Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes und anderer Gesetze (Gesetz für eine bessere Familienpolitik in Thüringen)

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, Bündnis 90/DieGrünen - Drucksache 5/30 - Erste Beratung

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten - Gäste sind keine mehr da -, Herr Machnig sagte vorhin, wenn man mit Politik verändern will, muss man Realitäten kennen. Ich kann beim Kita-Gesetz heute nicht zum ersten Mal die Realitäten gern noch einmal wiederholen, die wir in diesem Land haben. In wenigen Tagen jährt sich zum dritten Mal die Verabschiedung des Familienfördergesetzes. Seit April 2005, nämlich seit der Verkündung der Familienoffensive, ist ein massiver Protest der Eltern und von vielen anderen in diesem Land zu verspüren. Das sind viereinhalb Jahre inzwischen und schon fast drei Jahre, nämlich seit Inkrafttreten dieses Gesetzes, gehen unseren Kindern in diesem Land viele Möglichkeiten der Bildung und Erziehung verloren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eigentlich hat sich ja hinsichtlich unseres gemeinsam eingereichten Gesetzentwurfs nicht wirklich viel verändert. Die Erzieherinnen sind nicht nur immer noch überlastet, sie sind inzwischen nach drei Jahren ausgebrannt. Der Bildungsplan kann dadurch überhaupt nicht umgesetzt werden in unseren Kindertagesstätten. Es gibt nach wie vor keine bessere Integration von Kindern mit und ohne Behinderung.

Das alles haben wir schon viele Male hier an diesem Rednerpult ausgeführt, haben es in Reden formuliert im Wahlkampf, in Podien diskutiert und wir, LINKE und GRÜNE, haben gemeinsam mit der SPD für genau dieses Gesetz gestritten. Alle drei Parteien und Fraktionen haben sich dazu verpflichtet, das Gesetz so umzusetzen, wie es der Trägerkreis "Für eine bessere Familienpolitik" erarbeitet hat. Deshalb ist es auch wortgleich hier in den Thüringer Landtag zum zweiten Mal eingebracht worden. So wollten wir es einbringen und nicht irgendwie oder nur so ähnlich. Von einem Gesetz, das die Ziele des Volksbegehrens umsetzt, wie es im Koalitionsvertrag heißt, dabei aber die Inhalte nicht übernimmt, war nicht die Rede. Wir hoffen, es ist im Koalitionsvertrag auch nicht so gemeint.

Deshalb habe nicht nur ich und meine Fraktion, nein, haben die vielen Erzieherinnen und Erzieher, die Eltern für ihre Kinder die Erwartung an die Landesregierung, an Sie ganz persönlich, Herr Matschie, als Kultusminister - halten Sie Wort.

Insofern hat sich natürlich in der Zwischenzeit doch etwas getan. Eine der drei Parteien, die über Jahre hinweg das Volksbegehren mitgetragen hat, den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form mitformuliert hat und die Forderung nach 2.000 zusätzlichen Erzieherinnen mit erhoben hat, sitzt jetzt auf der Regierungsbank.

Zur Erinnerung: Wir, die GRÜNEN, die LINKEN und die SPD, haben immer gemeinsam gefordert, dass wir 2.000 zusätzliche Fachkräfte brauchen, weil die frühkindliche Bildung in den Kitas endlich vom schönen Bildungsplanpapier in die Realität überführt werden soll

(Beifall DIE LINKE)

und weil - das war Konsens unter allen Beteiligten - nur Fachkräfte in der Lage sind, den hohen Anforderungen der frühkindlichen Bildung tatsächlich zu genügen.

Frau Lieberknecht hat gestern in ihrer Regierungserklärung von einer deutlichen Verbesserung der Personalsituation in den Kindertagesstätten gesprochen. Herr Matschie hat es dann noch mal vervollständigt und hat von 2.000 Erzieherstellen gesprochen. Warum ich das betone, will ich hier an der Stelle noch mal sagen und das ist vor allen Dingen an Sie, Herr Mertens, gerichtet: Kinderpfleger sind auch im jetzigen Gesetz keine Fachkräfte.

(Beifall DIE LINKE)

Was wollen wir nun mit unserem Gesetz verbessern? Der Rechtsanspruch ab dem 1. Lebensjahr - es wurde hier schon erwähnt - sowie für Hortplätze in Grundschulen und in Kindertagesstätten. Zum Zweiten die Förderung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf in Regeleinrichtungen, wobei die Gruppengröße anzupassen ist für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder Kinder mit Migrationshintergrund oder nicht altersgemäßer Entwicklung. Dazu sollen die Träger der Jugendhilfe geeignete Maßnahmen festlegen.

Der Punkt 5 in unserem Gesetzentwurf ist ein sehr wichtiger Punkt für die Eltern, die jahrelang darum kämpfen, einen Zusammenschluss auf Landesebene zu erreichen. Die räumliche Ausstattung, Herr Kellner - oder der Kollege von der FDP hat es, glaube ich, gesagt -, soll im Gesetz geregelt werden. Im Gesetz deswegen geregelt werden, weil eine Verordnung auch schnell zu ändern ist. Eltern und Erzieher haben uns immer wieder aufgefordert, genau diese Regelungen über die Größe der Räumlichkeiten gesetzlich zu regeln. Die Änderungen sind dort gegenüber der Verordnung nicht umfangreich, aber es ist etwas anderes, wenn es im Gesetz geregelt ist und nicht nur in einer Verordnung.

Der wichtigste Punkt im Gesetz ist natürlich der § 14 und so soll unter 8. die Erhöhung des Personalschlüssels erfolgen. Wie notwendig das ist, wissen wir. Ich erinnere noch mal auch an die LIGA-Kampagne "Sechs Minuten sind zu wenig". Der Bildungsplan kann nur umgesetzt werden, wenn diese Erzieherstellen wirklich geschaffen werden.

Ich will an dieser Stelle durchaus noch mal betonen, dass wir mit dem vorgeschlagenen Schlüssel und mit 2.000 Stellen noch nicht mal Spitzenniveau in Deutschland erreichen, und auf die europäische Ebene will ich dabei gar nicht eingehen.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Nennen Sie mal die anderen Bereiche, wo wir schon Spitzenniveau haben. Die dürfen wir nicht vergessen.)

Ich rede zu dem Gesetzentwurf, Herr Emde. Wo sind wir denn Spitzenniveau im Kita- Bereich, bitte? In der Auslastung im letzten Kita-Jahr sicherlich. Aber das hatten wir auch vor der Änderung des Kita-Gesetzes.

(Beifall DIE LINKE)

Heutzutage werde ich immer wieder gefragt, wo nehmen wir denn die 2.000 Erzieherstellen her. Wir haben über 8.000 Erzieherinnen, die zum großen Teil in Teilzeitarbeit beschäftigt sind, zum Teil unter 30 Wochenstunden. Die wären bereit, unter anderen Rahmenbedingungen voll zu arbeiten. Die Umfragen des Trägerkreises für eine bessere Familienpolitik bestätigen das eindringlich. Wir können andere pädagogische Berufsgruppen durchaus noch zulassen, z.B. auch Hochschulpädagogen die Möglichkeit geben, in Kindertagesstätten tätig zu sein. Wenn die Stellen im Gesetz geschaffen werden, bin ich auch davon überzeugt, dass die eine oder andere Erzieherin, der eine oder andere Erzieher durchaus auch wieder zurück in unser Thüringen kommt, um dort die Arbeit wieder auszuüben, denn es sind viele nach der Änderung des Gesetzes weggegangen.

In Punkt 11 des § 17 des Kita-Gesetzes haben wir die Bedarfsplanung neu geregelt. Bedarfsplanung deswegen neu geregelt, weil den Kommunen momentan überlassen wird, wenn sie sie aufstellen. Die überwiegende Mehrheit der Bedarfsplanung wird entsprechend des Kita-Jahres und Schuljahres aufgestellt. Aber es gibt Kommunen, die die Jahresscheibe verwenden und im Trägerkreis wurde das als sehr problematisch diskutiert. Deswegen gibt es hier die Veränderungen. Wenn wir konsequent sind und sagen, Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, dann brauchen wir auch eine vergleichbare Planung.

In § 19 - und da komme ich zu den Anfragen zum Geld - soll das Geld neu geregelt werden. Dieser Paragraph ist natürlich sehr beeinflusst von dem Finanzvorbehalt beim Volksbegehren. Der Wegfall der Infrastrukturpauschale ist dem ebenso geschuldet, wie der Wegfall des Erziehungsgeldes. Wir haben überhaupt kein Problem und Sie wissen, unter welchen finanziellen Zwängen in Thüringen nach wie vor ein Volksbegehren durchgeführt werden kann, wenn z.B. das Erziehungsgeld zusätzlich zu den beanspruchten Stellen eingeführt wird, wenn die Bürokratie wegfällt. Wir sperren und als LINKE nicht gegen das Erziehungsgeld prinzipiell. Wir haben immer gesagt, wir sind dagegen, dass diese Mittel aus dem Kita-Bereich herausgezogen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Der Trägerkreis, meine Damen und Herren, plant die große Sammlung. Deshalb haben wir keine Zeit, bis zum Januar 2010 den Gesetzentwurf der Regierung erst hier vorgelegt zu bekommen. Deswegen gebietet sich einfach die Eile. Im Trägerkreis - und man hat mich sehr deutlich beauftragt, das hier zu sagen - werden momentan die Multiplikatoren geschult, ist der Ablaufplan für das Volksbegehren beschlossen. Ich will einfach sagen, wenn wir nicht in absehbarer Zeit im Interesse unserer Kinder, im Interesse der Eltern endlich Veränderungen herbeiführen, dann werden wir das nächste große Volksbegehren in diesem Land haben.

Also, meine Damen und Herren, halten Sie den Füllfederhalter bei Ihnen, Herr Matschie, in der SPD, um dieses Gesetz zum Erfolg zu führen und die Personalsituation in Thüringen an Kindertagesstätten wirklich zu verbessern. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

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