Für eine zuverlässige, bezahlbare, unabhängige und umweltfreundliche Energieversorgung: Ja zur Kernenergie, Ja zur Hochtechnologie, Ja zur Zukunft

Markus Gleichmann

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/6306

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream, auch heute, muss ich sagen, erschreckt mich der Antrag der AfD nicht – das sind wir ja gewöhnt –, sondern der Alternativantrag, der kurzfristig noch von der CDU dazugegeben wurde, wo – und das ist ja von Beginn an schon klar – eine Mehrheit gemeinsam mit der AfD hier im Landtag zu diesem Thema gesucht und gefunden wird, ohne da überhaupt noch Skrupel zu haben. Das zeigt eben auch die Strategie der Voigt-CDU aktuell hier im Landtag. Was das Ergebnis dieser Strategie ist, sehen wir an den aktuellen Umfragen, und das sollte Ihnen vielleicht dann doch in der CDU zu denken geben.

 

(Zwischenruf Abg. Jankowski, AfD: Wer im Glashaus sitzt!)

 

An sich sind wir ja für dieses Thema, das wir auch gestern schon beackert haben in der Aktuellen Stunde – da mag das ja noch sein –, eigentlich gar nicht zuständig als Land Thüringen. Ich habe ja in einem Ausschuss vor Kurzem gelernt, dass Zuständigkeit hier auch eine ganz wichtige Rolle spielen kann, denn das Gesetz, ob wir Atomkraft nutzen oder nicht, ist ein Bundesgesetz.

 

Da muss man auch immer in die Wiederholung gehen, wie Sie das ja auch immer machen, da muss man daran erinnern, dass das Gesetz ein Gesetzentwurf der CDU- und FDP-Fraktion aus dem Jahre 2011 war, was damals im Deutschen Bundestag beschlossen wurde, Herr Kemmerich. Also insofern frage ich mich auch, wo Sie jetzt immer diese Überzeugung hernehmen, dass man jetzt nach so vielen Jahren, wo sich auch auf den Ausstieg vorbereitet wurde, den jetzt auf einmal, wo er jetzt vollzogen ist, wieder rückgängig machen kann. Das geht nicht, das sagen auch alle Betreiber dieser Atomkraftwerke, zum Beispiel EnBW sagt: „Für eine weitere Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ist es zu spät. Dafür bräuchten wir neue Brennelemente, die haben eine Lieferzeit von vielen Monaten.“ – wir wissen mittlerweile, etwa 18 Monate. Wir bräuchten auch ausreichend Fachpersonal für diese Technologie, aber das werden wir für eine nochmalige Verlängerung nicht mehr haben. Es gibt diese Industrie in Deutschland einfach nicht mehr, wir haben sie über zehn Jahre zurückgebaut. Und das war damals der Beschluss der FDP und der CDU. Insofern ist der Ausstieg jetzt ja quasi nur der Vollzug des damaligen Beschlusses.

 

Es gibt eben auch kein Zurück mehr, das sagt auch der E.ON-Chef, der sagte: „Atomkraft hat in Deutschland keine Zukunft. Punkt.“ Und das auch aus gutem Grund, denn wenn man jetzt schaut, woher könnte man denn Brennelemente beziehen, dann kommt man eigentlich nur auf Russland, nämlich auf Rosatom, da könnte man jetzt relativ schnell Brennstäbe erwerben. Ob das aber aktuell sinnvoll ist, das bezweifelt wahrscheinlich jeder oder fast jeder hier im Raum. Also insofern werden wir auch da keine Renaissance der Atomkraft erleben.

 

Und zur Umweltfreundlichkeit von Atomkraft muss man einmal sagen: Wenn man alles mit einbezieht – also vom Abbau der entsprechenden Uranerze bis hin zur Abwicklung der Atomkraftanlagen –, würde die CO2-Bilanz sicherlich auch verheerend aussehen. Ganz interessant ist so eine Zahl: Der Streckbetrieb der Kernkraftwerke in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat die CO2-Emission um etwa 1,5 Millionen Tonnen gesenkt. Das stimmt, das kann man also feststellen. Wenn wir aber gleichzeitig die letzten drei Monate ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen von 120 Kilometern pro Stunde eingeführt hätten, dann hätte sich der CO2-Ausstoß um 6,7 Millionen Tonnen gesenkt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Insofern ist die Frage, womit wir hier argumentieren, und diese Import-/Exportdebatte, die Sie hier aufmachen, ist ja eigentlich auch eine Scheindebatte. Natürlich kann man sich jetzt immer schön ein paar Tage heraussuchen und Zeiträume heraussuchen, wo das eine und das andere Mal mehr Import und mehr Export war. Es ist klar, dass das europäische Stromnetz ein Verbundnetz ist und dass auch im Rahmen der Energiewende, die ja europäisch, also weltweit stattfindet, dass man da auch Ausgleich zwischen den Regionen führen muss, wo gerade viel Wind weht, wo gerade viel Sonne scheint, wo wir mehr Wasserkraft haben, wo wir mehr Biothermie haben, und das gleicht sich am Ende natürlich aus. Aber es ist unmissverständlich – und das hat Paris deutlich gemacht –, dass wir den Klimawandel beschränken wollen, und das geht eben nur durch einen massiven Umbau des Stromnetzes, da kommt niemand drum herum.

 

Auch weltweit, ich habe es ja gerade schon gesagt – Sie sagen immer, es setzen alle auf Atomkraft, und Atomkraft hat sich erweitert. Stimmt einfach gar nicht. Im Jahr 1996 stellte Atomkraft tatsächlich 17,5 Prozent der weltweiten Stromversorgung. Das sank seitdem kontinuierlich. 2021 lag der Anteil an Atomstrom weltweit noch bei 9,8 Prozent. Da muss man einfach sagen, die erneuerbare Energie hat genau den entgegenzeigenden Graphen gezeichnet. Da sind wir mittlerweile weltweit bei 29 Prozent. Also, die Welt setzt auf Atomkraft –das funktioniert nicht. Und selbst wenn wir uns Europa anschauen – ich weiß nicht, Herr Kemmerich hatte es gesagt oder Herr Henkel, ich weiß es nicht ganz genau, dass alle anderen Länder in Europa auf Atomkraft setzen. Das stimmt so nicht. In der EU ist ein Meiler in Frankreich im Bau, zwei in der Slowakei, zwei in Großbritannien. Frankreich plant weitere 14 Atomkraftwerke, auch in Polen sind weitere Atomkraftwerke geplant, die aber wahrscheinlich erst in den Jahren 2035 bis 2040 netzdienlich werden, also auch in der aktuellen Problemlage keinerlei Rolle spielen. Ich will auch noch mal sagen, so ein Atomkraftwerk ist ja jetzt kein – es hat mal jemand bezeichnet, keine Märklin-Eisenbahn, die man jetzt da mal so schnell hin baut, sondern das Projekt des europäischen Druckwasserreaktors in Frankreich sollte 3 Milliarden Euro kosten. Aktuell sind wir bei 20 Millionen Kosten. Das wird sicherlich noch teurer werden. Also, auch das ist nicht einfach, nicht günstig und auch nicht schnell herstellbar. Der weltweite Trend ist eindeutig. 2022 sind 472 Milliarden Dollar in die erneuerbaren Energien investiert worden, dazu kamen dann noch mal 337 Milliarden Dollar in Speicher und Netze, die natürlich notwendig sind, um die schwankende Erzeugung auszugleichen. In die Kernenergie flossen hingegen am Ende nur noch 49 Milliarden Dollar weltweit. Also, insofern sind das, was Sie hier aufzeichnen, alles Mythen. Und ich muss sagen, auch die sonstigen Argumente, die hier gekommen sind wie zum Beispiel, dass BASF nicht von heute auf morgen klimaneutral werden kann, das ist zwar klar, aber die haben sich das als Ziel gesetzt, weil sie ansonsten ihre Produkte gar nicht mehr verkaufen können. Und die Industrie will treibhausgasneutrale Energie haben, das ist Standortnotwendigkeit. Wenn wir das nicht bieten, dann werden wir weiter zurückfallen.

 

Das ist auch das, was die AfD ja wahrscheinlich schon aus ihrer DNA zieht. Sie will eben keine Änderung haben. Damit verbleibt sie in der Vergangenheit, und diese Vergangenheit führt uns eben nicht dazu, dass wir industriell, dass wir wirtschaftlich, dass wir sozial gerecht bleiben können und die Lasten auch verteilen können, sondern ihre Art und Weise wie Sie – das haben Sie ja versucht darstellen – die Energieversorgung sicherstellen wollen, führt nur dazu, dass die großen Unternehmen weiter die Netze beherrschen, dass es eben keine Dezentralität gibt, dass es keine Regionalität gibt, und am Ende wenige Unternehmen die Preise diktieren können und dass der Markt das quasi nicht für die Verbraucher regelt, sondern meist nur für wenige. Das haben wir nun in den letzten Jahren auch festgestellt. In die gleiche Kerbe schlägt jetzt die CDU, aus populistischen Gründen. Ich habe ja am Beginn meiner Rede schon klar gemacht, das hilft Ihnen, verehrte CDU, überhaupt nicht, wie wir an den Umfragen sehen, sondern es hilft nur den Populisten der rechten Seite, und vielleicht überdenken Sie dies auch. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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