Erst Integration, dann Staatsbürgerschaft – Einbürgerung nur nach einem erfolgreichen Integrationsprozess

Katharina König-Preuss

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/8666

 

Sehr geehrte Kolleginnen der demokratischen Fraktionen, liebe Zuschauerinnen auf der Tribüne und liebe Zuschauerinnen am Livestream, ich will jetzt nur kurz reagieren, weil ich noch auf die inhaltliche Rede, die keinen Rassismus enthält, von Herrn Schard warte. Vielleicht warte ich da auch umsonst, weil das, was gerade hier geliefert wurde, dockt so dermaßen an den rassistischen Erzählungen der AfD und von rechts außen an, dass mir wirklich bange wird um das, was uns hier in Deutschland bevorsteht und was sich leider in den vergangenen Wochen und Monaten immer weiter stärkt. Das hat auch was damit zu tun, dass Sie in Ihrem Antrag unter anderem Begrifflichkeiten und Wortphrasen verwenden, die man so eins zu eins auch in Anträgen der Rechtsaußenpartei hätte finden können. Ich würde Sie bitten, das auch mal zur Kenntnis zu nehmen und zu hören und nicht einfach nur abzuwehren.

 

Ich will auf zwei, drei Punkte eingehen. Als erstes: Die doppelte Staatsbürgerschaft ist eine historische Errungenschaft. Das ist nichts, was man einfach so beliebig entschieden hat. Da geht es unter anderem darum, Menschen zu ermöglichen, sich hier in Deutschland sicher zu fühlen, sich hier in Deutschland auch zuhause zu fühlen, hier in Deutschland auch beteiligt zu sein, ohne parallel aufgeben zu müssen, wo sie herkommen. Ich will das an einem ganz einfachen familiären Beispiel deutlich machen: In meiner Familie sind Menschen, die ursprünglich aus Japan kommen. Die Kinder haben sowohl die deutsche als auch die japanische Staatsangehörigkeit. Sie sagen jetzt: Die müssen sich entscheiden. Sie müssen eine ablegen.

 

Ich will ein anderes Beispiel bringen, Juden und Jüdinnen: Die haben normalerweise die doppelte Staatsangehörigkeit, die haben die deutsche Staatsangehörigkeit und sie haben die israelische Staatsangehörigkeit. Was Sie mit Ihrem Antrag verlangen, ist, sie haben sich für Deutschland zu entscheiden, sie haben ein klares Bekenntnis zu Deutschland abzugeben, um dadurch „Loyalitätskonflikte zu vermeiden“. Ich zitiere aus Ihrem Antrag. Sie sagen aber auch: „Die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit muss auch weiterhin ein Einbürgerungsgrundsatz bleiben.“ Und dann begründen Sie das Ganze unter anderem noch mit Antisemitismus, um das zu vermeiden.

 

Ich will noch mal darauf verweisen: Ein Großteil der in Deutschland lebenden Juden und Jüdinnen, die hier die deutsche Staatsbürgerschaft haben, hat parallel die israelische Staatsbürgerschaft. Das hat einen historischen Grund.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das wollen Sie abschaffen, und Sie wollen die hier lebenden Juden und Jüdinnen dazu zwingen, sich zu entscheiden, entweder die deutsche oder die israelische Staatsbürgerschaft. Allein aufgrund der Geschichte müsste Ihnen eigentlich klar sein, warum es notwendig ist und warum es richtig ist, dass hier lebende Juden und Jüdinnen nicht nur die deutsche, sondern auch die israelische Staatsbürgerschaft haben, eben weil hier in Deutschland die Geschichte gezeigt hat, dass wir nicht in der Lage sind, Juden und Jüdinnen zu schützen, sondern, dass unsere Vorfahren sogar für die Vernichtung der Juden und Jüdinnen verantwortlich sind, und das ja auch versucht haben mit enormem Leid, was bis heute nachwirkt.

 

Ich will, dass Sie das wissen. Ich will, dass Sie sich das bewusst machen, dass Ihr Antrag genau das mit beinhaltet. Und wenn Sie dann darauf hinweisen, dass das Existenzrecht des israelischen Staats eine grundlegende politische Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland ist, dann ist das eine schöne Phrase, allerdings keine, die auch mit entsprechenden Inhalten gefüllt ist. Das hat nicht nur etwas mit den aktuell stattfindenden Demonstrationen zu tun, von denen, glaube ich, ein großer Teil des Hauses ganz klar sagt, das ist Antisemitismus, der da auf die Straßen getragen wird, das ist Antisemitismus, der sowohl von sich als links erklärenden Personen auf die Straßen getragen wird also auch von Menschen, die zum Teil islamistischen Strukturen zuzurechnen sind, als auch von Personen, die sich selber als Teil der bürgerlichen Mitte Deutschlands verstehen. Das geht nämlich querbeet. Das Problem ist aber, Sie fordern ein Bekenntnis zum Staat Israel ab, und das fordern Sie von einer ganz bestimmten Gruppe ab, die hier nach Deutschland kommt. Verrückterweise sind Sie in den vergangenen Jahren nie auf die Idee gekommen, auch entsprechende Anträge oder entsprechende politische Prozesse einzuleiten, um gegen den Antisemitismus dieser Rechtsaußen-Partei vorzugehen oder auch, um gegen den Antisemitismus von anderen vorzugehen. Da muss ich Sie ganz ernsthaft fragen: Wie ehrlich meinen Sie das eigentlich?

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Geht es Ihnen wirklich darum, dass Antisemitismus in Deutschland versucht wird, soweit, wie es nur geht, zu unterbinden?
 

(Zwischenruf aus der Fraktion der CDU: Natürlich!)

 

Nein, genau darum geht es Ihnen eben nicht.

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das ist eine Unterstellung!)

 

Wenn es Ihnen darum gehen würde – ist Wahnsinn. Vielleicht für das Publikum: Herr Schard stand ja gerade hier vorn und meinte, immer dann, wenn geschrien wird, hat man recht, jetzt schreit gerade die CDU,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

was bedeutet, ich habe einen Treffer versenkt, der Ihnen so richtig wehtut, der Ihnen so richtig wehtut.

 

(Unruhe CDU)

 

Ich will Sie darauf hinweisen, dass die reine Erklärung, das reine Bekenntnis, wie Sie es verlangen, zum Existenzrecht Israels, überhaupt keinen Wert hat.

 

(Zwischenruf Abg. Dr. König, CDU: Das ist doch Quatsch!)

 

Und es hat deswegen keinen Wert, weil in Deutschland so dermaßen viele Menschen leben, die als die Weißen, Arischen, wie Sie sie vermutlich gern hätten, hier geboren sind, die Antisemiten sind.

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das sind Behauptungen, eine Frechheit ist das! Das ist eine bösartige Unterstellung!)

 

Das ist keine bösartige Unterstellung, ich weise nur darauf hin, dass es in Deutschland Antisemiten gibt, die Sie nicht erwähnen, die Sie nicht meinen und wo Sie nicht entsprechend vorgehen. Sie meinen, mit einem reinen verbalen Bekenntnis zum Existenzrecht des Staats Israel wäre ja alles erledigt. Ist es eben nicht. Und was machen Sie mit den Antisemiten, die hier geboren sind, die in weiß ich nicht wievielter Generation hier leben, denen es bis heute nicht gelungen ist, sich zur Verantwortung Ihrer Großeltern zu stellen, die ignorieren Sie. Und das machen Sie am Ende – und es tut mir leid, das so feststellen zu müssen, nein, es tut mir nicht leid –, das machen Sie aus einer rassistischen Motivation heraus. Nichts anderes. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Unruhe CDU)

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