Für ein einfaches, transparentes und gerechtes Steuersystem

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1400 -


Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Überschriften der beiden Anträge lauten: „Für ein einfaches, transparentes und gerechtes Steuersystem“. Ich glaube sagen zu dürfen, dass aus den beiden Reden schon Unterschiede deutlich wurden, was im Wesentlichen darunter zu verstehen ist. Aufgefallen ist mir, dass es mit Blick auf die Menschen, die das verfolgen können, wenig Zweifel geben dürfte, dass man alle Bestrebungen, irgendwie einfacher, irgendwie transparenter zu werden, auch unterstützten müsste, schon da kann man schauen. Aber wenn man in dem Zusammenhang von Steuergerechtigkeit oder von einem gerechten Steuersystem redet, wird es dann doch sehr politisch und geht über dieses - wir wollen es irgendwie alles ein bisschen schöner machen und ein bisschen kürzer machen - dann natürlich weit hinaus. Meine Damen und Herren, da muss ich Ihnen sagen, werte Kollegen der FDP, Ihr Antrag geht völlig an der Realität im Land vorbei.


(Beifall DIE LINKE)


Und nicht nur an der Realität, sondern auch an den Notwendigkeiten.


(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Er beantragt ja, gerade diese Realität zu ändern.)


Wir stellen uns über den Zielerreichungszustand wahrscheinlich sehr Gegensätzliches vor.


(Unruhe FDP)


Ich will versuchen, das etwas zu erläutern, um dann auch den Konfliktpunkt deutlich werden zu lassen. Wir meinen, dass das Thema Steuergerechtigkeit in den Mittelpunkt gehört und dabei auch angesichts der Zahlen, die man nachlesen kann, ist ein Punkt wirklich zentral, und das ist die Frage einer gerechten Vermögensbesteuerung im Land. Mit anderen Worten, es bringt überhaupt nichts, in diesem System unter den Stichworten Einfachheit und Transparenz zu reden, wenn die elementaren Dinge, die darüber entscheiden, wie dieser Staat, wie seine staatlichen Ebenen finanziert werden, von Ihnen entweder systematisch ausgeblendet werden oder systematisch die Einnahmebasis des Staates weiter geschwächt wird.


(Beifall DIE LINKE)


Für die Bürgerinnen und Bürger ist am Ende nicht entscheidend, dass es einfach ist, sondern dass der Staat so viele Einnahmen hat, damit die Aufgaben der Daseinsvorsorge auch über Generationen hinweg sozial gerecht finanziert werden können. Das ist doch die zentrale Frage.


(Beifall SPD)


Sie argumentieren mit Ihrer Einfachheit und Transparenz so, als wenn es keine Finanzkrise epochalen Ausmaßes gegeben hätte; Sie bleiben völlig in Ihrer Marktlogik verhaftet und schwächen die Einnahmebasis des Staates weiter. Dabei gibt es zwei Indikatoren, auch am jetzigen Punkt der Krise - für viele schon nach der Krise, aber wir konnten vor ein paar Tagen lesen, dass die Zahl der Millionäre in Deutschland noch nie so hoch war wie heute. Frage: Hat es für Sie, für Ihren Antrag hier in irgendeiner Form Konsequenzen? Vermutlich wollen Sie die Steuern weiter senken, insbesondere für diese. Sie vergessen dabei, dass das bedeutet, dass unwahrscheinlich viel Geld in der Welt ist, das nach Anlage-, nach Renditemöglichkeiten sucht. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass das eben nicht das ist, was wir uns alle wünschen, nämlich Investitionen in der Realwirtschaft, sondern dieses Geld wird in hohem Maße spekulativ eingesetzt. Ein Teil des Geldes wird illegal versucht am Fiskus vorbei in das Ausland zu transferieren. Letztlich verschärft sich das Problem der vorhandenen Ungerechtigkeit sogar noch, weil sie ja diese Vermögen, diese Einkommen, die sie erzielen, in der Regel auch aus Arbeit von anderen Menschen erzielen oder aus Immobilien, wo andere Menschen Miete zahlen.

Dann zeitgleich eine Diskussion zu beginnen, man möchte die Schwarzarbeit eindämmen, aber die eigene Klientel immer so bedienen, dass sie am besten gar keine Steuern mehr zahlen müssen, alle Rechte hat und sich noch dagegen ausspricht, dass die Steuer-CDs angekauft werden. Ich meine, da bekommt man natürlich ein Bild, was FDP-Politik wirklich ist und was sie darstellt.


(Beifall DIE LINKE)


Das ist das, was hinter Ihrem Antrag steht, diese Philosophie.


(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Wir sind in einem Rechtsstaat.)


Über Rechtsstaat können wir uns noch sehr gut unterhalten, das ist noch eine Extradebatte. Meine Damen und Herren, wer über Steuersenkung in diesen Tagen schwadroniert, gleichzeitig eine strikte Einhaltung der Schuldenbremse fordert, der fordert nichts anderes als drastische Sozialkürzungen. Ich finde, das soll die FDP auch mal so sagen.


(Beifall SPD)


(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Sie haben es nicht verstanden.)


Dann erklären Sie es, dann sagen Sie einfach, wie Sie es meinen. Ich behaupte, Sie fordern in der Konsequenz die drastische Zuspitzung mit der sozialen Frage. Die ist nicht bloß ethisch verwerflich, sondern sie ist auch wirtschaftlich völlig kontraproduktiv mit dem Blick auf die schwache Binnennachfrage. Aber so erklärt sich auch Ihre Position bei Mindestlöhnen und so weiter und so fort. Da Sie sich dann noch mit dem Etikett der Steuersenkungspartei versehen - auch das ist falsch genauso als wenn es Frau Lehmann tun würde. Die beiden Parteien, die in der Geschichte der Bundesrepublik am meisten die Mehrwertsteuer erhöht haben, das waren CDU und FDP, und meist entgegen den Ankündigungen, die Sie vor der Wahl getan haben.


(Beifall DIE LINKE)


Mit Blick auf die rot-grüne Regierungszeit natürlich muss man sagen, dass die öffentlichen Haushalte ganz anders finanziert werden könnten. Die Steuerreform von 2000/2001 hat nun mal dazu geführt, dass uns jährlich ca. 60 Mrd. € an Einnahmen verloren gehen, aber es scheint nicht so, dass die politische Klasse aus dieser Situation gelernt hat. Anders kann ich es nicht verstehen, dass man versucht, an der Gewerbesteuer rumzudoktern. Wir konnten es gestern in der Presse lesen, dass zum Beispiel der Verband der Familienunternehmer, in Thüringen ist der Vorsitzende ein FDP-Stadtrat in Gera, die komplette Abschaffung der Gewerbesteuer fordert und die Kompensation durch höhere Hebesatzrechte beispielsweise bei der Einkommensteuer. Das können wir an anderer Stelle noch mal erläutern, was das in der Konsequenz, insbesondere für finanzschwache Kommunen bedeuten würde. Aber allein der Fakt, dass Sie noch durch die Lande laufen mit Ihrem Klientel und suggerieren, es könnte Steuersenkungen en masse geben, ist schlicht weg unseriös, offenbart aber die Zielrichtung Ihrer Politik.

Ich finde es in dem Zusammenhang schade, Frau Lehmann und werte Kollegen der SPD, dass Sie in dem Versuch, diese Steuersenkungsdebatte zu ersetzen durch eine Debatte um Kostenneutralität, in dieser Logik letztlich aber verhaftet bleiben und sich nicht dem Thema Steuergerechtigkeit, also dem dritten Teil auch Ihres Antrags, zuwenden, der da heißt, wir brauchen eine bessere, eine vernünftige Vermögensbesteuerung in Deutschland. Wir behaupten, dass nicht nur so Steuergerechtigkeit herzustellen ist, sondern dass über die Stärkung der Binnennachfrage am Ende auch die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand wieder gesichert werden kann. Danke schön. Deswegen können wir natürlich beiden Anträgen nicht zustimmen.


(Beifall DIE LINKE)

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