Für ein korrektes Abbild des Volkswillens – Wahlverfälschung unterbinden! 1/2

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/4052

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen, schon allein die Überschrift des Antrags „Für ein korrektes Abbild des Volkswillens – Wahlverfälschung unterbinden!“ enthält eine unterschwellige, aber dennoch deutliche und sehr unsachliche Unterstellung.


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Gefällt Ihnen nicht, stimmt’s?)


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da kann man sich schon fragen: Wo bleibt hier das Sachlichkeitsgebot, das für die Formulierungen von Anträgen, Anfragen und anderen parlamentarischen Initiativen gilt? Wir sehen das hier nicht. Wie schon die Überschrift, beschwört der Antrag als Ganzes in echter populistischer AfD-Manier den Popanz vermeintlich am Horizont drohender Wahlmanipulationen.


(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sagen Sie mal was Neues!)


(Zwischenruf Abg. Blechschmit, DIE LINKE: Sie machen doch immer dasselbe, da können wir nichts Neues sagen!)


(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Von Ihnen kommt doch nichts Neues!)


Damit werden Wahlvorstände sowie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in Thüringen unter einen ungeheuerlichen und völlig unberechtigten Generalverdacht gestellt.


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Dass das gerade jemand von den Linken sagt!)


Das ist eine zynische Missachtung von bürgerschaftlichem, demokratischem Engagement. Ohne dieses könnten Wahlen in Thüringen und auch anderswo gar nicht so reibungslos und gut ablaufen. Dafür auch heute noch mal ein großes Dankeschön an alle knapp 30.000 Wahlhelferinnen, die bei der vergangenen Bundestagswahl aktiv waren.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie alle in der „Thüringer Landeszeitung“ vom 23.06.2017 lesen konnten, ist ja die eigentliche Intention, dass die AfD nicht glauben konnte, dass es möglich ist, in einigen Wahllokalen null Prozent oder keine Stimme zu erhalten. Das steckt dahinter. Da will ich mal zitieren – mit Ihrer Erlaubnis, sehr geehrte Frau Präsidentin: Dort habe die AfD in einigen Wahllokalen null Prozent erhalten, was aus statistischer Sicht sehr unwahrscheinlich sei. Das sagt Stefan Brandner, AfD-Fraktionsvize in Thüringen. Da will ich Sie einmal enttäuschen; es gab auch bei der Bundestagswahl wieder Gemeinden, wo Sie null Stimmen erhalten haben. Eine kleine Gemeinde Gerstengrund im Wartburgkreis, fast 100 Prozent CDU und null Stimmen AfD. Da Wahlverfälschung zu unterstellen, ist schon ein großer Popanz.


Doch nun zur Auseinandersetzung mit den Inhalten des Antrags, soweit man von seriösen Inhalten sprechen kann. Frau Marx hat ja schon einiges erwähnt, aber ich glaube, wenn man etwas zweimal hört, verfestigt sich das hoffentlich auch bei Ihnen. Sie fordern, dass die Orte der Auszählung für Briefwahlen öffentlich bekannt gegeben werden. Ich könnte es kurz machen und wie in der Schule sagen: „Setzen, 6, Thema verfehlt“, denn Ort und Zeit der Stimmenauszählung, auch der Briefwahlstimmen werden bekannt gemacht. Alle Bürgerinnen und Bürger, egal ob konkret wahlberechtigt oder nicht, können an der Stimmenauszählung als Beobachterinnen und Beobachter teilnehmen.


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wann denn, wo denn?)


Denn diese Stimmenauszählungen müssen zwingend öffentlich stattfinden. Wenn die AfD also Misstrauen hätte, gibt es keinen Hinderungsgrund. Gehen sie einfach hin und gucken zu.


Zweitens, Sie fordern den Verschluss der Wahlurnen bis zum Ende der Stimmabgabe und gläserne Wahlurnen. Auch hier sagen wir, Thema verfehlt, denn die Wahlurnen sind gegen unbefugte Öffnung gesichert und die Frage der gläsernen Wahlurne ist unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Wahlgeheimnisses problematisch – das hat auch schon Frau Kollegin Marx erklärt. Denn es ist immerhin der Fall vorstellbar, dass sich der Stimmzettel beim Landen in der Urne wieder entfaltet und so ungewollt eine Zuordnung der Stimmabgabe zur Person stattfindet, wenn diese noch an der Urne steht. Die Einführung gläserner Wahlurnen würde daher zwingend die Wiedereinführung von Briefumschlägen zum Eintüten der Stimmzettel erforderlich machen. Das ist nicht nur aus ökologischen Gründen wenig sinnvoll, sondern auch mit Blick darauf, dass sich das Auszählungsverfahren kompliziert und verlängert, da dann noch eine gesonderte Auszählungsrunde der noch nicht geleerten Briefumschläge eingelegt werden muss. Hinzu kommt, dass die logistische Auszählungsarbeit immer im Team als Wahlvorstand erledigt wird. Es gilt das Mehraugenprinzip als zusätzlicher wirksamer Schutz gegen Manipulationen. Zum Mehraugenprinzip gehört in diesem Fall auch, dass alle Beteiligten auf die korrekte Erfüllung der Aufgabe vereidigt sind, dass alle Verfahrensschritte in einem Protokoll festgehalten werden müssen, das von allen Mitgliedern des Wahlvorstands in jedem Wahllokal, auch von den Briefwahlvorständen, unterzeichnet werden muss, dass alle archivierten Wahlunterlagen, Stimmzettel, Protokolle von einem Wahlausschuss nachgeprüft werden und erst dann das eigentliche Endergebnis feststeht.

Angesichts dieser Tatsachen wird klar: Der Antrag ist populistische und negative Stimmungsmache Marke AfD.


(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daher ist es auch nicht überraschend, dass wir diesen AfD-Antrag ablehnen. Und auch dieser Ausschussüberweisung werden wir keinesfalls zustimmen. Ich danke Ihnen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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