Eckpunkte für ein Thüringer Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Tieren

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - <media 761>Drucksache 5/1531</media> -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist Ausdruck einer nachvollziehbaren Einstellung, so viel wie möglich tun zu wollen, um Unfälle, insbesondere solche, bei denen Kinder verletzt werden oder zu Tode kommen, gänzlich ausschließen zu können. Aber es ist sicherlich auch Ausdruck dessen, dass man die eigene Handlungsunfähigkeit nicht akzeptieren will, wenn nach einem solch tragischen Unfall als Erstes der Ruf aus der Politik ertönt, bestehende Regelungen verschärfen zu müssen. Nur manchmal ist es aber eben der Sache nicht dienlich, wenn Politik nur um der Schlagzeile willen oder zur Bedienung einer angenommenen Meinung oder auch nur - allzu verständlich - zur Beruhigung des eigenen Gewissens reagiert, ohne sich die Zeit zu nehmen, einmal zu hinterfragen, ob die geforderten Regelungen auch tatsächlich sachgerecht und sinnvoll sind.


Als im Mai dieses Jahres in Oldisleben ein dreijähriges Mädchen durch eine Hundeattacke tragisch zu Tode kam, reagierten zunächst fast reflexartig die Innenpolitiker von SPD und CDU und forderten unisono eine Verschärfung der landesrechtlichen Regelungen zu gefährlichen Hunden. Insbesondere wurde die Einführung einer sogenannten Kampfhund- oder Rasseliste gefordert und damit der Eindruck erweckt, als hätte mit einer auf diese Weise verschärften Regelung der tragische Todesfall des kleinen Mädchens ausgeschlossen werden können. Wohltuend in den ersten Reaktionen aus der Landespolitik war die Äußerung des Thüringer Innenministers unmittelbar nach dem Vorfall. Um Sachlichkeit und Vernunft bemüht äußerten Sie, Herr Prof. Dr. Huber, gegenüber dem MDR, dass die geltenden Regeln - und gemeint haben Sie da die Thüringer Gefahrhundeverordnung - so schlecht nicht seien. Keine Woche später, offenbar getrieben durch die Innenpolitiker der Koalition und die Berichterstattung in den Medien, vollführten Sie, Herr Minister Huber, nicht nur eine 180-Grad-Wendung, sondern Sie machten sich offenbar zum Ziel, die in der Bundesrepublik schärfsten Regelungen zum Schutz vor gefährlichen Tieren im Freistaat Thüringen einführen zu wollen. Keinen Monat nach dem Todesfall in Oldisleben stellt der Herr Innenminister Huber der Öffentlichkeit seinen Gesetzentwurf vor, der die eben von Ihnen ja schon beschriebenen Eckpunkte enthielt, u.a. die vier als sogenannte Kampfhunde bezeichneten Hunderassen. Der Innenminister demonstrierte damit Handlungsentschlossenheit und kündigte im Rahmen einer Landesmedienkonferenz an, unmittelbar nach der Sommerpause den Gesetzentwurf der Landesregierung in den Landtag einbringen zu wollen. Aber seitdem dieser im Juni veröffentlichte Gesetzentwurf durch Tierärzte und Tierärztinnen, Tierschutzverbände, Hundeexpertinnen förmlich in der Luft bzw. in den Stellungnahmen und im Internetblog des Thüringer Innenministeriums zerrissen worden war, war es lange Zeit still im Haus des Thüringer Innenministers.


Verbunden mit der Kritik in den Stellungnahmen zum Gesetzentwurf waren aber auch zahlreiche Vorschläge aus den Erfahrungen mit der Thüringer Gefahrhundeverordnung und natürlich auch aus Erkenntnissen solch tragischer Unglücksfälle, die sowohl die öffentliche Sicherheit in den Vorschlägen als auch Belange des Tierschutzes berücksichtigten. Diese Vorschläge hat meine Fraktion aufgegriffen und mit dem vorliegenden Antrag, der bereits in der vergangenen Sitzung des Landtags hätte beraten werden sollen, eigene Vorstellungen für künftig in Thüringen geltende Regelungen insbesondere zum Schutz vor gefährlichen Tieren in die parlamentarische Debatte eingebracht. Der Unterschied zu den Vorschlägen der Landesregierung besteht, bezogen auf die Frage des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, darin, dass wir nicht gefühlsmäßig und unabhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen bestimmte Hunderassen als gefährlich deklarieren, sondern zum Schutz der Bevölkerung auch auf die Verantwortung von Hundehaltern und Hundehalterinnen abzielen und bereits bevor ein Hund aufgrund seines Verhaltens durch die zuständigen Behörden als gefährlich definiert wird, bestimmte Regelungen für die Halter aller Hunde etablieren wollen.


Wir bitten Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, darum, sich nunmehr der breit und auch sehr emotional geführten Debatte anzunehmen und gemeinsam mit Fachverbänden und Sachverständigen in den Meinungsaustausch zu treten über tatsächlich wirksame, verhältnismäßige und sachgerechte Regelungsinhalte zum Schutz vor gefährlichen Tieren. Unsere Vorschläge, die meine Kollegin Martina Renner Ihnen noch im Einzelnen vorstellen und begründen wird, liegen ebenso auf dem Tisch wie die der Landesregierung. Ich hoffe, Sie ermöglichen eine sachliche und ergebnisoffene Parlamentsdebatte in den zuständigen Ausschüssen einschließlich der dafür notwendigen Anhörungen von Sachverständigen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall DIE LINKE)


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