Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1755 -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ministerin Taubert, die praktischen Bedürfnisse des Landes, die Sie eben dargestellt haben, sind einfach die Bedürfnisse zu sparen. Das führt - hier vorliegend - zu immer abenteuerlicheren Begründungen, wie ich finde. Das Land will mit diesem Gesetzwurf aus der Drittelfinanzierung der Tierkörperbeseitigung aussteigen und begründet das damit, dass Sie Anreize schaffen wollen, dass Tierhalter mehr auf Tiergesundheit achten und Prophylaxe betreiben. Man hat fast den Eindruck, wenn man diese Begründung liest, als würden Landwirte Tiere halten, um sie dann sterben zu lassen. Der Verlust von Nutztieren ist für einen Landwirt hauptsächlich ein wirtschaftlicher Verlust und er trifft ihn in der Regel hat. Ich kenne keinen Landwirt, der nicht alles Mögliche unternimmt, um gesunde Tierbestände zu haben, denn nur gesunde Tierbestände sind auch leistungsfähig.


Wir haben in Thüringen das Problem, dass wir seit 1990 einen drastischen Rückgang der Tierbestände zu verzeichnen haben. Das führt dazu, dass die Arbeitsplatzdichte im ländlichen Raum deutlich zurückgegangen ist im Gegensatz auch zu anderen Regionen. Das führt auch dazu, dass wir weniger Wertschöpfung haben in Gebieten, wo wir sie dringend bräuchten. Wir haben im Bund in einigen Bereichen Viehdichten von mehr als zwei Großvieheinheiten pro Hektar. Zwei Großvieheinheiten pro Hektar sind etwa das Maß, was eine landwirtschaftliche Nutzfläche ökologisch vertreten kann. Ich sage mal, ich wünsche mir in Thüringen eigentlich höhere Viehdichten. Das wäre dringend erforderlich auch, um vernünftig landwirtschaftlich wirtschaften zu können, da wäre mehr Wirtschaftsdünger da, wir hätten mehr Arbeitsplätze in dem Bereich, wir hätten die Möglichkeit, mehr Einnahmen zu schaffen. Unsere Landwirtschaftsbetriebe können das zurzeit leider nicht leisten. Sie wissen, dass wir im Bereich der Landwirtschaft erstens in den letzten Jahren immer wieder sehr, sehr schwierige betriebswirtschaftliche Situationen hatten - ich will nur an die verheerende Ernte in diesem Jahr denken - und wir haben immer wieder eine ganze Reihe von Problemen. Das führt dazu, dass das Einkommen in der Landwirtschaft ein Drittel unter dem Durchschnittseinkommen liegt und das, obwohl die Qualifikationen heute nun wirklich nicht mehr so sind, dass der dümmste Bauer die größten Kartoffeln hat, sondern wir haben hier Fachleute, die auch mit sehr komplizierter Technik umgehen müssen, die deutlich härter arbeiten als in vielen anderen Berufszweigen. Diesen Menschen entziehen wir auf diese Art und Weise wiederum ein Stück ihres Einkommens; um nichts anderes geht es hier. Die Schraube in der Tierhaltung wird wieder ein Stückchen höher gedreht und wir werden zur Folge haben, dass es wieder ein wenig weniger lukrativ ist, Tiere zu halten, dass die Tierbestände auch in Zukunft im Sinkflug begriffen sein werden.


Meine Damen und Herren, ein Weiteres ist problematisch für mich; seit der BSE-Krise gab es eine ganze Reihe von Auflagen, die die Beseitigung von tierischen Nebenprodukten, wie es hier im Gesetz heißt, auch die Beseitigung von Tierkörpern deutlich verteuert haben. Wir haben heute noch den Umstand zu verzeichnen, dass selbst für den menschlichen Verzehr geeignetes Fleisch, wenn es denn irgendwo zum Abfall wird, verbrannt werden muss, weil es nicht mehr zu Tiermehl verarbeitet und dann anschließend in der Landwirtschaft verfüttert werden darf. Wir haben die wissenschaftlichen Grundlagen, dass wir Tiermehl problemlos z.B. in der Fütterung von Schweinen und Hühnern einsetzen können. Das hat die Wissenschaft inzwischen klar nachgewiesen. Und Politik müsste hier endlich handeln, um die Tiermehlverfütterung wieder zulässig zu machen. Das ist bisher nicht passiert. Das ist aber nichts anderes. Die Bauern bezahlen zurzeit - das Letzte was ich gehört hatte, waren 80 € pro Tonne - dafür, dass Tiermehl in Zementwerken verbrannt wird. Die Zementwerke haben einen kostenlosen Energieträger, besser gesagt, sie bekommen sogar noch Geld dafür und die Bauern müssen es bezahlen. Das Land macht hier Folgendes, ohne diese problematische Situation zu beenden - ich meine, das können wir nicht alleine beenden, das ist klar, aber wir könnten es zusammen mit anderen -, ohne diese Situation zu beenden, sagen wir: Bauer, bezahl du in Zukunft ohne unsere Unterstützung. Das, finde ich, ist unredlich; dementsprechend lehnen wir die hier geforderte Regelung ab und weisen noch einmal verstärkt darauf hin, dass das Land in der gegenwärtigen Situation viel tun müsste, um die Tierhaltung in Thüringen zu unterstützen. Wenn ich dann noch eines lese, dass die Landwirte in Tiergesundheit und Prophylaxe investieren sollten, dann möchte ich nur an die katastrophalen Zustände bei der Bewilligung vom Agrarinvestitionsförderprogramm erinnern.


(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Bei uns?)


Frau Taubert, das liegt nicht bei Ihnen. Hier liegen zurzeit aber viele Millionen bei der Thüringer Aufbaubank, weil das Land es nicht geschafft hat, den Landwirten in diesem Jahr die entsprechenden Fördermittel zur Verfügung zu stellen. Obwohl sie die Antragstellung rechtzeitig gemacht haben, obwohl sie den förderunschädlichen Vorhabensbeginn bewilligt bekommen haben. Inzwischen fragen die Landwirte an: Bekommen wir denn in diesem Jahr unser Geld noch? Da wird ihnen gesagt: Nein, das schaffen wir von der Bewilligung in diesem Jahr nicht mehr. Der Minister konnte bei der Landesanstalt für Landwirtschaft bei der Tagung auf der Messe noch nicht einmal die Auskunft geben, ob die Gelder dann wenigstens rückwirkend fließen. Also es kann sein, dass wir sie sogar noch an den Bund zurückgeben müssen. Es sind Gelder aus der Gemeinschaftsaufgabe. Das wäre verheerend, gerade für Investitionen in die Tiergesundheit. Das ist Handeln dieser Landesregierung und das ist nicht zu akzeptieren.


Danke.


(Beifall DIE LINKE)


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