Gerechte Abgabepolitik durchsetzen – Übergewinne konsequent besteuern und Effekte für Thüringen nutzen

Ronald Hande

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 7/6317

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben ja heute schon vielfach über die aktuelle Situation, insbesondere am Energiemarkt, gesprochen, das brauche ich, glaube ich, nicht noch mal auszuführen. Aber besonders die Menschen, die wegen Niedriglöhnen oder geringen Sozialleistungen ohnehin schon Probleme haben, ihre Rechnungen zu bezahlen und über den Monat zu kommen, sehen sich jetzt vermehrt und intensiver vor ganz besondere Belastungen gesetzt. Das betrifft natürlich auch nicht nur Niedrigeinkommen, sondern auch die Mittelschicht gerät zunehmend unter finanziellen Druck. Diese Entwicklung müssen wir leider auch in Thüringen beobachten, weshalb ich der SPD auch sehr dankbar für diese Aktuelle Stunde bin.

 

Besonders Mineralölkonzerne und Stromproduzenten – aber auch andere – machen momentan extrem hohe Gewinne, ohne dass diese durch ihr Zutun entstehen würden oder irgendwie gerechtfertigt wären. Viele Länder in Europa steuern dieser Entwicklung aktuell entgegen. Extraprofite werden dort durch eine temporäre Übergewinnsteuer abgeschöpft. Da komme ich noch mal auf den Ministerpräsidenten zurück, der vorhin gesagt hat: Ein Eingriff in die Preisregulierung am Energiemarkt wäre bzw. ist ein sinnvolles Instrument, doch schließt sich das natürlich beides gegensätzlich nicht aus, auch eine Übergewinnsteuer ist oder wäre durchaus ein Schritt in die richtige Richtung, denn bereits jetzt werden enorme Gewinne verbucht.

 

Mit einer solchen Steuer können und sollen auch die Energiekonzerne in die Verantwortung genommen werden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Übergewinnsteuern auch in Krisenzeiten nichts Unübliches sind – Kollegin Marx hatte das ja schon angedeutet. Aber es geht auch noch weiter zurück, denn – das darf ich erwähnen – federführend waren zum Beispiel die Länder USA und Großbritannien, denn der Bundesstaat Georgia der USA führte bereits 1863 eine entsprechende Abgabe ein. Auch während des Ersten Weltkriegs waren ebenfalls die USA und Großbritannien 1917 mit derartigen Steuern zur Abschöpfung solcher Gewinne sozusagen aktiv. Diese zusätzlichen Gewinne wurden damals mit einer Steuerrate von – hören Sie zu! – 80 Prozent belegt. Der Übergewinn wurde als Differenz der Gewinne aus den Vorkriegsjahren definiert. Auch während des Zweiten Weltkriegs gab es entsprechende Steuern in den USA.

 

Aber nicht nur zu Kriegs-, sondern auch zu Friedenszeiten gab und gibt es solche Steuern, zum Beispiel auch in der Ölkrise, ebenfalls in den USA und IN Großbritannien, und seit Mai – das wurde auch bereits gesagt – gilt in Großbritannien wieder eine Übergewinnsteuer. Öl- und Gaskonzerne müssen pauschal 25 Prozent auf ihre Gewinne zahlen.

 

Ich möchte das mit verschiedenen Ländern noch mal in eine Dimension setzen: Italien hat eine solche Übergewinnsteuer – 25 Prozent. Dort sollen 6,5 Milliarden Euro erwirtschaftet werden. Griechenland hat ein Klimagesetz mit einer Übergewinnsteuer – 90 Prozent. 400 Millionen Euro werden dort erwartet. Rumänien belegt seine Stromerzeugung mit einer Übergewinnsteuer, das bezieht sich auf die Megawattstunde. Ungarn schöpft kriegsbedingte Übergewinne von Energiekonzernen und Banken ab. Spanien will mit einer Übergewinnsteuer und einer Zusatzsteuer für Banken und Finanzinstitute insgesamt 7 Milliarden Euro einnehmen. Auch Belgien beabsichtigt, Übergewinne von Energieunternehmen mit 25 Prozent zu besteuern, und in Tschechien wird aktuell ebenfalls ein entsprechender Gesetzentwurf diskutiert. In Deutschland wehrt sich leider die Bundesregierung momentan beharrlich gegen eine solche Übergewinnsteuer. Da gebe ich zu: Natürlich gibt es auch entsprechend positive Stimmen von SPD und Grünen, das nehme ich sehr gern zur Kenntnis, blockierend ist hier die FDP.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat ergeben, dass, wenn man zum Beispiel bei Öl 38 Milliarden Übergewinn erwartet, bei Gas 25 Milliarden und im Strombereich 50 Milliarden – in der Summe also 113 Milliarden Euro – und diese mit 25 Prozent Steuern belegen würde, was nebenbei gesagt, immer noch drei Viertel dieser Übergewinne – dieser ungerechtfertigten Gewinne – bei den Unternehmen belassen würde, für Thüringen dabei 600 Millionen Euro herauskämen, entsprechend nach Königsteiner Schlüssel verteilt. Wir diskutieren hier über den Wegfall der Schuldenbremse, wir haben über Sprach-Kitas gesprochen – 9 Millionen –, wir diskutieren in den nächsten Tagen über ein Sondervermögen, vielleicht 60 oder 70 Millionen – wer weiß. Setzt man das in die Größe, in die Relation, glaube ich, ist es der richtige Ansatz, an der Einnahmenseite deutlich zu arbeiten. Daher bitte ich aus diesem Rund hier und von dieser Stelle aus, natürlich auch die in der Berliner Koalition entsprechend involvierten Parteien, insbesondere die FDP, eine entsprechende Blockadehaltung ihres Finanzministers möglichst bald aufzulösen. Und natürlich auch meine Bitte an die Landesregierung, entsprechend über den Bundesrat hier weiterhin am Ball zu bleiben und einer entsprechenden Besteuerung, die ja im Bundesrat schon angegangen wurde, leider abgelehnt wurde, entgegenzuwirken.

 

Vizepräsidentin Henfling:

 

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

 

Abgeordneter Hande, DIE LINKE:

 

Das ist schade. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf ein gutes Gelingen im Sinne einer Übergewinnsteuer.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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