schon die rote Fahne gehisst und verkündet, dass sie dieses Geld nicht aufbringen können. Ich erinnere an meinen Standardsatz fast in jeder Rede: "Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen und Bildungseinrichtungen sind nun mal Ländersache!" Deswegen muss man auch, wenn man die Aufgaben entsprechend überträgt, diese Finanzausstattung den Kommunen mitgeben.

Aber zunächst bin ich erst einmal gespannt auf Ihre Antwort. Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass Sie zu Ihrem Wort stehen und es ernst damit gemeint haben, dass die Mehrkosten des Kita-Gesetzes vollständig vom Land übernommen werden. Vielleicht ist es aber auch so, dass die 93 Mio. € ein Teil der 150 Mio. € sind, die die Kommunen dieses Jahr zusätzlich für ihre Aufgaben bekommen. An dieser Stelle bleibt dann nur die Frage: Reichen die verbleibenden 57 Mio. € für die Kommunen aus, ihre zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen oder klafft hier ein so großes Finanzloch, dass sie letztlich doch nicht ohne eine Erhöhung der Kitagebühren auskommen?

Meine Damen und Herren, Sie sehen neben den konkreten Inhalten des Gesetzes gibt es bei seiner Umsetzung und Einführung noch zahlreiche Fragen, aber keine, die nicht zügig beantwortet werden können. Es gibt aber auch viel Skepsis. Das geht nicht nur uns so, sondern auch den Eltern, die bei all diesen merkwürdigen Signalen noch mehr Grund haben werden, auf der Straße Unterschriften zu sammeln.

(Beifall DIE LINKE)

Seien Sie versichert, wir werden Sie kräftig dabei unterstützen, bis dieser Gesetzentwurf hier verabschiedet ist. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

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