Für ein einfaches, transparentes und gerechtes Steuersystem

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1400 -


Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Barth, Sie müssen sich erst noch ein wenig profilieren, bevor wir Sie auch noch einladen. Ich will nicht die Parteitagsregie durcheinanderbringen.


(Heiterkeit SPD)


Ich habe in der Partei DIE LINKE keine Funktion, das muss der Landesvorstand entscheiden. Aber, ich bin überzeugt, Sie haben bisher keinen Beitrag dazu geleistet, der für uns zu einem Erkenntnisgewinn führt. Von daher gehe ich mal eher davon aus, das wird nichts. Aber dass Sie neidisch sind auf Herrn Voigt, das kann ich auch verstehen. Aber deswegen bin ich nicht hier vorn.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade das, was Herr Voigt gesagt hat, hat mich noch einmal motiviert, hier vorzugehen, weil er eigentlich nahtlos das fortsetzt, was andere Finanzpolitiker der CDU bis hin zu Finanzministerinnen auch praktizierten, dass Sie bei der Diskussion zur Vermögenssteuer und die Auswirkungen auf den Haushalt in Thüringen immer die Wirkung des Länderfinanzausgleichs ausblenden. Wenn Sie diesen Wirkungsmechanismus berücksichtigen, dann hat die Vermögenssteuer durchaus auch für den Thüringer Haushalt Bedeutung. Da bitte ich Sie einfach nur, in Ihrer herausgehobenen Funktion in der Regierungspartei zumindest das nicht vollkommen auszublenden.

Ich will noch einmal ein paar Zahlen präsentieren, um einfach deutlich zu machen, welche Verwer- fungen wir im Steuerrecht gegenwärtig haben, und zwar am Haushalt des Freistaats. Rund 5 Mrd. € Steuereinnahmen haben wir. Davon resultieren 3,4 Mrd. € aus dem Verbrauch Mehrwertsteuer. Das bezahlen die Verbraucher. Etwa 800 Mio. € ist Einkommenssteuer, davon die Mehrzahl von den lohnabhängig Beschäftigten, nicht veranlagte Einkommenssteuer. Körperschaftssteuer ist die Einkommenssteuer der Kapitalgesellschaften. Die teilen wir uns mit dem Bund, 13 Mio. €. Das heißt insgesamt ein Aufkommen von 26 Mio. € Körperschaftssteuer. Noch einmal im Vergleich 800 Mio. € veranlagte Einkommenssteuer plus von den lohnabhängig Beschäftigten die Lohnsteuer, 3,4 Mrd. € die Umsatzsteuer. Da muss doch deutlich werden, dass irgendetwas mit dem Steuerrecht nicht stimmt. Jetzt kommt Ihre Frage, dass die Kapitalgesellschaften so arm sind.


Vizepräsidentin Dr. Klaubert:


Herr Abgeordneter Kuschel.


Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE:


Nein, das Steuerrecht lässt es zu, dass sich die Kapitalgesellschaften steuerlich arm rechnen können. Das kann der lohnabhängig Beschäftigte eben nicht.


Vizepräsidentin Dr. Klaubert:


Herr Abgeordneter Kuschel, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Recknagel?


Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE:


Sehr gern.


Vizepräsidentin Dr. Klaubert:


Bitte schön.


Abgeordneter Recknagel, FDP:


Herr Kuschel, danke schön. Auch wenn Sie versucht haben, es vorwegzunehmen, sind Sie tat- sächlich der Meinung, dass die Kapitalgesellschaften in Thüringen zu geringe Gewinne haben, dass sie zu geringe Gewinne zu versteuern haben?


Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE:


Ich kann das nicht nachvollziehen, es ist widersprüchlich. Es kann nicht sein, dass die Einzelunternehmer über die veranlagte Einkommensteuer mehr Steuern bezahlen als die Kapitalgesellschaften, weil ich bisher keine Kenntnisse habe, dass die Einzelunternehmer sich in einer anderen wirtschaftlichen Situation befinden als die Kapitalgesellschaften, sondern es resultiert aus dem Steuerrecht, dass sich Kapitalgesellschaften steuerlich arm rechnen können, was der Einzelunternehmer nicht kann und der lohnabhängig Beschäftigte erst recht nicht. Das ist das Problem. Hinsichtlich der Besteuerung von Vermögen nur mal ein paar Zahlen, um einfach noch mal deutlich zu machen, dass es dort überhaupt nicht darum geht, über die Steuern jemanden kalt zu enteignen oder dergleichen. Wir haben in der Bundesrepublik ein Grundvermögen von 110 Billionen €. Die Steuer, die daraus resultiert, die Grundsteuer, macht bundesweit 10 Mrd. € aus. Also mein Taschenrechner rechnet das nicht aus, weil er nicht so viele Stellen hinter dem Komma hat, wie wenig Grundvermögen prozentual besteuert wird in der Bundesrepublik. Die Eigentümer des Grundvermögens erwarten von dem Staat Leistungen, dass wir zum Beispiel den Grundsatz aus dem Grundgesetz, nämlich Schutz des Eigentums allumfassend gewährleisten durch die Rechtsordnung und dergleichen, aber sie leisten bloß einen fast nicht messbaren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens. Wir haben 4,7 Billionen € Fiskalvermögen. 4,3 Billionen € dieses Fiskalvermögens konzentrieren sich auf 8 Mio. Einwohner, 27 Prozent der Bevölkerung haben gar kein Fiskalvermögen. Das sind die Verwerfungen und da bitte ich einfach darum, dass man über diese Fragen, wie Herr Voigt gesagt hat, ideologiefrei diskutiert, aber Steuerrecht ist nun mal nicht ideologiefrei, sondern Steuerrecht ist tatsächlich richtige Politik und da werden eben unterschiedliche Auffassungen deutlich. Sie haben eine Definition von sozialer Gerechtigkeit versucht im Steuerrecht. Ich will Ihnen mein Angebot unterbreiten: Ich verstehe unter sozialer Gerechtigkeit gleiche Chancen und gleiche Risiken - ganz verkürzt formuliert. Danke.


(Beifall DIE LINKE)

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