Eigentum verpflichtet: Nachnutzungskonzept für das Areal der JVA Hohenleuben

Dr. Iris Martin-Gehl

Zum Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/7711

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, genau betrachtet beinhaltet der schon im April 2023 eingereichte Antrag der FDP nicht nur die in der Überschrift genannte Nachnutzung der JVA Hohenleuben, sondern – und das klang bei meinen Vorrednern und Vorrednerinnen schon an – das übergreifende Thema „JVA-Neubau in Zwickau“ mit seiner umfassenden Brisanz und Relevanz für den Thüringer Strafvollzug.

 

Darüber hinaus wird aber auch ein weiteres Thema des Strafvollzugs angesprochen, das hierzu keinen – zumindest keinen unmittelbaren – Bezug hat und daher etwas aus dem Rahmen des Antrags fällt, darauf ist bisher noch nicht eingegangen worden, nämlich die Frage nach den Haftbedingungen für Gefangene mit gesundheitlichen Einschränkungen und besonderen Bedarfen. Damit möchte ich dann auch gleich beginnen.

 

Meines Wissens sollen in den letzten Jahren in Thüringen hinsichtlich der Haftsituation dieser Personengruppe deutliche Verbesserungen eingetreten sein, denn mit der demografischen Entwicklung gehen auch Veränderungen der Altersstruktur in den JVA einher. Und das hat zur Folge, dass der Situation und den speziellen Bedürfnissen von Gefangenen, etwa im Seniorenalter, mehr und mehr Rechnung zu tragen ist. Wie die damit verbundenen Anforderungen allgemein und im Einzelnen umgesetzt wurden und künftig noch umgesetzt werden, dazu wird, davon gehe ich aus, die Landesregierung sicher ausführlich und aus erster Hand berichten.

 

Aber nun zum Hauptthema des Antrags – die Nachnutzung für das Areal der JVA Hohenleuben: Nachdem ich mich vor wenigen Wochen mit einigen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus vom Baufortschritt oder, besser gesagt, vom Baurückschritt des Bauvorhabens „JVA Zwickau“ überzeugen konnte, dachte ich spontan, dass die Frage nach der weiteren Verwendung der Immobilie der JVA Hohenleuben nach ihrem Freiwerden wohl eher eine rhetorische als denn eine praktische ist. Denn nach dem, was man in Zwickau auf der Baustelle sieht und was man inzwischen über die vergangenen und künftig geplanten Prozesse der Bauausführung weiß, werden noch – ich will es mal vorsichtig umschreiben – viele Jahre ins Land gehen, bis das Thema „Nachnutzung der JVA Hohenleuben“ überhaupt aktuell wird.

 

Dennoch hat die mit dem Antrag gestellte Frage nach einem Konzept für eine mögliche Nachnutzung durchaus ihre Berechtigung, und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen dürfte es doch sicher dazu schon entsprechende konzeptionelle Vorstellungen oder zumindest Überlegungen gegeben haben, denn die Fertigstellung der Einrichtung in Zwickau war ja ursprünglich schon für 2019 erhofft, jedenfalls aber für 2024 fest geplant. Zum anderen zeigen Erfahrungen mit früheren JVA-Liegenschaften, die durch Neubauten abgelöst wurden: Die Klärung der Nachnutzungsfrage ist komplex und nimmt längere Zeit in Anspruch, sodass man nicht früh genug mit konzeptionellen Überlegungen zum „Wie“ und „Was“ beginnen sollte, zumal ich davon ausgehe, dass dazu schon einiges an Vorarbeit geleistet wurde. Auf diese Komplexität hat Herr Bergner ja schon hingewiesen.

Deshalb ist es durchaus sinnvoll, schon jetzt über die Nachnutzung der JVA Hohenleuben zu sprechen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass Fehler, die in anderen Fällen geschlossener JVA-Standorte gemacht wurden, hier vermieden werden – auch das klang schon an –: Fehler, die etwa bei der früheren JVA Gotha, dem ehemaligen Stadtgefängnis, begangen wurden. Diese Einrichtung wurde im Jahr 2002 mit der Eröffnung des JVA-Neubaus in Gräfentonna geschlossen und steht seitdem leer, nachdem das Eigentum an einen vermeintlichen Investor übergegangen sein soll.

 

Ein ähnliches Schicksal ereilte auch die Liegenschaft des Schlosses Tonna, die im Zuge der Inbetriebnahme der JVA Tonna ebenfalls im Jahr 2002 geschlossen wurde. Die Immobilie, die die JVA bis zur Eröffnung des Neubaus beherbergt hatte, ging nach der Schließung an neue Eigentümer, die das leerstehende Gebäude und Gelände seit Jahren verfallen lassen. Hier ist offenbar vertraglich keine entsprechende Vorsorge getroffen worden, um das zu verhindern.

 

Auch das ehemalige Gefängnis von Weimar steht schon jahrelang leer.

 

Herr Schardt hat einige positive Beispiele genannt. Auch ich möchte eines nennen, und zwar aus Thüringen, sogar aus Ihrem Wahlkreis, Herr Schard, nämlich aus Sondershausen. Das ehemalige Gefängnis dort wurde aufwendig denkmalschützend saniert. Aus den ehemaligen Hafträumen entstanden elf moderne Wohnungen mit hochwertiger Ausstattung, Balkons und Terrassen. Dieses wohl thüringenweit einzigartige Prestigeobjekt zeigt, dass eine sinnvolle nachhaltige Nachnutzung alter JVA-Liegenschaften bei sorgfältiger konzeptioneller Planung gut gelingen kann.

Weshalb nun ist ein frühzeitiges fundiertes Nachnutzungskonzept gerade für die Liegenschaft der JVA Hohenleuben besonders wichtig? Das ist im Antrag ausführlich ausgeführt. Ich will die Gründe nur in einigen Punkten noch mal darstellen. Als Gründe werden in dem Antrag der zentrale Standort der JVA in der Ortsmitte genannt, ebenso wie Arbeitsplatz- und Bevölkerungssituation im Ort und in der Region Ostthüringen sowie infrastrukturelle und versorgungstechnische Gegebenheiten. Gerade aufgrund der beherrschenden Stellung der JVA für Infrastruktur und Ortsbildgestaltung ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Stadt Hohenleuben frühzeitig wissen möchte, welcher Nutzung die Liegenschaft künftig zugeführt werden soll. Einleuchtend ist auch, dass die Stadt Hohenleuben einfordert, in die entsprechenden Überlegungen und Planungen eingebunden zu werden und sich – so habe ich den Antrag verstanden – dabei auch selbst einbringen zu können.

 

All diese Fragen sollten erörtert werden, weshalb ich die Überweisung des Antrags an die zuständigen Fachausschüsse – darüber werden wir uns noch verständigen – beantrage. In den Ausschüssen sollte dann auch Thema sein, auf welchem Wege Ideen für eine Nachnutzung des historischen Gebäudes gewonnen werden können. Insoweit sind Erfahrungen aus Thüringen und aus anderen Bundesländern ebenso von Interesse wie etwa auch die Einbeziehung studentischer Forschungs- und Projektarbeiten. Einen interessanten Ansatz hierfür bietet zum Beispiel das von der Bauhaus Universität Weimar betreute Projekt „Konversion der Jugendstrafanstalt Ichtershausen“, das in Zusammenarbeit mit den zuständigen Entscheidungsträgern auf Landes- und kommunaler Ebene durchgeführt wurde. Ich bin gespannt, ob und gegebenenfalls welche innovativen Ideen und Vorschläge aus diesem Projekt auch für die JVA Hohenleuben nutzbar gemacht werden können. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE)

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