Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Ronald Hande

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5796

 

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wie immer: Der Bund beschließt eine Änderung bezüglich kommunaler Aufgaben, er gibt den Ländern Geld, zum Beispiel über einen erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer,

 

Vizepräsidentin Marx:

 

Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten. Wer jetzt den Raum verlassen möchte, möge das bitte zügig tun und kann sich draußen gepflegt und ausführlich unterhalten. Entschuldigen Sie, Herr Kollege Hande.

 

Abgeordneter Hande, DIE LINKE:

 

– danke schön! – und die Länder geben das Geld komplett an die Kommunen weiter. So weit ist es überall gleich, in Thüringen kommt an dieser Stelle dann regelmäßig noch eine Besonderheit hinzu. Die Präsidentin eines kommunalen Spitzenverbands nimmt diese Realitäten nicht zur Kenntnis und teilt über die Presse Folgendes mit: Erstens, das Geld ist zu wenig, zweitens, das Land hat klebrige Finger und gibt das Geld des Bundes nicht weiter, drittens, egal was das Land macht, es wird abgelehnt, und zwar – Zitat – mit Nachdruck und kategorisch, und überhaupt fehlen grundsätzlich immer 200 Millionen Euro.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine anständige, sachliche und substanzielle Verständigung sieht anders aus. Die Rufe nach Geld und immer noch mehr Geld sind weder angemessen noch sachgerecht noch begründet. Aber wir hören das, schütteln uns kurz und arbeiten dann unaufgeregt an einer zielführenden Lösung weiter.

 

Der nun hier vorliegende Gesetzentwurf, der sich im Wesentlichen auf das Einfügen des § 7a – Zusätzliche Leistungen des Landes – reduziert, berücksichtigt alle diese aus heutiger Sicht absehbaren Veränderungen durch den Rechtskreiswechsel, also vom Asylsystem zum Sozialsystem von aus der Ukraine geflüchteten Menschen. Rechtskreiswechsel deshalb, da der Bund mit dem Gesetz – Entschuldigung, das muss ich nämlich jetzt ablesen – zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze eben beschlossen hat, dass künftig aus der Ukraine geflüchtete Menschen keine Asylbewerberleistungen mehr beziehen, sondern entsprechend Leistungen nach dem SGB.

 

Unser Entwurf berücksichtigt, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinschaftlich in der Verantwortung stehen, sämtliche Aufgaben entsprechend optimal zu realisieren. Diese Ausgestaltung der gemeinsamen Verantwortung wird immer wieder kritisiert. Allzu gern wird dabei auf die Finanzierungsverantwortung des Landes hingewiesen und die Finanzierung anderer Landesaufgaben – ich nenne da beispielhaft Polizei, Schule, Straßenbau, Wirtschaftsförderung, Schulsozialarbeit, Jugendhilfe, Familienförderung, Breitbandausbau oder Theater – völlig vergessen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist unbestritten richtig, dass der plötzliche und deutliche Anstieg von Sozialleistungsempfängern die Landkreise und kreisfreien Städten vor große Herausforderungen stellt, wie bereits natürlich die zahlreiche Aufnahme von aus der Ukraine geflüchteten Menschen seit Februar 2020 zeigt. Aber auch hier müssen sich Land und Kommunen gemeinsam den Herausforderungen stellen und dabei kann man natürlich auch nicht die 100 Millionen Euro vergessen, die das Land bereits bisher für die geflüchteten Menschen ausgegeben hat für Organisation, Aufnahme, Betreuung und eben auch für die Erstattung kommunaler Kosten. Und zu Letzterem darf man auch nicht vergessen, dass der Ministerpräsident am 31.03. den Kommunen zugesagt hat, 100 Prozent dieser Kosten zu übernehmen und – ich bemerke – die Landesregierung dieser Zusage auch vollständig und umfänglich nachgekommen ist.

 

Wir vergessen auch nicht, dass die Kommunen verantwortlich sind für die Unterkünfte und soziale Betreuung vor Ort. Es ist eben eine Gemeinschaftsaufgabe und Gemeinschaftsleistung und dafür hat der Bund zur Entlastung der Länder und Kommunen zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Die 49 Millionen Euro, die Thüringen nun zusätzlich über die Anteile der Umsatzsteuer bekommt, werden entsprechend sachgerecht ausgegeben. Dafür sorgt das heute hier vorgelegte Gesetz. So werden 18,4 Millionen Euro gemäß dem Thüringer Partnerschaftsgrundsatz in den Jahren 2023, 2024 und 2025 zu je 6,13 Millionen Euro ausgegeben bzw. ausgezahlt und 18,7 Millionen Euro direkt noch in diesem Jahr per pauschale Auszahlung an die Kommunen.

 

Wir wollten nun, dass dies sehr zügig vonstattengeht, die Kommunen schnell ihr Geld bekommen, und hatten deshalb ursprünglich als Regierungskoalition vorgesehen, hier die erste und zweite Lesung heute absolvieren zu können, damit entsprechend Gesetz am 01.11. dieses Jahres noch die Auszahlung zeitnah, zügig und verlässlich erfolgen kann.

Die kommunalen Spitzen jedoch – darf ich sagen – waren, wie eingangs gesagt, mit Nachdruck und sehr kategorisch gegen dieses Verfahren. Offensichtlich brauchen sie dieses Geld nicht und wollten damit ein reguläres parlamentarisches Verfahren, in das wir hier heute einsteigen, was natürlich aber auch zeitintensiver und mit wesentlich mehr Aufwand verbunden ist.

 

Im Haushalts- und Finanzausschuss werden wir demnach die entsprechende Ausgestaltung der Finanzierung gemeinsam mit den Kommunen diskutieren, sicherlich auch eine Anhörung dazu durchführen. Daher möchte ich an dieser Stelle schon jetzt beantragen, diesen Gesetzentwurf im Haushalts- und Finanzausschuss entsprechend zu beraten. Ich bin mir durchaus sicher, dass trotz des aktuellen medialen Austauschs starker Worte dort eine lösungsorientierte Beratung stattfinden kann. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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