Gasförderung in Thüringen – Alle Optionen müssen auf den Tisch

Markus Gleichmann

Zum Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/6543

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier und am Livestream! Nun liegt uns der Antrag der Gruppe der FDP vor, Schiefergasförderung in Thüringen zu unterstützen. In dem Antrag steht drin, unterhalb Deutschlands befinden sich 2,3 Billionen Kubikmeter technisch erschließbares Erdgas aus Schiefergestein. Soweit stimmt der Antrag ja noch, aber wenn man jetzt mal schaut, wo denn unterhalb von Deutschland dieses Gas liegt, dann wird man relativ schnell fündig – das liegt nämlich im niedersächsischen Becken, im Oberrheingraben und im nördlichen Norddeutschland.

 

Thüringen wird dazu nicht erwähnt, also insofern geht das, was Herr Kemmerich gerade hier dargestellt hat, gar nicht auf seinen eigenen Antrag ein. Auch wenn man den Antrag weiterliest – da steht etwas von konventioneller und unkonventioneller Förderung. Da muss man sich überlegen, was das bedeutet. Ich gehe mal nur auf das Thema „Unkonventionelle Förderung“ ein, also das Fracking, das schon erwähnt wurde. Das wird in bis zu 4.000 Meter Tiefe durchgeführt, vertikal und dann unten horizontal abgelenkt, die Bohrung, sodass man quasi unter weite Flächen des Landes hineinbohrt.

 

Wenn man sich überlegt, wie aufgeregt die FDP immer ist, wenn man ein Fundament für Windkraftanlagen von 3 bis 15 Metern errichten will, ist es schon erstaunlich, dass man jetzt hier auf die Idee kommt, in Thüringen diese Anlagen zu bauen, wo man dazu noch wissen muss, dass für jedes Bohrloch bzw. für jede erfolgreiche Bohrung wahrscheinlich bis zu 30 Tonnen Chemikalien in die Erde gepumpt werden müssen. Wenn dann die giftige Frackflüssigkeit, die im Erdboden verbleibt, am Ende aufsteigt und in die Grundwasserschichten gerät, hätte dies langfristige und kaum zu beseitigende Kontaminationen zur Folge, die die Grundwasserversorgung von vielen Hunderttausend Thüringerinnen und Thüringern völlig beeinträchtigen würde. Dazu kommt noch die Gefahr für die landwirtschaftlichen Flächen in allen Gebieten, wo gefrackt wird. Insofern gibt das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe zwar in einer 2016 veröffentlichten Studie einer Grundwasserverunreinigung den Grad „unwahrscheinlich“, aber wir haben ja schon sehr viele unwahrscheinliche Dinge erlebt, die in der Vergangenheit passiert sind. Und so einfach und vor allen Dingen für so wenig Ertrag mit unserer Umwelt zu spielen, das halten wir doch für sehr gefährlich.

 

Schauen wir uns auch noch mal die Kosten an: Das durch Fracking geförderte Gas wäre um etwa 70 Prozent teurer als das konventionelle Gas, gerade, wenn wir das hier in Deutschland machen, und würde natürlich erst mal extrem hohe Investitionskosten nach sich ziehen. Und wenn man sich die Debatte der letzten Tage – ich will sie nicht noch mal aufwärmen – zum Thema „Wärmewende“ betrachtet, sieht man doch, dass man vielleicht doch eher die Alternativen unterstützen sollte und Thüringen und auch Deutschland im Innovationsgrad stärken sollte, um eben die moderne Technik zu nutzen und nicht auf eine Technik des letzten Jahrhunderts zurückgreifen.

 

Kurzum: Für Thüringen bleibt diese Idee einfach völliger Unsinn.

Und weil ich mich vor einigen Jahren doch auch schon mit der Wirtschaftsgeschichte des Landes Thüringen insbesondere zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs beschäftigt habe, möchte ich nicht missen, darauf einzugehen, dass das nicht die erste Idee ist, in Thüringen Schiefergas und Schieferöl zu fördern. Tatsächlich hatte der Generalbevollmächtigte für Chemie im Jahr 1944 auch schon mal die Idee, aufgrund der Kriegswirtschaft in Thüringen und darüber hinaus Öl und Gas zu fördern. Auch damals – das lässt sich ganz gut in den Archivunterlagen nachlesen – ist man zu dem Entschluss gekommen, dass das selbst in der damaligen Kriegs- und Notwendigkeitssituation keine Option und einfach nicht sinnvoll gewesen wäre. Insofern zeigt sich auch aus der Geschichte, dass dieser Vorschlag zwar schon mal behandelt wurde, aber eben auch in die Geschichte gehört. Wir sprechen uns klar und deutlich gegen den Antrag aus. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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