Elftes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes – Härtefallfonds für Straßenausbaubeiträge

Sascha Bilay

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8058

 

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute mal wieder mit dem Kommunalabgabengesetz. Das ist ja in Thüringen bekannterweise seit drei Jahrzehnten, seit dem erstmaligen Inkrafttreten 1991 damals während der CDU-FDP-Koalition, ein Problemgesetz. Es ist von den sogenannten Aufbauhelfern nach der Wende insbesondere aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen nach Thüringen implementiert worden, was die Kommunalabgaben, insbesondere Wasser, Abwasser, aber auch Straßenausbaubeiträge, anbetrifft. Übrigens war das Instrument der Finanzierung von staatlicher kommunaler Infrastruktur schon 1990 in den alten Bundesländern ein überholtes Finanzierungsinstrument gewesen. Es wurde also in die östlichen neuen Bundesländer überführt und es hat dazu geführt, dass es immer ein Fremdkörper im System gewesen ist, immer eine Dauerbaustelle gewesen ist, was ständig korrigiert werden musste. Kein Gesetz wurde im Laufe der drei Jahrzehnte so oft angefasst und versucht zu korrigieren wie das Kommunalabgabengesetz. Übrigens, die erste Änderung war schon 1994 kurz vor der damaligen Landtagswahl, von der CDU und der FDP – ich habe nachgeguckt – damals selbst eingebracht, weil man hier nämlich festgestellt hat, dass Tausende – damals – D-Mark-Beitragsforderungen von den Menschen in Thüringen überhaupt nicht zu schultern gewesen sind. Deswegen hat man dann sogenannte Billigkeitstatbestände eingeführt, also die Form der wiederkehrenden Beiträge für Straßen, aber auch Stundungsmöglichkeiten über 20 Jahre.

 

Deswegen war es nur folgerichtig nach vielen Demonstrationen und Protesten, dass es Rot-Rot-Grün gelungen ist, mit einer eigenen Mehrheit die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Aber es konnten nicht alle Probleme damit gelöst werden, weil nämlich für den Übergangszeitraum von vier Jahren, also bis Ende letzten Jahres, die Kommunen immer noch Bescheide verschicken konnten. Das hat dazu geführt, dass viele Leute sagen: Moment mal, ihr habt im Landtag etwas geregelt, dass etwas abgeschafft wird und ich soll weiterhin bezahlen? Bei uns haben sich Leute gemeldet, die müssen nicht nur jetzt noch zahlen, sondern auch in den nächsten 20 Jahren noch zahlen, weil nämlich diese Billigkeitsregelungen, die 1994 geschaffen wurden, dass man 20 Jahre gegenüber seiner Gemeinde stunden kann und einen Kredit von seiner Gemeinde eingeräumt bekommt, dass man dann erst bezahlen muss, dazu führen, dass die Menschen über 20 Jahre lang immer noch dafür bezahlen müssen, sie teilweise das Ende der Zahlung gar nicht mehr erleben, wo also die Erben Schulden der Großeltern und Eltern übernehmen. Deswegen haben wir einen Vorschlag unterbreitet zu sagen, wir schaffen auch diese Übergangsregelung ab und schaffen einen Härtefallfonds für die Menschen, die davon betroffen sind. Ich bin insbesondere Madeleine Henfling von den Grünen, aber auch Katharina Schenk als Staatssekretärin im Innenministerium dankbar,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

dass dieser Diskussionsbeitrag aufgegriffen und weiterentwickelt wurde und jetzt vorliegt, dass also Menschen, die eine solche Stundungsregelung in ihrer Gemeinde vereinbart haben, die schon einmal nachgewiesen haben, dass sie gar nicht Tausende von Euro mit einmal für eine Straße zahlen können – die teilweise schon zu DDR-Zeiten hergestellt und gebaut wurde, die sie auch schon zu DDR-Zeiten nutzten, vielleicht in Eigenleistung sogar damals gebaut wurde und dafür immer noch bezahlen müssen –, das Geld nicht haben, bei ihrer Gemeinde gestundet bekommen, dass diese Menschen nachgewiesen haben, sie sind finanziell nicht leistungsfähig – das ist anerkannt worden. Dafür müssen sie aber die Kröte schlucken – das ist die Kompromissvariante –, dafür erst einmal 4.000 Euro selbst aufzubringen. Und alles, was diese 4.000 Euro übersteigt – das ist unsere gesetzliche Klärung –, übernimmt am Ende das Land. Das ist ein aus unserer Sicht guter Kompromiss, mit dem wir auch die letzte Baustelle nach über 30 Jahren in diesem Bereich endlich lösen. Deswegen haben wir heute den Gesetzentwurf vorgelegt. Ich vertraue darauf – wir haben nachher auch noch eine Sondersitzung des Innenausschusses, da können wir das vielleicht schon einmal unter uns abdiskutieren, wie wir weiter damit umgehen wollen –, dass dieser Gesetzentwurf heute eingebracht wird. Ich gehe davon aus, dass wir eine gute Beratung dazu haben werden. Ich freue mich auf das Zuhören nachher in der Debatte.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien