Erforschung von Long-COVID priorisieren: Klinische Daten erheben, Langzeitfolgen analysieren, wirksame Therapien entwickeln und in Regelversorgung implementieren

Ralf Plötner

Zum Antrag der Fraktionen der FDP, der CDU, DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/3154

 

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, werte Damen und Herren, werte Zuhörende, viele freuen sich sicherlich zurzeit, dass die dritte Corona-Welle fast vorbei ist und wir diesen Sommer von der lang erwarteten und ersehnten Normalität wieder mehr haben werden. Allerdings wissen wir, dass die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie uns noch alle lange auf allen Ebenen, sozial, wirtschaftlich, politisch, aber eben auch gesundheitlich beschäftigen werden. Neben der zentralen Frage, wer für die Krise zahlt, müssen wir uns auch mit den Spätfolgen von COVID-19-Erkrankten befassen, Long-COVID, wo wir die Symptome und die Langzeitfolgen der SARS-CoV-2-Infektion immer noch nicht voll umfänglich verstehen. Deswegen haben wir es begrüßt, dass es heute einen Antrag dazu gibt und wir die Kompromissfindung der demokratischen Fraktionen gefunden haben. Wir brauchen weiterhin intensive Forschung, damit wir die Krankheit besser verstehen und behandeln können. Wir als Fraktion der rot-rot-grünen Koalition haben in unseren Stellungnahmen in Bezug auf die Pandemie mehrmals geäußert, dass wir besondere Maßnahmen in Bezug auf Long-COVID brauchen. Wir wissen, dass viele Menschen, ungefähr 10 Prozent derjenigen, die überwiegend einen leichten Verlauf der COVID-19-Erkrankung hatten, viele Monate nach der Erkrankung Beschwerden haben. Unter anderem wurden Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Glieder- und Muskelschmerzen, Bauchschmerzen, Schlafstörungen und Luftnot genannt. Diesen Beeinträchtigungen, die in ihrer Tragweite noch nicht komplett überschaubar sind, muss natürlich begegnet werden. Auch die Komplexität der Erkrankung macht dies alles nicht einfacher. Beispielsweise haben viele Betroffene eine normale Lungenfunktion, aber das Gefäßsystem ist beschädigt und daher ist die Versorgung mit Sauerstoff gestört.

Deswegen sind die Diagnostik und die Therapie eine Herausforderung gerade auch in der ambulanten Versorgung. Wir brauchen Ambulanzen für die Versorgung in allen Regionen Thüringens, nicht nur an der Universitätsklinik. Die Menschen dürfen nicht vier Monate warten, bis sie einen Termin in der Ambulanz am UKJ bekommen.

 

Wir brauchen nicht nur die Forschung, sondern auch den Wissenstransfer an die Hausärztinnen und Hausärzte. Die Struktur der hausärztlichen Versorgung in Thüringen mit Methoden der Telemedizin muss verstärkt und intensiv einbezogen werden, um die Versorgung von Covid-Spätfolgen meistern zu können.

 

Bei allem Respekt – und das möchte ich hier auch noch einmal tun – natürlich auch gegenüber der Hochschulautonomie unseres Universitätsklinikums: Wir brauchen zusätzliche Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19 sowie von Long-Covid, um auch diesem chronischen Müdigkeitssyndrom und dem chronischen Erschöpfungssyndrom, das Herr Montag hier angesprochen hat, zu begegnen und in Zusammenarbeit auch mit unseren Reha-Kliniken noch weitere Angebote zu schaffen.

 

Zunächst brauchen wir aber erst einmal eine Verstetigung und den Ausbau der Forschung, um vor allen Dingen zum Thema „Long-Covid bei Kindern und Jugendlichen“ Erkenntnisse zu haben, um dann auch Therapien zu verbessern. In unseren eingeforderten Ergänzungen finden wir es wichtig, die Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften einzubeziehen und Wissenstransfer zu fördern und diesen zu optimieren.

 

An dieser Stelle möchte ich mich gern sehr herzlich für das bisher Geleistete bedanken. Dank der schnellen, unbürokratischen Netzwerkarbeit der Landesärztekammer Thüringens, der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringens, der Heilmittelerbringer und weiterer medizinischer Leistungserbringer in der ambulanten und in der stationären Gesundheitsversorgung wurde in den letzten Monaten die Behandlung der Covid-19-Erkrankung und dem Long-Covid-Syndrom stetig optimiert, um patientenorientiert bestmögliche Behandlungserfolge zu erzielen. Herzlichen Dank dafür an dieser Stelle.

 

(Beifall DIE LINKE, FDP)

 

Ich möchte mich auch bei der Landesregierung bedanken. Sie hat bereits frühzeitig im Verbund mit den anderen Ländern das Problem der Nachsorge bei Personen mit Post-Covid-Syndrom erkannt und Strategien zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen entwickelt. Das zeitige und engagierte Bekenntnis zu weiterem Forschungsbedarf bei dem Krankheitsbild Post-Covid und den aus den Erkenntnissen resultierenden Behandlungen ist der richtige Weg.

 

Was uns in der Tat auch noch wichtig war, was im Ursprungsantrag auch noch enthalten ist und was gestrichen worden ist, ist, dass wir keine Zwischenfinanzierungswege mit Selektivverträgen gehen. Es braucht tatsächlich eben eine bundeseinheitliche Regelung, die allen Betroffenen in gleicher Weise zugänglich sein muss und das ist, denke ich, der absolut richtige Weg, den wir da verfolgen müssen.

 

Dennoch bleiben auch weiterhin noch wichtige Aufgaben, wenn es dann allgemein anerkannte Leitlinien zu Long-Covid gibt. Da sind vor allen Dingen die arbeitsbezogenen Corona-Erkrankungen für alle Beschäftigtengruppen als Berufskrankheit anzuerkennen, insbesondere mit Blick auf etwaige Langzeitfolgen sowie Rahmenbedingungen für flächendeckende unabhängige Beratungsstellen speziell für Betroffene von Berufskrankheiten, und auf Bundesebene muss eine zentrale Beratungs- und Koordinierungsstelle für Belange Betroffener mit Langzeitfolgen und auch den chronisch Betroffenen eingerichtet werden. Das ist auch die klare Bitte und Aufforderung an den Bund: bundeseinheitliche Erfassung, Dokumentation und Erforschung von Covid-Langzeitfolgen auf den Weg zu bringen und bestehende Forschungsförderungen auch noch finanziell deutlich aufzustocken.

 

Auf diesem Weg leistet Thüringen mit dem heutigen vorliegenden Antrag und hoffentlich dann erfolgten Beschluss einen wichtigen Beitrag. Ich möchte mich jetzt noch an dieser Stelle bei allen demokratischen Fraktionen hier im Hohen Haus für die kollegiale Beratung bei diesem wichtigen Thema bedanken und der gefundene Kompromiss, so denke ich, kann sich sehen lassen. Zum Schluss plädiere ich für die Zustimmung, damit die Forschung und Behandlung für alle Thüringerinnen und Thüringer, die mit den Spätfolgen von Covid zu kämpfen haben, verbessert werden und ebenso auch für die, die dankenswerterweise heilen und helfen. Herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP)

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