Erhalt der Künstlersozialkasse und Aktualisierung der Aufnahmekriterien und Tätigkeitsbereiche

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3934


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das war jetzt etwas verwirrend im Ablauf. Wir beschäftigen uns heute im Thüringer Landtag mit einem Thema, was nicht einem Politikfeld alleine zuzuordnen ist. Das wird man auch daran sehen – so viel kann ich Ihnen schon mal verraten –, dass sich unterschiedliche Fachsprecherinnen hier vorn dazu äußern werden. Es geht um die Künstlersozialkasse. Nun kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Künstlersozialkasse für viele zwar vom Klang her ein Begriff ist, aber nicht wirklich klar ist, was sich dahinter verbirgt.


Deswegen will ich das eingangs noch mal ganz kurz stichpunktartig erläutern. Die Künstlersozialkasse erhebt die Beiträge für die Künstlersozialversicherung. So weit – so gut. Aus unserer Sicht ist es ein sehr elementares Instrument und ein wichtiger Bestandteil, gerade was die Frage der sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern und Publizistinnen und Publizisten, wobei ich die durchaus immer unter dem Oberbegriff „Künstler“ subsumieren würde, betrifft.


Die Künstlersozialkasse ermöglicht freischaffenden Künstlern und Publizisten Zugang zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Es ist natürlich wichtig, wie sich jeder vorstellen kann, auch im selbstständigen Bereich bzw. im Honorarbereich die Möglichkeit zu haben, für das eigene Leben vorzusorgen und das gleichzeitig zu einem Beitrag zu tun, der erschwinglich ist, was natürlich bei Freischaffenden immer wieder das Problem ist. Die Künstlerinnen und Künstler sowie die Publizistinnen und Publizisten zahlen in die Künstlersozialkasse den dem Arbeitnehmeranteil entsprechenden Beitrag. Der Rest wird vom Bund, von der Rentenversicherung und abgabepflichtigen Unternehmen mitfinanziert.


Dieses Konstrukt gibt es schon sehr lange. Fast genauso lange, wie es die Künstlersozialkasse gibt, gibt es die Versuche, diese abzuschaffen. Wir haben erst Ende letzten Jahres wieder einen Vorstoß erlebt, und es sind zumeist Wirtschaftsverbände, die für eine Abschaffung der Künstlersozialkasse sind. Wir als Koalitionsfraktionen haben es für uns als eine wichtige Aufgabe empfunden, zu sagen, dass wir uns klar dagegen positionieren wollen; das haben wir auch in unserem Koalitionsvertrag bereits getan.


(Beifall DIE LINKE, SPD)


Das machen wir auch in Umsetzung dieses Koalitionsvertrags mit diesem Antrag jetzt, der die Landesregierung beauftragt und bittet, auf Bundesebene – weil gerade das Rentenrecht und das Sozialversicherungsrecht Bundessache sind –, sich in den entsprechenden Gremien – wir haben das hier benannt – Arbeits- und Sozialministerkonferenz, Kultusministerkonferenz und gegebenenfalls auch im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die Künstlersozialkasse langfristig erhalten bleibt.


Darüber hinaus haben wir allerdings, was die Künstlersozialkasse betrifft, natürlich aus unserer Sicht Reformbedarf – nicht nur aus unserer Sicht, sondern das ist auch neulich erst in einem Expertengespräch des Deutschen Bundestags zum Ausdruck gekommen, dass es auf vielen verschiedenen Ebenen Reformbedarf gibt, was die Künstlersozialkasse betrifft. Hierzu möchte ich nur beispielhaft nennen: Es geht schon damit los, wer die Möglichkeit hat, in der Künstlersozialkasse zu sein und wie lange und langwierig der Prozess ist, um in diese Künstlersozialkasse überhaupt zu kommen.


Wir haben ja im vorherigen Tagesordnungspunkt zum Thema „Wandern“ auch sehr persönliche Bezüge zum Wandern hergestellt. Deswegen möchte ich an dieser Stelle mal einen sehr persönlichen Bezug zur Frage Künstlersozialkasse und zum Hineinkommen in die Künstlersozialkasse geben. Ich bin nämlich mit einem solchen Menschen verheiratet und durfte über einen langen Zeitraum erleben, wie schwierig und bürokratisch aufwendig es ist, in die Künstlersozialkasse aufgenommen zu werden. Man muss anhand der im dazugehörigen Bundesgesetz festgelegten Berufsgruppen eindeutig nachweisen, dass man zu einem überwiegenden Teil freiberuflich, also selbstständig arbeitend in einer dieser sehr festgezurrten Berufskategorien tätig ist und dass der Prozess langwierig ist. Im Fall von meinem Mann hat der Prozess fast zwei Jahre gedauert, bis klar war, dass er in die Künstlersozialversicherung aufgenommen wird. Das war für ihn natürlich auch als Freischaffender und für die vielen anderen, die in der Künstlersozialkasse sind, durchaus ein wichtiger Schritt auch für die eigene soziale Absicherung.


Man ist natürlich freischaffend, sozusagen selbstständig. Das wissen ja auch wir Abgeordnete, wenn es um die Frage Rentenpunkte usw. geht. Da spielen verschiedene Aspekte eine Rolle, die sehr wichtig sind. Jetzt ist aber das Problem, dass diese Berufsgruppen – ich habe das ja schon angedeutet – ziemlich festgezurrt sind und dass es teilweise Berufsgruppen gibt, die sich auch im Laufe der Jahre erst entwickelt haben, die überhaupt nicht auftauchen, und weshalb Menschen von vornherein von der Künstlersozialversicherung ausgeschlossen sind. Das betrifft – das haben wir in dem Antrag auch gesagt – zum einen einen relativ „neuen“ Beruf, der natürlich auch im Zuge von Digitalisierungen und Arbeit 4.0 – wie man das immer alles so schön nennt – entstanden ist: den Clickworker. Es geht aber auch um eigentlich klassische Berufe, wo – glaube ich – jeder von uns auch der Meinung ist, sie haben einen künstlerisch kulturellen Bezug. Da geht es um Restauratorinnen und Restauratoren usw., wo man – glaube ich oder glauben wir – im Jahre 2017 spätestens mal darüber reden muss, dass man einfach die Berufsgruppierungen und die Berufsbezeichnungen, die ein „Anrecht“ haben, um sich überhaupt bei der Künstlersozialkasse um Aufnahme zu bewerben, dass man diese Kriterien erweitern muss und auch die Berufsgruppen breiter fassen muss.


Das sind natürlich alles Dinge, die wir auch sehen, die auch in der besagten Anhörung im deutschen Bundestag dazu auch noch mal zur Sprache gekommen sind. Das ist so ein bisschen der Punkt oder Grund, warum wir gesagt haben, wir machen diesen Antrag und bitten auch die Landesregierung, da tätig zu werden. Ich glaube, dass wir eigentlich gar nicht weit auseinander sind, was die Frage der Wichtigkeit der Künstlersozialkasse betrifft. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Menschen in diesem Hohen Hause gibt, die infrage stellen, dass es wichtig ist, für Künstlerinnen und Künstler, Freischaffende – da geht es ja auch um die Frage Dozenten, Lektoren –, dass es auch für diese Personen möglich sein muss, in sozial gesicherten Verhältnissen leben zu können und nicht ihren Anteil, um für sich selber vorzusorgen, das im Zweifelsfalle wenige Geld, was sie verdienen, überwiegend in Krankenkassen usw. zu zahlen. Deswegen appelliere ich durchaus noch mal vehement auch an die Kolleginnen der CDU-Fraktion, mit uns auch gemeinsam ein Zeichen zu setzen und gemeinsam unsere Landesregierung zu bitten, da aktiv zu werden, um auch den Künstlerinnen und Künstlern und den Freischaffenden in unserem Freistaat ein Zeichen zu geben, dass wir an ihrer Seite stehen und uns um ihre Zukunft sorgen.


Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien