Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Einführung von Verfassungsreferenden)

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2559


Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kollegen! Wie schon in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf der AfD möchte ich für die Linke-Fraktion betonen: Wir halten das Modell der fakultativen Referenden für das bessere Modell, denn dort werden die Bürgerinnen und Bürger selbst aus der Gesellschaft heraus aktiv und melden an, zu welchen Verfassungsänderungen aber auch Änderungen zu sogenannten einfachen Gesetzen sie wirklich abstimmen wollen. Damit geben sie dem Parlament auch das Signal, welche Themen sie für so wichtig halten, dass sie sich diese Themen sozusagen zur eigenen Entscheidung zurückholen wollen. Die einem fakultativen Referendum vorangehende Unterschriftensammlung hat dann auch für die eigentliche Abstimmung eine wichtige mobilisierende Wirkung. Die Sammlungsphase aktiviert die wichtige inhaltliche Diskussion zum eigentlichen Abstimmungsthema. Diese inhaltliche Diskussion soll ja möglichst breit und intensiv ausfallen, damit der Entscheidungsvorschlag vor der Abstimmung auf all seine Stärken und Schwächen geprüft ist. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass in der Abstimmung dann auch die sinnvollste Lösung gewinnen kann.


Auf den in der ersten Lösung heftig geführten Wettstreit der beiden Fraktionen CDU und AfD, wer nun der angeblich wahre Erfinder des Referendums ist, möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen. Man wird als Beobachterin oder Beobachter den Eindruck nicht los, dass es sich hier um eine gehobene Form des Spiels „Du hast mir mein Förmchen geklaut“ im politischen Sandkasten handelt.


(Beifall DIE LINKE)


Tatsache ist, dass die Schweiz das Modell des Verfassungsreferendums schon mehr als 120 Jahre praktiziert und dass sich vergleichbare Modelle mittlerweile auch schon in deutschen Landesverfassungen finden, zum Beispiel in Artikel 70 der Verfassung der Hansestadt Bremen. Bevor es die CDU oder die AfD aufgegriffen haben bzw. angesichts ihres jugendlichen Parteialters überhaupt aufgreifen konnten, gab es schon Protagonisten wie den Verein Mehr Demokratie, der schon lange für solche Instrumente streitet und wirbt.


Den Skeptikern von Referenden sei abschließend noch gesagt: Wir als Linke lehnen es ab, uns von Instrumenten der direkten Demokratie zu verabschieden, weil sich auch rechte Populisten dieser Instrumente bedienen können. Gegen rechtsorientierte Zeitgenossen ist die Beschränkung oder gar Demontage der Demokratie der falsche Weg, denn weniger Demokratie heißt mehr bevormundender Staat von oben – ein Konzept, das rechte Populisten und andere rechte Typen mit Begeisterung vertreten. Offensichtlich gehen rechte Populisten derzeit davon aus, dass sie in den gesellschaftlichen Diskussionen Oberwasser bekommen können, sonst würden sie keine direktdemokratischen Instrumente unterstützen. Denn diese sind eigentlich von ihrer Grundausrichtung her gesellschaftlich emanzipatorisch. Es geht daher vielmehr darum, die Demokratie auszubauen und mit praktisch relevanten, kritischen, humanen und emanzipatorischen Inhalten zu füllen.


Es geht darum, die gesellschaftlichen Debatten im Rahmen der direkten Demokratie aktiv zu nutzen, um in einer breiten öffentlichen Diskussion rechte und braune Inhalte zu entlarven, zu entlarven als das, was sie sind – gesellschaftlich höchst schädliche Scheinlösungen –, weil sie die Gesellschaft spalten, weil sie Menschen ausgrenzen und gegeneinander aufhetzen, weil sie versuchen, mit dumpfen, irrationalen Ängsten und Vorurteilen Menschen zu ködern.


Wir als Linke sind immer noch davon überzeugt, dass Menschen jederzeit zu kritischem, emanzipatorischem und solidarischem Handeln fähig sind und dass sie die Einsicht und Fähigkeit besitzen, zwischen den schädlichen Rechten, Dumpfbacken-Scheinlösungen und gesellschaftlich wirklich sinnvollen Lösungen und Projekten klug zu wählen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Dazu sagen Sie nichts, Frau Präsidentin?!)

Wir dürfen den rechten Populisten und anderen, die im Trüben fischen wollen, nicht die direkte Demokratie überlassen. Ich danke Ihnen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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