Einbruchskriminalität entlang der Thüringer Autobahnen – wie schützt Thüringen seine Bürger?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 6/697


Meine Damen und Herren, wenn ich in dieser Woche an Gefahren entlang der Thüringer Autobahn denke, dann denke ich als Erstes an den Bruch eines demokratischen Konsens durch 13 Stadträte der Stadt Eisenach, die am Montag durch Zustimmung zu einem Antrag der neonazistischen NPD tatsächlich diesen Konsens gebrochen haben.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich das sagen, Herr Walk, wer Neonazis nutzt, um Denkzettel zu verteilen, hat nicht verstanden, welche Gefahren vom Neonazismus ausgehen,


(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist ja unverschämt!)


(Unruhe CDU, AfD)


der lässt sich von Neonazis für deren Zwecke instrumentalisieren


(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sie haben die falsche Rede!)


und der unterminiert das NPD-Verbotsverfahren, was durch alle Bundesländer gemeinsam betrieben wird, also auch durch Thüringen.


(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Gut, dass das keine Volkskammer ist, sondern der Thüringer Landtag!)


(Unruhe AfD)


Aber die AfD-Fraktion hat beantragt, über Einbruchskriminalität zu reden, also reden wir auch darüber. Da muss man als Erstes auch mal öffentlich deutlich machen, dass die Zahl der Wohnungseinbrüche im Jahr 2014 gegenüber dem Jahr 2013 um mehr als 11 Prozent zurückgegangen ist. Insgesamt wurden statistisch 253 Wohnungseinbrüche weniger erfasst. Thüringen gehört damit zu den Bundesländern, die den Wohnungseinbruchsdiebstahl minimieren konnten. Also kein aktueller Anlass und es stellt sich auch kein aktueller Anlass tatsächlich dar, wenn man die Regionen um die Autobahn betrachtet.


(Unruhe CDU)


Das konnte die AfD-Fraktion auch der Beantwortung ihrer eigenen Kleinen Anfrage durch die Landesregierung zum Bereich der A 9 entnehmen. So bleibt, meine Damen und Herren, für uns der Verdacht, dass es hier tatsächlich darum geht, durch ein sehr populistisch und demagogisch gesetztes Thema, die Differenz zwischen dem subjektiven Sicherheitsempfinden und der tatsächlichen Sicherheitslage in Thüringen weiter auseinanderzutreiben.


(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Das ist Käse! Sie kennen sich nicht aus im Land, Herr Dittes!)


Da greife ich auch mal auf das aktuelle Beispiel in Gerstungen zurück. Da versammelten sich 300 Menschen zu einer Diskussionsveranstaltung, eine Bürgerwehr wird gegründet, die in Facebook mehr als 2.500 Unterstützer hat und die, meine Damen und Herren, das habe ich gestern gehört und ich finde das erschreckend, in der Tat mittlerweile nicht nur die Straßen kontrolliert, sondern auch die Ausweise von Menschen, die sich in Gerstungen frei bewegen.


(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Das ist pure Not, Herr Dittes!)


Die sachliche Grundlage haben Sie dafür nicht genannt in Ihrem Debattenbeitrag. Deswegen will ich das hier nachholen. Ich sage Ihnen, Sie haben sie auch aus guten Gründen nicht genannt. Denn die sachliche Grundlage für all das, was in Gerstungen gerade politisiert geschieht, sind acht Einbrüche in fünf Häusern in der Region in einem Zeitraum von Januar bis Mai 2015. Meine Damen und Herren, diese Zahl mag für den einzelnen Betroffenen tatsächlich vollkommen unerheblich sein, sie rechtfertigt aber keinesfalls das Geschehen, was in Gerstungen sich tatsächlich vollzieht. Und sie rechtfertigt es auch nicht, hier solche Redebeiträge zu halten, wie eben vom Fraktionsvorsitzenden der AfD gehört.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das alles kann man auch in Zeitungen nachlesen, da sind die Sachzusammenhänge dargestellt. Aber man kann auch in Zeitungen nachlesen, in den Kommentierungen und eben auch in den Reden der AfD hören, dass es da einen Zusammenhang gäbe zwischen der Kriminalität und aufgenommenen Flüchtlingen oder Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit oder Herkunft. Für Sie ist das ja – oder am liebsten sollte es zumindest aus Ihrer Sicht so sein – dasselbe. Und da muss ich wirklich einmal mein Entsetzen über diesen Redebeitrag zum Ausdruck bringen, nicht, dass er von der AfD geäußert wird, sondern Entsetzen darüber, dass so etwas überhaupt gedacht und in einem Parlament gesagt werden kann.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer angesichts von mehr als 250 Toten an der innerdeutschen Grenze, wer angesichts von fast 50.000 Toten am europäischen Grenzregime durch Frontex von einer wohltuenden Funktion von Grenzen spricht, der hat überhaupt nichts verstanden


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und der stellt Menschenrechte grundsätzlich infrage, so wie es die AfD an dieser Stelle hier getan hat. Das bezeichnen wir, meine Damen und Herren, als rassistisch motiviert. Die AfD versucht an dieser Stelle, rassistische Stereotype in der Gesellschaft zu manifestieren.


(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Mein Gott, das kann man nicht mit anhören!)


Die Folge dabei ist etwas sehr Gefährliches, nämlich die Verstetigung und Vermehrung rassistischer Einstellungen.



Präsident Carius:


Herr Dittes, für den Vorwurf des Rassismus erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.


(Beifall AfD)



Abgeordneter Dittes, DIE LINKE:

Ich habe es jetzt akustisch nicht verstanden, aber ich hätte es wahrscheinlich auch inhaltlich nicht verstanden, wofür der Ordnungsruf ist. Aber ich akzeptiere ihn natürlich von Ihnen.


Meine Damen und Herren, man kann natürlich über tatbegünstigende Bedingungen reden und dann reden wir in der Tat über Orte, an denen sich viele Menschen anonym zusammenfinden. Man kann auch über tatbegünstigende Zusammenhänge reden zur persönlichen Situation von Menschen selbst. Es stellt sich nur kein Zusammenhang dar zwischen der Herkunft oder der Staatsangehörigkeit, es stellt sich maximal ein Zusammenhang dar zwischen der sozialen Situation, zwischen der Partizipation von Menschen am gesellschaftlichen Reichtum. Und das führt auf sehr unterschiedliche Art zu unterschiedlichen Straftaten. Da ist sicherlich das Eigentumsdelikt die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille sind Wirtschaftskriminalität und Steuerbetrug. Und das sind die tatsächlichen Zusammenhänge, aber nicht die Herkunft und schon gar nicht die Staatsangehörigkeit von Menschen. Und, meine Damen und Herren, das Strafrecht lässt genau diese Faktoren auch völlig unbeachtet.



Präsident Carius:


Ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.



Abgeordneter Dittes, DIE LINKE:


Es berücksichtigt aber natürlich bei der Strafzumessung genau diese sozialen Indikatoren. Ich denke, Politik ist gut geraten, auf dieser Ebene auch sachliche Debatten zu führen, auch zur Prävention von Kriminalität.


(Unruhe CDU)


(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Sie haben doch keinen sachlichen Redebeitrag!)


Der Beitrag der AfD war kein Beitrag zur sachlichen Debatte.


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