Ehrenamt fördern – Arbeit in der Freiwilligen Feuerwehr attraktiver gestalten

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3562


Meine Damen und Herren, Herr Höhn hat in zwei Punkten recht. Auf die will ich als Erstes eingehen. Jeder Redner, der heute hier nach vorn tritt, hat als Erstes auf seinem Stichwortzettel stehen: Dank und Anerkennung an die Angehörigen der Feuerwehr in Thüringen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Selbstverständlich, Herr Höhn, haben Sie recht; dem, was Sie in aller Ausführlichkeit hier dargestellt haben, schließen sich die Abgeordneten auch meiner Fraktion an. Ich denke, man muss hier tatsächlich noch einmal herausstellen, dass die Arbeit der Feuerwehrangehörigen in Thüringen natürlich eine vielseitige und vielfältige ist. Es ist nicht nur die gesetzliche Aufgabe des Brandschutzes, die dort absolviert wird, sondern auch sehr weitgehend darüber hinaus eine Absicherung kommunalen Lebens, gesellschaftlichen Lebens und natürlich auch zur Förderung des Gemeinwohls in den Orten. Deswegen ist es auch notwendig, sich in einzelnen Bereichen hier sehr ausführlich darüber auszutauschen.


Auch in einem zweiten Punkt, Herr Höhn, gebe ich Ihnen recht. Eine Debatte mit dem Abgeordneten Fiedler zur Feuerwehr hat noch mehr Lebendigkeit. Es ist keine Kritik an uns allen, Herrn Höhn, Herrn Thamm oder auch an mir, es liegt einfach an der besonderen Eigenart des Abgeordneten Fiedler. Er hört wahrscheinlich heute zu, ich will Sie herzlich begrüßen.


(Beifall SPD)


Als der Antrag in der letzten Sitzung nicht zum Aufruf kam, dachte ich, wird sich die CDU-Fraktion etwas ärgern, denn der war – so war zumindest meine Vermutung, Herr Walk – doch gestellt mit Blick auf den Landesfeuerwehrverbandstag am 8. April, denn da macht es sich natürlich gut, wenn man in seinem Grußwort darauf verweisen kann. Insofern ist das mit dem heutigen Tag des Heiligen Florians ein Stück weit kompensiert worden. Es wird wahrscheinlich noch weiter kompensiert werden, wenn ich Ihnen sage, dass der Heilige Florian nicht nur der Schutzpatron der Feuerwehrangehörigen ist, sondern auch der Schutzpatron der Bierbrauer.


(Beifall DIE LINKE)


Weitere Kommentierungen in diesem Zusammenhang erspare ich Ihnen.

Nach den einleitenden Worten will ich aber zu dem ernsthaften Teil des Antrags kommen, denn die Problemlage hat in den Redebeiträgen schon eine Rolle gespielt. Natürlich haben wir das Zurückgehen in den Einsatzabteilungen der Feuerwehr in den letzten Jahren zu verzeichnen, Herr Thamm hat noch einmal darauf hingewiesen: 9.000 Feuerwehrangehörige in den letzten 15 Jahren. Natürlich wissen wir im Moment nicht, wie die Entwicklung weitergeht und es ist nicht wirklich beruhigend, Herr Staatssekretär, wenn wir feststellen, dass der Rückgang geringer ausgefallen ist. Es bleibt ein Rückgang. Natürlich nimmt vielleicht an der einen oder anderen Stelle der notwendige Zeitdruck ab, aber er kann uns nicht der Fragestellung entheben: Was müssen wir in Thüringen unternehmen, um möglicherweise tatsächlich das, was wir im Koalitionsvertrag verabredet haben, sicherzustellen, nämlich den örtlichen Brandschutz in jeder Gemeinde? Da will ich Ihnen auch deutlich sagen: Wer bei einem Rückgang von 450.000 Einwohnern in den letzten 25 Jahren und einem prognostizierten weiteren Rückgang von 250.000 Einwohnern in den nächsten 20 Jahren davon ausgeht, dass das auch in den Abteilungen der Feuerwehr zu keinen Auswirkungen führt, verkennt, glaube ich, die Situation, vor der wir in Thüringen stehen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen ist es auch so unverantwortlich, darüber zu sprechen, dass der ländliche Raum durch die Gebietsreform oder durch die Funktional- und Verwaltungsreform am meisten belastet wird. Ich will Ihnen andersherum einmal ein Argument mit auf den Weg geben: Der ländliche Raum ist durch die demografische Entwicklung, die wir hinter uns haben, die wir aber auch noch vor uns haben, der Bereich in Thüringen, der am stärksten und in vielen Bereichen auch sehr existenziell belastet wird.


Durch den Rückgang von Bevölkerung im ländlichen Raum haben wir erhebliche Investitions- oder Infrastrukturschwierigkeiten, die wir dauerhaft absichern müssen. Da fange ich natürlich bei Versorgungs- und Entsorgungssystemen an. Wir müssen über Verkehrsanbindungen, wir müssen über Bildungsstrukturen reden und wir müssen auch darüber reden, wie wir im ländlichen Raum Sicherheit bei Bränden oder bei anderen Gefahrenlagen realisieren können. Dann ist der Brandschutz auch eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen, wo wir fragen müssen: Taugen eigentlich die gemeindlichen Strukturen, diese Aufgabe dauerhaft noch abbilden zu können? Das ist nicht nur eine Frage des Personals, sondern auch der technischen Ausstattung der Gemeinden.

Herr Thamm, da haben Sie vollkommen recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass es natürlich gesetzliche Aufgabe der Kommunen ist, den örtlichen Brandschutz sicherzustellen, dass sich das Land hier auch nicht der Verantwortung entziehen kann.


Aber wir müssen feststellen, dass in vielen insbesondere kleinen Gemeinden – Sie weisen es ja in Ihrem Antrag nach, 849 Gemeinden haben wir in Thüringen – genau die Mittel für die Anschaffung von notwendigen Investitionen, die Voraussetzung sind, auch den örtlichen Brandschutz durch die technischen Anlagen und durch die technischen Sicherungssysteme abzusichern, eben nicht zur Verfügung stehen. Und das kann eben nicht zu 100 Prozent durch das Land kompensiert werden; das kann in vielen Teilen entkrampft werden und das macht auch diese Koalitionsregierung, wenn sie jetzt im Rahmen des kommunalen Investitionsgesetzes 10 Millionen für den Brandschutz zur Verfügung stellt. Aber Sie brauchen den eigentlich Verantwortlichen auf der kommunalen Ebene, der diese gesetzliche Aufgabe erfüllt; alleine wird es das Land auch nicht erfüllen können, weil das Land kann alleine auch nicht die ehrenamtlichen Strukturen in den Gemeinden aufrechterhalten. Deswegen sage ich Ihnen, es ist wichtig, auch im Rahmen der Verwaltungs- und Gemeindereform darüber nachzudenken, wie diese gesetzlichen Aufgaben bewerkstelligt werden müssen und werden können. Aber das ist nicht gleichzusetzen, nämlich die Aufgabe, die ich vorhin beschrieben habe, die Stärkung des Gemeinwohls, die Stärkung des kommunalen Lebens in den einzelnen Ortschaften neu zu strukturieren, das wird auch weiterhin stattfinden, ganz unabhängig davon, wo der Verwaltungssitz einer Gemeinde tatsächlich ist. Und das müssen wir bloß beides gemeinsam im Blick haben, das dürfen wir nicht gegeneinander diskutieren. Aber das gehört hier eben auch zur Wahrheit dazu, dass wir vor einer Herausforderung stehen und nicht so tun können, als ob die demografische Entwicklung keine Auswirkungen auf die Feuerwehr in Thüringen hätte.


Und wir sind hier alle sehr stark, Herr Höhn, Herr Thamm, und ich könnte das jetzt weiter fortsetzen, Herr Götze hat auch darauf verwiesen, in der Beschreibung der Probleme und der Problemanalyse. Und wenn man sich mit dem Feuerwehrverband hinsetzt in den Gemeinden, wird man sehr schnell einer Meinung sein und sagen, das sind die und die und die Herausforderungen. Den technischen Bereich, den können wir mit finanziellen Mitteln über Förderprogramme noch ein Stück weit abdecken – nicht in allen Gemeinden, das hatte ich eben ausgeführt, denn da fehlt der starke Partner auf der anderen Seite.

Aber bei der Frage der personellen Absicherung fehlt uns in der Tat in vielen Bereichen nach der Problemanalyse die richtige Antwort. Und wenn wir in Ihren Antrag reinschauen, Herr Thamm – und das ist keine Kritik –, habe ich natürlich auch, als ich die Überschrift gelesen habe, gedacht: Mensch, vielleicht kommt die CDU-Fraktion mit konkreten Ideen, die wir aufgreifen können, die wir diskutieren können, die wir abwägen können, die wir weiterentwickeln können, die wir verwerfen können, die wir letztlich auch umsetzen können. Aber im Prinzip kommen Sie über eine Problemanalyse und eine Beschreibung, was man tun könnte, nicht hinaus. Wie gesagt, das ist keine Kritik, zeigt aber das Dilemma in diesem Bereich.


Und natürlich, Sie haben die Anfrage ja gestellt, will ich mal auf einzelne Bereiche verweisen, was seit einigen Jahren gemacht wird. Diese Landesregierung – im Übrigen seit 2015, jetzt fortgesetzt – unterstützt die Mitgliederkampagne des Landesfeuerwehrverbandes. Diese wird fortgesetzt. Und natürlich im Bereich der Jugendfeuerwehr, Herr Staatssekretär hatte das ausgeführt, hat möglicherweise diese Mitgliederkampagne schon auch Auswirkungen. Jetzt müssen wir darüber nachdenken, wie der Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung erleichtert werden kann, verbessert werden kann. Aber das wird uns auch nur gelingen, wenn es wirklich schaffbar ist, dass junge Menschen auch in den Gemeinden im ländlichen Raum bleiben. Und dafür brauchen wir gerade leistungsfähige Strukturen in den Gemeinden, weil nicht leistungsfähige Strukturen sind auch kein attraktiver Lebensort. Und leistungsfähige Strukturen mit Attraktivität als Lebensort heißt, die Gemeinden müssen in der Lage sein, gerade die freiwilligen Aufgaben wie Soziales, kulturelle Angebote usw. absichern zu können. Deswegen denken wir ja auch notwendigerweise über die Reform sehr umfänglich nach.


Aber ich will zurückkommen zur Mitgliederkampagne und zum Übergang der Jugendwehren. Kollege Höhn hat das angesprochen. Ja, wir haben uns im Koalitionsvertrag der Frage des Ausbaus der Brandschutzerziehung in Thüringen verschrieben und haben das aufgegriffen. Und ja, wir sind dort noch nicht an dem Punkt angelangt, wo wir eigentlich sein wollen und möglicherweise auch sein könnten, weil unterschiedliche Verantwortlichkeiten da möglicherweise noch nicht zum Durchbruch geführt haben. Aber ich vestehe auch die Ankündigung von Kollegen Höhn so, dass wir uns im Rahmen der Ausschussberatungen zu Ihrem Antrag genau dieser Frage noch mal zuwenden und schauen, was denn in diesem Bereich tatsächlich möglich sein muss. Denn in der Tat, mit einer Brandschutzerziehung in der Schule schaffe ich nicht nur mehr Sicherheit im persönlichen Verhalten, mehr Handlungskompetenz für die Schüler, ich schaffe praktisch so eine Art permanente Werbung für die Feuerwehr, nämlich mitzuwirken. Das kann eben auch Teil einer solchen Mitgliederkampagne sein, nicht unmittelbar als Kampagne, sondern mittelbar über dieses praktisch Herausstellen der Notwendigkeit dieser Aufgabe und dieser Verantwortung, die damit verbunden ist.


Ich will einen zweiten Bereich noch ansprechen, der in Ihrem Antrag keine Rolle gespielt hat. Das ist die Frage der Migrantinnen und Migranten für die Feuerwehr in Thüringen. Ich finde es außerordentlich lobenswert und nach wie vor auch in einer gesellschaftlichen Situation nennenswert, dass in Thüringen dieses Wörterbuch für die Feuerwehren mit sechs Sprachen aufgelegt worden ist und den Einsatzabteilungen zur Verfügung steht. Ich finde es auch ausdrücklich erwähnenswert, dass der Bundesfeuerwehrverband auch schon mehrfach explizit darauf hingewiesen hat, dass die Feuerwehren im Zusammenhang mit Migranten für eine Stärkung der Feuerwehr erhöhtes Engagement an den Tag legen müssen. Ich glaube, darüber sollten wir noch mal nachdenken, wie wir das entsprechend unterstützen können. Ich glaube, hier sind zwei Aspekte enthalten. Da wird nämlich deutlich, dass Integration ein beidseitiger Prozess ist, der natürlich Gesellschaft bereichert, aber eben auch individuelle Handlungskompetenzen und Handlungsmöglichkeiten eröffnet.


(Beifall DIE LINKE)


Das ist ein wichtiger Aspekt, der eine Rolle spielt. Der Staatssekretär ist darauf eingegangen, institutionelle Förderung, Feuerwehrverband, hauptamtliche Bildungsreferentenstellen, Förderung der Jugendfeuerwehr, die Einführung der Feuerwehrrente, Lkw-Führerschein, auch die Frage der Absicherung von Feuerwehrangehörigen, die im Einsatz körperliche Schäden erlitten haben durch die Opitz-Neubauer-Stiftung gehört zu einem Gerüst der Förderung des Ehrenamts. Auch die technische Ausstattung der Feuerwehren, dazu hatte ich etwas gesagt, gehört natürlich dazu. Natürlich auch das Engagement der Thüringer Ehrenamtsstifung. Aber das sind ja alles Maßnahmen, die bereits in den letzten Jahren realisiert worden sind. Jetzt müssen wir überlegen, wie wir genau zu weiteren Maßnahmen kommen. Ich glaube, in einem Satz haben Sie auch durchaus Recht, und den müssen wir uns auch bewusst machen, Herr Thamm. Sie schreiben: „Nur durch die freiwillige Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger in den Feuerwehren können die Pflichtaufgaben der Kommunen im Brandschutz und der allgemeinen Hilfe flächendeckend erfüllt werden.“ Das heißt aber auch, dass natürlich auch bei der Feuerwehr – das ist auch bei den Verbandstagungen immer wieder herausgestellt worden –, dass das bei den Feuerwehren so wichtig ist, dass Feuerwehr auch Ehrenamt bleibt, weil das eben der einzigartige Wert ist, den wir auch praktisch erhalten wollen als gesellschaftliche Errungenschaft. Aber das ist eben auch eine Herausforderung, vor der wir stehen. Das Ehrenamt ist eben gerade dadurch gekennzeichnet, dass wir eben nicht Menschen verpflichten, nicht dafür bezahlen können. Wir können es attraktiv machen, wir können entschädigen, wir können Vorteile anbieten und darüber wollen wir natürlich auch mit Ihnen gemeinsam im Ausschuss diskutieren. Ich freue mich über diese Diskussion, weil sie im Bereich der Feuerwehren immer sehr sachlich geführt wird.


Eine abschließende Bemerkung, Herr Walk, Herr Thamm und auch an die CDU-Fraktion gerichtet, kann mich mir aber an dieser Stelle nicht verbieten. Sie hat nur mittelbar etwas mit diesem Antrag zu tun. In vielen Beratungen beklagen Sie, dass Sie als Opposition nicht beteiligt werden, dass diese Mehrheit von Rot-Rot-Grün sehr überheblich mit ihrer Mehrheit umgehen würde, die Macht missbrauchen würde, Sie niemals irgendwie auch in die Diskussion über die Entwicklung von Positionen mit einbeziehen würde. Ich will Ihnen aus meiner persönlichen Erinnerung im Thüringer Landtag, da ich auch viele Jahre nun hier bin, wiedergeben: Wir haben in dem vorletzten Tagesordnungspunkt angeboten, mit Ihnen einen gemeinsamen Antrag, ein gemeinsames Konzept bei der Sicherung der Außenstellen BStU voranzubringen. Wir haben Ihnen hier gesagt, wir wollen mit Ihnen über Ihren Antrag, über Ihre Vorstellung im Innenausschuss diskutieren. Nehmen Sie aus dieser Bereitschaft, sich mit Ihnen genau zu solchen Sachfragen wie der Feuerwehrsituation in Thüringen auseinanderzusetzen, einfach mal mit, dass das ein Umgang auch mit Opposition ist, wie ich ihn in den letzten 24 Jahre im Thüringer Landtag nicht erlebt habe. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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