Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3113


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, wenn wir heute erneut über den Vorschlag der CDU zur Änderung des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes reden wollen, lohnt es sich, den Blick zurück und den Blick nach vorn zu wagen. Recht spät – nämlich erst im Jahr 2008 – kam es zu einer Verabschiedung des ursprünglichen Lehrerbildungsgesetzes, damals noch unter Alleinherrschaft der CDU. Erstmals gab es nun auch bei uns ein Gesetz, dass den Rahmen für die Lehrerbildung vorgibt. Schon zu diesem Zeitpunkt war das Gesetz wenig zukunftsweisend, manifestierte es doch in großen Teilen eher den Ist-Zustand bzw. gab wenigstens genug Spielräume für zum Beispiel die bereits im Wintersemester 2007 neu gestalteten Lehramtsstudiengänge nach dem Jenaer Modell der FSU.


Die Vorschläge der Linken wie auch die meisten Vorschläge und Wünsche der Anzuhörenden im Gesetzgebungsverfahren fanden damals leider keine Beachtung. So haben Sie die Anzuhörenden und auch die anderen Fraktionen schlichtweg ignoriert. Auch im Jahr 2013 erwies sich die CDU erneut als größte Bremse für Innovation in der Lehrerbildung in Thüringen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es hatte nicht einmal für ein mündliches Anhörungsverfahren im damaligen Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur gereicht, sehr geehrter Kollege Tischner.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das liegt doch alles in der Vergangenheit, Mensch!)


Wieder wurden unsere Anträge und Änderungsvorschläge wie auch die der Grünen abgeschmettert und einfach weggestimmt. Bedauerlicherweise waren wieder nur wir diejenigen, die den Betroffenen genau zugehört hatten. Kritik und Wünsche hatten sich wiederholt, aber auch die Perspektiven gegenüber 2008 erhielten wiederholt keinen Einzug. Die Chance, Lehrerbildung in Thüringen neu zu denken und innovative Prozesse anzustoßen, waren in 2013 vertan.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Was machen wir jetzt?)


So wurden nur einzelne Dinge punktuell angegangen und meist lediglich KMK-Bestimmungen umgesetzt. Diesen Fehler dürfen wir nicht erneut machen. Bei allem, was war und damals abgelaufen ist, muss ich Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, zugestehen, dass Ihr Anliegen durchaus diskussionswürdig ist. Es ist ehrbar, dass Sie Ihren Fehler, Kollege Tischner, und den Fehler Ihrer Fraktion von damals nun korrigieren wollen. Zum Zeitpunkt sage ich gleich noch etwas.

Die Grundlage für die kürzeren Ausbildungszeiten beim Lehramt für Grundschulen wurden nämlich durch die Gesetze von 2008 und 2013 gelegt.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wer war denn damals Bildungsminister?)


Aber noch einmal: Solch eine Flickschusterei wie damals können wir uns schlicht und einfach nicht leisten. Damals 2003 hatte der Kollege Emde, damals noch verantwortlich für den Bildungsbereich, unsere Oppositionsarbeit als träge und faul bezeichnet.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Dafür wird er einen Grund gehabt haben!)


Ich frage mich, wer hier seine Hausaufgaben als Opposition nicht gemacht hat, wenn Sie uns heute, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, ein Änderungsgesetz vorlegen, das nur einen Paragrafen ändern soll, nur einen einzigen. Mit uns wird es das nicht geben!


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wir wollen es euch leicht machen!)


Wir als Linke und als Teil einer rot-rot-grünen Landesregierung werden es besser machen. Die Stellungnahmen und Zuschriften von 2008 und 2013 sind nicht vergessen oder verlegt. Die Betroffenen in den Institutionen und Verbänden stehen weiterhin bereit. Die Evaluation des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes wird bis Ende 2017 erfolgen. Ich sage „Ende 2017“ schon deswegen – das wissen Sie auch sehr genau, Kollege Tischner –, weil es erst dann Sinn macht zu evaluieren, weil erst dann genügend durch die entsprechende zweite Phase gelaufen sind und wir dann erst mal etwas evaluieren.

Wenn Sie hier andere Bundesländer zitieren – ich habe ja vorhin schon gesagt, es ist durchaus ehrbar und wir nehmen das auch sehr ernst, was Sie hier vorbringen –, dann muss man aber auch sagen, dass die Lehrerbildungsgesetze in den Bundesländern natürlich höchst verschieden sind. Kein anderes Bundesland würde sagen: Weil Thüringen schon mal etwas evaluiert hat – ein ganz anderes Gesetz mit ganz anderen Grundlagen –, orientieren wir uns daran, was Thüringen gemacht hat.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Es geht aber um die Referendare!)


Das gab es ja noch nie, sonders es wird immer ein konkretes Gesetz mit seinen Grundlagen und seinen Erfahrungen evaluiert. Was denn sonst? 2017, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, wird für uns das Jahr der Lehrerbildung.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ist das eine Drohung?)


Wir werden es nutzen und gemeinsam als Koalitionsfraktionen die Grundlage für eine innovative und zukunftsweisende Lehrerbildung in Thüringen schaffen. Was heißt das konkret? Wir brauchen zunächst ein Lehrkräftebildungsgesetz. Wenn wir auf die Ausbildungszeiten schauen, dürfen wir nicht nur die zweite Phase im Blick haben. Die gleichlange Ausbildung muss bereits im Studium beginnen. Unser Ziel ist: 300 Leistungspunkte für alle.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das muss auch für den Lehramtsstudiengang Regelschule in Jena gelten. Natürlich kann sich nicht nur ein 24-monatiger Vorbereitungsdienst daran anschließen. Es muss unsere Aufgabe sein, mit der Evaluation ganz genau hinzuschauen und zu sagen: Gleiche Bedingungen für alle; wir wollen, dass auch die Bedingungen der zweiten Phase akzeptabel sind, aber erst die Evaluation und dann die Vorlage des Gesetzes. Aber denken wir auch an die Seiteneinsteiger oder die Absolventen, die keine ausreichenden schulpraktischen Anteile aus dem Studium vorweisen können. Sie alle brauchen Zeit, denn die Lehrerpersönlichkeit muss sich entwickeln und reifen. Anerkennungszeiten aus schulpraktischen Anteilen im Studium oder berufspraktische Tätigkeiten vor dem Vorbereitungsdienst bleiben natürlich weiter bestehen. Aber bereits im Studium werden die Grundlagen für die zukünftige Laufbahn der Lehrkräfte gelegt. Daher ist es wichtig, die existierenden Lehrämter in Thüringen weiterzuentwickeln. Wir müssen das Lehramt an Regelschulen bzw. für die Sek. I aufwerten. Es muss wieder attraktiv sein, dieses Lehramt zu studieren. Das erreichen wir, wenn wir uns an den KMK-Empfehlungen orientieren. Das heißt, dass wir alle Studiengänge in Thüringen, egal ob Lehramtsstudiengang oder lehramtsbezogener Studiengang, mit 300 Leistungspunkten bedenken, eine Annäherung bei der Neuverteilung der Leistungspunkte an das Verhältnis 2 : 1 zwischen den beiden Fächern und Bildungswissenschaften, 2 : 1. Dann sind die Absolventen den pädagogischen Herausforderungen im späteren Schulalltag besser gewachsen.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Rede doch mal zum Thema!)


Ich rede sehr wohl zum Thema, Kollege Tischner. Ich versuche Ihnen hier gerade mal einen Weg zu weisen, was Sie alles nicht bedacht haben.

Weiterhin gilt es, die schulartbezogene Ausbildung in eine schulstufenbezogene Ausbildung zu überführen. Das Ziel ist klar, die überwiegende Mehrheit der Lehrkräfte wird in Zukunft in einer Thüringer Gemeinschaftsschule arbeiten. Dabei ist über die Schaffung eines Gemeinschaftsschullehramts nachzudenken. Schulentwicklung beginnt hier für uns auch bei der Ausbildung der Lehrkräfte. Nur wenn wir die Lehrer für eine Schule haben, kann ich die Idee der Schule nachhaltig mit Leben füllen, kann den pädagogischen Anforderungen dieser Schulart auch über die Lehrerbildung genüge getan werden.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Hoffentlich sehen das die Lehrer auch so!)


Auch die bessere Verknüpfung von Theorie und Praxis – phasenübergreifend – wird ein Thema für das neu zu schaffende Lehrerbildungsgesetz sein. Die erlebte Praxis muss besser eingebunden werden in die universitären Veranstaltungen nach der Praxisphase und auch – da Sie ja auch immer zitieren Ihre selbst erfasste Umfrage, dann hören Sie sich bitte auch mal genau um, wo da wirklich die Säge klemmt – in den sich anschließenden Vorbereitungsdienst. Das gilt auch für alle anderen Inhalte und Kompetenzen. Wir brauchen einen roten Faden für die Lehrerbildung. Komponenten müssen sich besser aufeinander beziehen und bei einem späteren erneuten Aufgreifen vertieft und vernetzt werden. So implementieren wir ein modernes Spiralcurriculum.

Ein weiterer Punkt wird die Steigerung der Attraktivität der Lehrämter für Berufsschulen und Förderpädagogik sein. Sie Studierendenzahlen sind hier marginal. Sie haben das ja auch noch mal mit Ihrem Antrag im Bildungsausschuss – Kollege Tischner –, den wir ja auch weiter beraten werden, abgefragt und uns ist auch noch mal bewusst geworden, wie groß die Aufgabe ist. Wir müssen sie wieder näher an die allgemeinbildenden Lehrämtern heranholen und gemeinsame Studienphasen ermöglichen. Flexibilität ist hier das Zauberwort. Durch einfachere und verlustärmere Wechselmöglichkeiten zwischen den Lehrämtern können wir hier kurzfristig reagieren und Menschen im Bildungsprozess eine Umorientierung ermöglichen. Ansätze bilden hierbei die angesprochenen gemeinsamen frühen Studienphasen, die so weit gehen können, dass eine Ausdifferenzierung in die eigentlichen Lehrämter erst später erfolgt.


Aber auch der Umbau der eigenständigen Lehrämter zu einem Fach ist ein vielversprechender Lösungsansatz. So machen es uns beispielsweise die Kolleginnen und Kollegen in Berlin vor. Statt eines zweiten allgemeinbildenden Fachs kann dort ein vierter Schwerpunkt gewählt werden. Das bringt die Förderpädagogen näher an die anderen Lehrämter heran und ermöglicht auch die Ausdifferenzierung der Förderpädagogen in die Primarstufe, Sek. I und Sek. II. Dabei werden wir die grundlegenden Qualifizierungen der anderen Lehrämter nicht aus den Augen verlieren. Neben den Spezialistinnen und Spezialisten für Förderpädagogik braucht es auch bei den Anderen Grundlagenwissen in dem Bereich Förderpädagogik. Der Umgang mit Heterogenität und Kenntnisse sowie Handlungswissen bezüglich aller Vielfaltskategorien müssen hier zum Standard werden. Um die Verbesserung zu schaffen, werden wir durch das Gesetz neue und bessere Rahmenbedingungen schaffen, um diesen im Einklang mit anderen Regelungen zur Wirksamkeit zu verhelfen, denn auch die Umsetzung dieser Vorhaben und Ideen müssen wir gewährleisten. Das waren einige Schlaglichter des anstehenden Änderungsbedarfs aus unserer Sicht. Sie sehen, es gibt viel zu tun, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Damit können wir doch heute anfangen!)


Wir werden es nach der Evaluation ganz sicher gemeinsam mit Ihnen anpacken. Zu Ihrem Gesetzesvorhaben kann ich aber nur wiederholen: Wir werden es jetzt ablehnen, da es deutlich zu kurz greift – ich denke, das habe ich jetzt ausgeführt – und die Evaluation noch nicht zu Ende gebracht worden ist. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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