Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3113


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Lieber Kollege Tischner, mit Blick auf die Uhr könnte man fast meinen, Sie wollen mit Ihrer Gesetzesinitiative heute den Sandmann geben, nämlich den Menschen draußen Sand in die Augen streuen. Sie sprechen hier davon, dass Experimente auf Kosten der Betroffenen vollzogen werden. Da bin ich doch etwas sprachlos. Alle haben die Möglichkeit, die Protokolle aus der letzten Legislatur und den Beratungen zum Lehrerbildungsgesetz, zur Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes 2013 durchzulesen. Wenn Sie das mal getan hätten, dann wüssten Sie, dass es Ihre Fraktion war, die alle Anregungen in der Anhörung niedergeschmettert hat, die Änderungsanträge niedergestimmt hat. Und jetzt kommen Sie wie Kai aus der Kiste und wollen, dass – was Sie selber noch vor wenigen Jahren als gültig und gut befunden haben und was jetzt, wo es greift und auch tatsächlich mal angesehen werden soll, wie die Wirkung ist, nämlich über eine Evaluation – diese Regelung sofort wieder einkassiert wird. Nun sind Sie noch relativ neu – genauso wie ich – im Parlament, aber eigentlich hätte ich gedacht, dass zum Beispiel Ihr Kollege Emde – auch Kollegen Emde beste Genesungswünsche, er ist heute auch nicht da, genauso wie auch von unserer Seite, von meiner Seite natürlich, die Frau Ministerin –, da hätte Ihnen eigentlich Kollege Emde mal sagen können und sagen müssen, was damals die Grundlagen der Entscheidung waren, die heute unter anderem durch Kollegin Rosin auch schon ausgeführt worden sind. Da hätten Sie mal innehalten können, auch nach den Beratungen im Bildungsausschuss, und sich fragen können, ob Sie da vielleicht nicht etwas früh gesprungen sind und auf jeden Fall und definitiv sehr kurz gesprungen sind, lieber Kollege Tischner. Denn die Anforderungen an den Schulen, die ändern sich ständig. Zu nennen wäre hier zum Beispiel der Umgang mit Heterogenität, mit Schülern mit Beeinträchtigungen und aus verschiedenen kulturellen und sprachlichen Kontexten, die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der pädagogischen oder zum Beispiel den Neurowissenschaften und der Psychologie. Diese Anforderungen müssen, sollen Sie erfolgreich sein, in der Schulentwicklung, in die Lehrpläne, in die Methodik Einklang finden und natürlich auch die Lehrerbildung. Lehrerbildung kommt in allen drei Phasen eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, sich den Anforderungen und den Veränderungen für eine moderne, am Kind ausgerichtete Bildungs- und Schulpolitik zu stellen und diese zu meistern. So weit allgemein bekannt.


Thüringen ist im Bereich der Lehrerbildung grundsätzlich gut aufgestellt. In der ersten Phase leisten die Hochschulen in Erfurt und Jena heute bereits Hervorragendes. In Thüringen stehen, bis auf ein Gemeinschaftsschullehramt, für alle Schularten entsprechende Lehrämter zur Verfügung. Insbesondere die schulpraktischen Studienanteile in Jena und Erfurt sind deutschlandweit viel beachtete Weiterentwicklungen, welche sich bewährt haben und im Fachausschuss bezüglich der auch im Koalitionsvertrag beschriebenen weiteren Entwicklung zu gegebener Zeit weiter diskutiert werden sollten. Wichtige weitere zu diskutierende Punkte im Rahmen einer Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes sind die – und das findet sich eben bei Ihnen alles nicht – Umsetzung der zwingend notwendigen förderpädagogischen Bestandteile in den ersten zwei Phasen der Lehrerbildung, die immer dringlicher zu klärende Integration von Ausbildungsbestandteilen im Umgang mit kultureller und sprachlicher Heterogenität sowie die Stärkung durch gezielte Studienberatung und Begleitung von heute schon bundesweit als Mangelfächer erkannte Lehrämter. Da im Übrigen haben Sie, wenn ich das richtig sehe, durchaus Vorschläge gemacht, aber nicht heute und nicht in diesem Gesetzesvorschlag.


Hier wird es interessant sein zu sehen, wie die geltenden Fachkombinationsvorschriften wirken und gegebenenfalls weiterentwickelt werden sollen. An dieser Stelle möchte ich auch die Problematik des Übergangs zu einer stärker schulstufenbezogenen Ausbildung ansprechen, die bei einer Debatte ebenfalls zwingend zu beachten ist.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wir reden aber zu unserem Gesetzentwurf!)


Ich rede zu Ihrem Gesetz, nämlich dazu, was alles fehlt und was sich im Koalitionsvertrag wiederfindet und was sich in einer von uns verfassten Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes dann auch wiederfinden wird. Ohne diese Fragen aufzugreifen, greift der Vorschlag der CDU aber einfach zu kurz. Die CDU-Fraktion hat mit ihrem Gesetzesvorschlag aber all dies eben nicht im Sinn. Mit der Änderung wird beabsichtigt, den § 25 Abs. 1 des Lehrerbildungsgesetzes in der derzeit geltenden Fassung dahin gehend zu ändern, dass die Dauer des Vorbereitungsdienstes künftig für alle Lehrämter auf 24 Monate festgeschrieben wird. Schulpraktische Studienbestandteile und absolvierte Praktika sollen mit sechs Monaten angerechnet werden können, berufspraktische Tätigkeiten mit bis zu zwölf Monaten. Begründet wird dies mit einer wahrgenommenen Benachteiligung des Grundschullehramts sowie möglichen Qualitätsverlusten in der zweiten Phase der Ausbildung. Für eine Dauer des Vorbereitungsdienstes für das Lehramt an Grundschulen von 18 Monaten spricht die Umstellung der ersten Phase der Lehrerausbildung für das Lehramt an Grundschulen auf einen konsekutiven Bachelor- und Masterstudiengang mit einer Verlängerung der Regelstudienzeit von sieben auf neun Semester. Um keine unbillige Verlängerung der Gesamtausbildungszeit zuzulassen, wurde der Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen bereits 2008 auf 18 Monate festgelegt. Eine echte Aufwertung des Grundschullehrerstudiums wurde 2013 mit der Verlängerung von neun auf zehn Semester erreicht. Seitdem müssen an allen Lehrämtern drei Leistungspunkte absolviert werden. Dies ist ein wichtiger und zwingender Schritt, um das Grundschullehramt auch bezüglich der besoldungsrechtlichen Gleichstellung an die anderen Lehrämter anzugleichen. Dies hat meine Fraktion 2013 in der Beratung auch begrüßt.


In der Thüringer Verordnung über die Ausbildung und Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter wurden aber auch Erleichterungen für die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter eingeführt. Genannt seien hier die Reduzierung der Zahl der Ausbildungsfächer im Grundschullehramt von vier auf drei und bei allen Lehrämtern das Entfallen der Hausarbeit, eine Forderung, die die Lehramtsstudierenden in der umfangreichen Befragung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Kooperation mit dem damaligen TMBWK erhoben haben.


In der Tat geht Thüringen auch hier einen eigenen Weg. Als einziges Bundesland hat Thüringen 2013 die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes eingeführt. Nun könnte man annehmen, dass dies von den jungen Pädagoginnen und Pädagogen als Nachteil bei der Entscheidung bewertet wird, ihren Vorbereitungsdienst in Thüringen zu beginnen. Tatsächlich erweist sich aber die Kleine Anfrage in der Drucksache 6/2834 des Abgeordneten Tischner nachgerade als Rohrkrepierer und lässt uns hinsichtlich der vorliegenden Änderung des Lehrerbildungsgesetzes staunend zurück. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage durch die Landesregierung wird nicht nur festgestellt, dass es bis auf das Jahr 2015 zu keinem nennenswerten Rückgang der eingestellten Lehramtsanwärter im Bereich Grundschule gekommen ist. Auch hier liegen die Quoten der sogenannten Landeskinder bei den eingestellten Lehramtsanwärtern im Lehramt Grundschule bei 70 bis 95 Prozent in den letzten drei Jahren und damit deutlich über allen anderen Lehrämtern der verschiedenen Schularten. Die Landesregierung stellt in der Beantwortung der Kleinen Anfrage ebenso fest, ich zitiere: „Allen vorhandenen Bewerbern für die Lehrämter an Grundschulen, Regelschulen, berufsbildenden Schulen und für Förderpädagogik konnte in den letzten Jahren ein Ausbildungsplatz angeboten werden.“

Wir können also feststellen, dass Thüringen als künftiger Dienstherr gerade für die in Thüringen ausgebildeten Grundschullehrkräfte eine hohe Attraktivität hat. Die Thüringer Verordnung über die Ausbildung und Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter vom 26. April 2016 bringt es mit sich, dass der erste Ausbildungsjahrgang mit 32 Lehramtsanwärtern seinen Vorbereitungsdienst aufgenommen hat. Die Landesregierung wird über das ThILLM eine Evaluierung der aktuellen Bestimmungen zur Durchführung des Vorbereitungsdienstes durchführen. Das Ergebnis der Evaluation werden wir in einem umfangreichen Diskussionsprozess zur Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes in 02/18 auch als Koalitionsfraktion mit einbeziehen.


Eine derzeitige Änderung des Lehrbildungsgesetzes wird durch die Fraktion Die Linke nicht mitgetragen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien