Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: „Ursachen und Umstände der Einstellung des von der Staatsanwaltschaft Gera im Bereich Organisierter Kriminalität unter der (polizeilichen) Bezeichnung FIDO geführten Ermittlungsverfahrens“

Dr. Iris Martin-Gehl

Zum Antrag der Abgeordneten Dittes, Blechschmidt, König-Preuss und weiterer Abgeordneter der Fraktion DIE LINKE, der Abgeordneten Hey, Lehmann und Marx der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Rothe-Beinlich, Henfling und Wahl der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/2903

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ende Februar 2021 hat ein Rechercheteam vom MDR und von der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ eine Serie von Veröffentlichungen zur „´Ndrangheta in Thüringen“ vorgelegt und damit erstmals die Ermittlungen Ende der 1990er-, Anfang der 2000er-Jahre zum sogenannten FIDO-Verfahren der Öffentlichkeit bekanntgemacht. Ziel waren italienischstämmige Gastronomen in Erfurt und ein Netzwerk aus mutmaßlichen Mafiaangehörigen von Thüringen bis nach Kalabrien, gegen das die Staatsanwaltschaft Gera ein Verfahren wegen des Verdachts von Drogen- und Geldwäschegeschäften eingeleitet hatte.

 

Bei den Ermittlungen spielte damals der Einsatz eines verdeckten Ermittlers in der „Erfurter Gruppe“ ebenso eine Rolle wie etwa 4.000 Telefonmitschnitte, die den Verdacht nahelegten, dass es Verbindungen von Beschuldigten des Verfahrens zur Politik, Verwaltung oder Justiz in Thüringen gibt. Bei diesen Verbindungen war unter anderem die Rede von einem CDU-Stadtrat aus Erfurt, einem Vertreter eines Erfurter Autohauses, einem Ermittlungsrichter, einem Sparkassenleiter, einem Mitglieds einer Karateschule, einem Rechtsanwalt.

 

Der Verdacht dieser Mafiamauscheleien ist ungeheuerlich und muss aufgeklärt werden.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Als Abgeordnete stehen wir in der Verantwortung, die Gründe zu erforschen, warum das damals mit großem Aufwand betriebene Ermittlungsverfahren ergebnislos zu Ende kam bzw. warum es 2006 trotz offener Fragen und – so der MDR – angeblich ohne sachliche Rechtfertigung eingestellt wurde. Es ist zu erforschen, was an den Vernetzungen von Politik, Justiz und Verwaltung mit der Mafia dran ist und wie damals diesen Hinweisen nachgegangen wurde oder eben auch nicht.

 

Hierfür ist die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der richtige, der praktikabelste Weg.

 

Wir alle wissen, dass im Herbst die geplante Neuwahl des Landtags ansteht und dass die zeitlichen Ressourcen begrenzt sind. Deshalb soll sich der Untersuchungsausschuss mit der Sicherung und Auswertung sämtlicher Akten in elektronischer und in Papierform befassen, und zwar bei allen am FIDO-Verfahren beteiligten Behörden, also bei Polizei, Justiz und beim Amt für Verfassungsschutz.

 

Mit der Arbeit des Untersuchungsausschusses kann eine wichtige Vorarbeit für einen möglichen weiteren Untersuchungsausschuss in der 8. Legislaturperiode geleistet werden und geklärt werden, ob ein solcher erforderlich ist oder vielleicht eben auch nicht.

Es ist unsere Aufgabe als Parlament, dem Verdacht über eine Nähe von Politik, Verwaltung, Justiz zu kriminellen Strukturen sorgfältig nachzugehen, denn diese Mafiastrukturen sind es, die mit Geldwäsche und anderen Straftaten jährlich viele Milliarden Euro umsetzen und für wirtschaftliche Schäden in der EU, in Deutschland, aber auch in Thüringen verantwortlich sind und damit auch die Thüringer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und unser Gemeinwesen belasten. Schließlich geht es auch und vorrangig darum, das Vertrauen in die Rechtsordnung zu wahren.

 

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich im Namen meiner Fraktion zu bedanken für die umfangreichen und – ich muss sagen – mutigen journalistischen Recherchen bei Margherita Bettoni, Axel Hemmerling, Ludwig Kendzia und David Klaubert sowie

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

bei den Ermittlerinnen und Ermittlern in den Schwerpunktabteilungen der Kriminalpolizei, die für die Aufklärung und Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zuständig sind. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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