Gemeinwohl- und Klimaschutzleistungen des Waldes würdigen – Wälder und Waldbesitzer nachhaltig unterstützen

Dr. Marit Wagler

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/724

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Gäste, werte Kolleginnen und Kollegen, wieder geht es um den Zustand unserer Thüringer Wälder. Die katastrophale Situation unserer Wälder nach Sturmschäden, Dürren und Schädlingsbefall macht es mal wieder notwendig. Die beschlossene Empfehlung des Ausschusses auf Basis des ursprünglichen CDU-Antrags ist das Ergebnis eines längeren Diskussionsprozesses. Für das Votum des Ausschusses bin ich dankbar, denn die Probleme des Waldes können nur mit einer gewaltigen Kraft gelöst werden und nicht im Streit. Ich bin auch dankbar, dass die Forderungen nach einer Flächenprämie Eingang in den Antrag gefunden hat. Diese soll dazu dienen, dass der Verwaltungsaufwand an sich nicht alle Kräfte bindet und schneller geholfen werden kann. Denn in einer Katastrophensituation, und das sehen wir ja auch bei der Corona-Situation, kommt es in erster Linie darauf an, schnell reagieren zu können. So kommt es auch beim Borkenkäfer sehr darauf an, so viele Infektionsherde wie möglich zu identifizieren und die Ausbreitung der Schadorganismen so gut wie möglich einzudämmen. An dieser Stelle ist es Zeit, auf die Situation der Förster/-innen, Waldarbeiter/-innen, Forstunternehmer/-innen und der Waldbesitzenden einzugehen.

 

Hier treffen eine absolute Sondersituation im Thüringer Wald und in der Gesellschaft zusammen. Lebens- und Arbeitsalltag werden durch Corona und die Waldkatastrophe gleichzeitig belastet. Länger noch als bei uns allen, die wir durch Corona gefordert sind, dauert der Überlastungszustand bei allen, die unmittelbar mit unseren Wäldern befasst sind.

 

Hier ist man schon seit dem Dürrejahr 2018 im Ausnahmezustand unterwegs. Wir sind es also diesen Menschen schuldig, Verwaltungsvorgänge so zu vereinfachen und zu gestalten, dass diese alle Kraft in die Eindämmung der Borkenkäferplage stecken können. Denn der Forstschutz findet in der Fläche durch den in Thüringen kleinteilig und sehr breit gestreuten Waldbesitz unterschiedlich statt. Für den Käfer ist es aber egal, ob er in einem unbekannten oder bekannten Waldbesitz brütet. Für Ahnenforschung zur Ermittlung der aktuellen Eigentümer/-innen bleibt immer weniger oder keine Zeit. Die Käferkalamität muss mit einfach nachvollziehbaren Regeln für unsere Forstanstalt ThüringenForst bekämpft werden können.

 

In diesem Jahr, in dieser Borkenkäfersaison überwintern so viele Borkenkäfer in Erde und in Baumrinden wie noch nie zuvor, zumindest nicht seit den Aufzeichnungen. Auch wenn der lange, kalte Winter und die niederschlagsreiche Wintersaison uns einen Aufschub gewährt haben, die Käferbäume müssen schnellstmöglich aus dem Wald, solange der Käfer noch nicht fliegt. Und das muss noch schneller gehen, wenn er denn bald fliegt, wenn es wieder wärmer wird. Wenn wir unseren Wald retten wollten, müssen ThüringenForst und die Waldbesitzenden handeln können. Und das – meine Damen und Herren, und hier kommt die Krux – auch, wenn es sich nicht rechnet.

 

Das hohe Schadholzaufkommen führte zu einem extremen Preisverfall und auch wenn sich der Rundholzpreis langsam wieder erholt, der Holzertrag einer ganzen Generation wurde durch Extremwetterlagen und die Folgen der Borkenkäferplage vernichtet. Wir hatten uns an eine ertragreiche Forstwirtschaft gewöhnt und jetzt müssen wir umdenken und die Mittel in die Hand nehmen und Maßnahmen finden, wie wir zu dieser wieder zurückfinden können. Das sind wir der nächsten Generation schuldig und das ist auch der Kern der nachhaltigen Forstwirtschaft, die wir uns ja alle ganz gern auf die Fahnen schreiben.

 

Auch unsere am stärksten gefährdete Hauptbaumart Fichte werden wir nicht überall halten können. In den Höhenlagen des Thüringer Walds können wir auch in Zukunft keinesfalls auf diesen gesunden Fichtenbestand und einen Fichtenmischwald verzichten. Der Wasserspeicher Wald wird hier dringend benötigt, um die Talsperren zu füllen, die dann unter anderem auch zur Trinkwasserversorgung von Erfurt, Jena und Gera zur Verfügung stehen.

 

Es gibt auch immer wieder Stimmen die meinen, unsere Fichtenwälder sind verzichtbar und es ist gut, dass sie jetzt wohl umso schneller durch artenreiche Laubwälder ersetzt werden. Das ist ein Trugschluss. Denn nicht jeder Baum ist wie die Fichte fähig, ohne Beschattung aufzuwachsen. Klimafeste, artenreiche Wälder sind auf Kahlflächen nur mit hohem und sehr langwierigem Aufwand anzusiedeln. Setzen wir nur auf Naturverjüngung, haben wir es auf diesen Flächen mit einem fichtendominierten Mischwald mit ein bisschen Birke und wenigen anderen Baumarten zu tun.

 

Wir müssen aber in Zukunft anders denken und Wälder entwickeln, die mit vielen Baumarten die Waldfunktion in der Zukunft sichern und dem Klimawandel widerstehen können. Diese Wälder lassen sich am besten unter dem Schützendach von Altbäumen zustande bringen und heranziehen. Deshalb ist es umso wichtiger, um den Erhalt der verbliebenen Fichtenbestände zu kämpfen und gleichzeitig mit deutlich größerer Geschwindigkeit, als wir das jetzt tun, neue Bäume in die Waldbestände einzubringen und die vorhandenen jungen Baumbestände ordentlich zu pflegen.

 

Für die Linke ist der Erhalt, der Wiederaufbau, der Umbau des Walds eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In der jetzigen Situation bedeutet das auch im Sinne von Generationengerechtigkeit, den nachwachsenden Rohstoff Holz in regionaler Produktion auch für künftige Generationen zu erhalten und aufzubauen. Es bedeutet, den Wald so umzubauen, dass er für die Folgen des Klimawandels gerüstet ist. Das bedeutet, alle die, die im und um den Wald arbeiten, zu unterstützen und das bedeutet auch eine verantwortungsvolle, den Wildbeständen angepasste Bejagung, damit der Wald der Zukunft überhaupt wachsen kann.

 

Auch wenn wir auf geplante Neuwahlen zugehen, repräsentiert dieser Beschluss doch den überwiegenden Willen des Parlaments. Jetzt gilt es zu handeln und entsprechende Arbeitsaufträge auszulösen, so schnell wie möglich. Denn es gilt: Was jetzt nicht gemacht wird, kostet zu einem späteren Zeitpunkt die doppelte Kraft und das doppelte Geld. Geld, das wir nach der Corona-Pandemie nicht mehr haben werden. Deshalb bitte ich um Zustimmung.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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