Einsatz von Lausch- und Spähsoftware durch staatliche Stellen (z.B. 'Bundestrojaner') auch in Thüringen? 1/2

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion FDP - Drucksache 5/3390 -


Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin, vorweg ein Dankeschön an den Chaos Computer Club und ein Dankeschön an die Hacker, die diesen unglaublichen Vorgang aufgedeckt haben, diesen unglaublichen Vorgang, der staatlicherseits begangen wurde. Dafür ein ausdrückliches Dankeschön von mir und auch im Namen meiner Fraktion.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es handelt sich bei dem sogenannten Bundestrojaner um einen Grundrechtseingriff. Und dieser Grundrechtseingriff beginnt nicht erst damit, dass er zur Anwendung kommt, sondern er beginnt eigentlich schon damit, dass er angeschafft wurde. Um es klar auf den Punkt zu bringen, es ist verfassungswidrig. Wenn jetzt aber staatliche Behörden eine verfassungswidrige Software sich anschaffen, dann ist doch klar, dass sie auch vorhaben, diese verfassungswidrig einzusetzen.

Wenn Sie dann, Herr Fiedler, hier im Landtag davon sprechen, dass Sie den Einsatz solcher Software weiterhin unterstützen, dann frage ich mich, welches Grundrechtsverständnis Sie haben?


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Als Zweites: Es ist ja nicht so, dass der Trojaner als solches, also als solches ist er zwar schon ein Problem, aber es kommen ja noch viel mehr Probleme aufgrund seiner Programmierung hinzu. Denn er ist in der Lage, sich eigenständig über Kontrolle von außen weitere Module nachzuladen aus dem Internet, ist darüber hinaus so schlecht programmiert, dass sogar, ich nenne es mal, etwas weniger Begabte in der Lage sind, die Kontrolle über Ihre Rechner zu übernehmen. Dann kommt es dazu oder kann es dazu kommen, dass unter anderem jegliche Tastatureingaben mitprotokolliert werden, mitgelesen und mitgesendet werden. Dann kann es auch dazu kommen, dass Ihre Videokamerafunktion am Rechner dazu missbraucht wird, alles zu dokumentieren, was bei Ihnen stattfindet, was Sie vielleicht auch zu Hause machen, während der Rechner bei Ihnen auf dem Schreibtisch steht. Und es können Daten auf dem Rechner verändert werden, es können Daten auf dem Rechner abgespeichert werden und sie können gefälscht werden. Das ist das, was dieser Bundestrojaner, der von staatlichen Stellen angeschafft wurde, kann. Und das wollen Sie weiter umsetzen, so jedenfalls Ihre Aussage vorhin.


13 Millionen hat es gekostet bisher, den von der Firma DigiTask angeschafften Bundestrojaner zu kaufen, zu verwenden und entsprechende Technik dafür anzuschaffen - 13 Millionen. In Bayern wurden, so jedenfalls die Aussage bisher, fünf Rechner damit überwacht. Vielleicht sind es in den anderen Bundesländern, Nordrhein-Westfalen hat es mittlerweile zugegeben, Rheinland-Pfalz, Brandenburg hat es zugegeben, aber unter anderem auch das Bundeszollamt, das untersteht ja dem Bundesfinanzministerium, hat es zugegeben, haben diese Software eingesetzt, vielleicht haben die weitere fünf Rechner jeweils überwacht. 13 Mio. € für vielleicht 30 oder 40 Rechner. Um mal klarzumachen, es geht hier nicht darum, dass Menschen überwacht werden, die vorhaben, Leib und Leben eines anderen zu gefährden, sondern das, was bisher herausgekommen ist, es geht zum einen um den hehlermäßigen Handel von Medikamenten und es geht zum Zweiten um den Verstoß gegen das BtMG. Das rechtfertigt keinesfalls den Einsatz dieses Trojaners.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das - das hat ja auch unter anderem der Kollege Bergner schon gesagt - ist ganz klar vom Bundesverfassungsgericht so festgelegt worden.


(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Ich denke, es geht um Terror.)


Das Bundesverfassungsgericht wird sozusagen in seinen Urteilen von staatlichen Stellen missachtet. Staatliche Stellen handeln verfassungswidrig. Dann wollen wir den Menschen hier in diesem Land klarmachen und wollen sie ermutigen, sich weiter an die Verfassung zu halten, wenn staatliche Stellen selber dazu nicht in der Lage zu sein scheinen? Sie, Herr Fiedler, rechtfertigen das ja in einem gewissen Sinn noch, weil Sie sagen, in Thüringen ist es ja scheinbar bisher nicht passiert. Ich ordne das in einen etwas größeren Kontext ein, in die Funkzellenabfrage in Dresden, aber auch in die Verlängerung der Antiterrorgesetze, die 2001 zu Recht möglicherweise geschaffen wurden und mittlerweile verlängert wurden auf 14 Jahre. Heribert Brandl hat in der Süddeutschen Zeitung dazu gesagt: „Aus Gesetzen, die in Zeiten der Not geschaffen wurden, wird Alltag ohne Not.“ Genau das ist es. Insofern möchte ich uns alle ein Stück weit daran erinnern, worum es letztendlich geht, nämlich um den Einsatz für eine freie, für eine offenere Gesellschaft nicht nur, aber auch im Internet. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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