Einsatz von Lausch- und Spähsoftware durch Thüringer Behörden

Zum Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/3400


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, auf Antrag der FDP-Fraktion beschäftigen wir uns heute mit dem Thema „Einsatz von Lausch- und Spähsoftware durch Thüringer Behörden“. Der Antrag geht zurück, vielleicht erinnern sich einige, auf die Veröffentlichung des Quellcodes des sogenannten Staatstrojaners, der staatlichen Behörden den kompletten Zugriff und das vollständige Ausspähen privater Rechner ermöglicht. Veröffentlicht und dann auch insbesondere, ich sage jetzt mal, für nicht so kenntnisreiche Menschen dargestellt, hat das der Chaos Computer Club, dem ich an der Stelle nochmals ausdrücklich danken möchte im Namen meiner Fraktion.


(Beifall DIE LINKE)


Der CCC hat uns sozusagen wissen und teilhaben lassen daran, dass die Software viel mehr kann als vorgesehen und vor allem, dass sie auch viel mehr kann als sie rein rechtlich darf. Neben den legalen Möglichkeiten einer Quellentelekommunikationsüberwachung hatte der in Bayern damals eingesetzte Trojaner Fähigkeiten wie zum Beispiel das Keyloggen und die akustische Raumüberwachung mit vorgesehen. Die Fähigkeiten waren zwar deaktiviert, aber in die Software integriert und damit zumindest in der Theorie nutzbar. Damals hat das der Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Frank Schirrmacher, das ist nun wirklich nicht jemand, der von meiner Fraktion so häufig zitiert wird, das Ganze so dargestellt und kommentiert, dass die Software eine Überwachung des Denkens des jeweiligen Nutzers ermögliche. Ich zitiere: „Niemals verschickte Mails, digitale Selbstgespräche, was hier technologisch geschieht, ist wirklich das nackte Grauen.“ Dem kann ich mich und dem können wir uns als Fraktion DIE LINKE nur anschließen.


(Beifall DIE LINKE)


Bereits die Standardversion des Trojaners kann mehr als nur die Telekommunikation zu überwachen. So kann er zum Beispiel über eine selbstgeschriebene Steuerungsmöglichkeit, das hat der CCC ausprobiert und ist ihm auch gelungen, Screenshots des Webbrowsers aufnehmen und auch Screenshots dessen, was gerade aktuell auf dem Rechner stattfindet, was sozusagen der Nutzer macht. Inklusive sind dabei Mails, die gar nicht verschickt werden, aber auch Notizen, Tagebucheinträge oder Ähnliches mehr, je nachdem, wofür man den Rechner eben gerade nutzt.

Meine Kollegin Martina Renner und ich hatten zum Einsatz dieser Lausch- und Spähsoftware bereits am 10. Oktober eine Kleine Anfrage gestellt, die Ende November beantwortet wurde. Daraufhin wurde geantwortet, seitens der Landesregierung mit der Grundaussage, dass keine eigene Softwarelösung zur Durchführung einer Quellentelekommunikationsüberwachung in Thüringen existiert bzw. Thüringer Sicherheitsbehörden darüber nicht verfügen. Die Landesregierung hat ebenfalls erklärt, dass bislang keine Überwachungssoftware in Thüringen eingesetzt worden und keine Überwachung einer verschlüsselt geführten Telekommunikation erfolgt wäre. Mittlerweile, vielleicht auch um darauf aufmerksam zu machen, dass wir hier nicht über ein veraltetes Thema reden, welches im Oktober und mit dem daran erfolgenden Aufschrei erledigt wäre, nein, mittlerweile hat Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar seinen Prüfbericht zum sogenannten Staatstrojaner vorgestellt. Der Prüfbericht selbst ist leider geheim und liegt bisher meines Wissens nur dem Bundesinnenausschuss und -rechtsausschuss vor, aber Herr Schaar hat sich in einer Erklärung dazu positioniert. Er kommt zu dem Ergebnis, die Software erfüllt die Sicherheits- und Datenschutzanforderungen nicht, weil der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht ausreichend geschützt sei. Er bemängelt auch, dass private Gesprächspassagen, die bei den belauschten Personen als Beifang mit abgeschöpft wurden, aus der Gesamtdatei nicht einfach zu löschen seien. Damit sei der Kernbereich privater Lebensgestaltung bei heimlicher Telefonüberwachung missachtet worden. Im Dezember noch hatte das Bundesinnenministerium erklärt, dass sie vorerst keine Software mehr einsetzen würden. Mittlerweile wird beim Kompetenzzentrum des Bundeskriminalamts ein eigener Staatstrojaner entwickelt. Das Land Berlin, mittlerweile SPD-CDU-regiert, ich hoffe, dass nicht dasselbe hier in Thüringen stattfindet, hat vor zwei Monaten verkündet, dass sie eine Überwachungssoftware für 280.000 € in Auftrag gegeben hätten, womit die Berliner Polizei Computer von Verdächtigen überwachen soll. Der Berliner Innenminister, CDU, hat dazu erklärt, dass die Software prinzipiell alle Aktivitäten eines Nutzers aufzeichnen könnte. Ich hoffe, wie gesagt, dass das hier in Thüringen nicht der Fall sein wird.


(Beifall DIE LINKE)


Die FDP-Fraktion fordert in Punkt 2 ihres Antrags die Landesregierung auf, auf die Quellentelekommunikationsüberwachung zu verzichten und stattdessen nach alternativen technischen Möglichkeiten zu suchen, um Internettelefonie im Rahmen der im Rechtsstaat verfassungsgemäß zulässigen und erforderlichen Telekommunikationsüberwachung abhören zu können. Wir hätten als Fraktion DIE LINKE dem ersten Teilsatz zustimmen können, nämlich der Aufforderung, auf die Quellen-TKÜ zu verzichten. Wenn sie danach einen Punkt gemacht hätten, hätten sie heute unsere Ja-Stimmen, aber die Aufforderung nach der Suche alternativer technischer Möglichkeiten beinhaltet für uns weiterhin eine Möglichkeit, mit der nicht sicher ist, was am Ende dabei herauskommt.

Unseres Erachtens nach gibt es eine klare Alternative, und zwar einen kompletten Stopp des Einsatzes von Trojanern, den wir als LINKE fordern, aber es gibt auch eine weitere klare Alternative, und zwar keinerlei Onlinedurchsuchung.


(Beifall DIE LINKE)


Einen entsprechenden Antrag hatte unsere Bundestagsfraktion in Berlin eingebracht. Dieser ist im Bundestag abgelehnt worden, und zwar sowohl von SPD, CDU als auch von FDP.


Wir bleiben jedoch dabei: Hände weg von der Onlinedurchsuchung und wir bleiben auch dabei: Hände weg von jeglicher Überwachung.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Grundfrage - und damit schließe ich in einem gewissen Sinne an unseren Antrag, der gestern hier im Landtag leider abgelehnt worden ist, an - ist, wer überwacht eigentlich die Überwacher und wer kontrolliert eigentlich die Überwachungssoftware. Nicht immer können wir davon ausgehen, dass dem Chaos Computerclub Software zugespielt wird, welche dieser dann wieder kontrollieren kann und uns im Anschluss wissen lassen kann, welche Möglichkeiten diese Software beinhaltet. Da Sie diese Möglichkeiten in Ihrem Antrag nicht ausschließen, können wir Ihrem Antrag leider nicht zustimmen. Danke schön.

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