Geeignetheit gerichtlicher und außergerichtlicher Mediation in Thüringen klären

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1418 -

 

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeitnah zum Juristentag 2008 in Erfurt startete die damalige Justizministerin, Frau Walsmann, das Modellprojekt Thüringer Güterichter. Das Modellprojekt läuft seitdem. Es zeichnet sich dadurch aus, dass versucht wird, Elemente der Mediation durch Richter anwenden zu lassen, um Prozesse auf unstreitige Art und Weise zu beenden.


Die Richterin, der Richter, die diese Mediationsmethode als Thüringer Güterichter anwenden, sind nicht die Richter, die nach der Geschäftsverteilung dazu vorgesehen sind, das Urteil im jeweiligen Verfahren zu sprechen. Daher stellt sich für die Kritiker der gerichtsinternen Mediation an dieser Stelle schon die Frage nach der Einhaltung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters. Die Bundesregierung hat nun Anfang August dieses Jahres einen Referentenentwurf mit der Regelung zur Mediation für die verschiedenen Gerichtszweige, aber auch mit Regelung für Qualitätsstandards vorgelegt. Außerdem soll in der Zivilprozessordnung mit dem neuen § 278 a eine ausdrückliche Verfahrensregelung getroffen werden. Das weist darauf hin, dass die bisher auch von der Thüringer Landesregierung benannte Rechtsgrundlage offensichtlich als nicht ausreichend angesehen wird. In der gleichen Vorschrift gibt es auch eine Öffnungsklausel für die gesetzlichen Regelungen zu Länderprojekten der gerichtsinternen Mediation.

Der Referentenentwurf geht im Grundsatz davon aus, dass es keine gerichtsinterne Mediation geben bzw. dass sie nur als eine Art Sonderweg auf Landesebene erlaubt werden soll.


Unser Antrag zielt nun darauf ab, die Position der Landesregierung in dieser Problematik zu erfahren. Das Thüringer Güterichterprojekt bewegt sich also tatsächlich auf einem nicht nur rechtlichen Neuland. Umso wichtiger ist es daher, dass die von der Landesregierung angekündigte wissenschaftliche Begleitung auch realisiert wird.

Aus der Praxis in Thüringen sind jedoch kritische Stimmen zu hören, die mehr als starke Zweifel daran hegen, dass die Begleitung dieses Projekts den Namen „wissenschaftlich“ auch tatsächlich verdient. Es soll auch irgendwann einen Abschlussbericht dieses Projekts geben.


Allerdings muss man in Sachen Geeignetheit der Mediation auch im Zusammenhang mit den Gerichtsverfahren offensichtlich sehr genau hinsehen. Bei den Gerichtsverfahren geht es jetzt vor allem um die Durchsetzung von Rechtsansprüchen. Die Mediation als Streitschlichtungsmethode hat hingegen eine andere Zielausrichtung. Es ist daher zu klären, ist die Mediation in Bezug auf das Gerichtsverfahren überhaupt einsetzbar angesichts des dort geltenden Prinzips der ganz strengen Bindung an Recht und Gesetz? In Verfahren, in denen es um Rechtsansprüche und hoheitliches Handeln geht, dürfte daher kaum Platz für die mediative Vermittlung sein. Mediation darf von Gerichten und Richtern nicht zur Verfahrensbeschleunigung und Arbeitsentlastung missbraucht werden. Unter diesen Entlastungsgesichtspunkten wurde aber dieses Verfahren propagiert, auch unterstützt von bestimmten Lobbyistenorganisationen. Beispielhaft möchte ich da die Bertelsmann Stiftung benennen.

Nimmt man nun dieses Mediationsverfahren wirklich ernst und soll es tragfähige und dauerhafte Ergebnisse bringen, braucht das Zeit. Es gilt hier das Prinzip der Freiwilligkeit. Aber ist diese Freiwilligkeit für Betroffene überhaupt noch gegeben, wenn sie von einem Richter als Autorität dazu aufgefordert werden? Problematische Fragen stellen sich also in mehrerlei Hinsicht.


Die Problempunkte Sicherung der Qualität und Qualitätsstandards und die Existenz sozialer Benachteiligung durch Kostenhürden habe ich hier noch nicht angesprochen. Darauf wird dann Herr Hauboldt für unsere Fraktion eingehen.

Im Rahmen einer kritischen Prüfung taucht letztlich auch die Frage auf, ob dieses Verfahren, angeblich neue und eigenständige Variante, in der Streitschlichtung bei Gerichtsverfahren und Rechtsstreitigkeiten überhaupt gebraucht wird. Es sind jetzt schon die Güteverhandlung und der Vergleich zur Streitbeilegung möglich. Die Frage der Geeignetheit muss deshalb nach Ansicht unserer Fraktion dringend auf den Prüfstand.

Angesichts dieser zahlreichen Problembaustelle, die ich jetzt nur kurz angerissen habe, muss nach Ansicht der LINKEN dringend eine fundierte wissenschaftliche Begleitung und Auswertung des Thüringer Güterichterprojekts erfolgen. Angesichts der Regelungsinitiative von Europäischer Union und Bund müssen sich Landtag und Landesregierung deshalb kritisch mit diesen Problemen auseinandersetzen. Dies auf den Weg zu bringen, ist Anliegen unseres Antrags. Danke.


(Beifall DIE LINKE)


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