Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofgesetzes – Einführung des Amts der Vizepräsidentin beziehungsweise des Vizepräsidenten des Thüringer Verfassungsgerichtshofs

Dr. Iris Martin-Gehl

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5039

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung: Ich spreche im Folgenden zu einem Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofgesetzes. Im Interesse der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit meiner Ausführungen verwende ich dabei die derzeitige Wortwahl des Gesetzes, insbesondere, soweit es um Amts- und Funktionsbezeichnungen geht. Diese sollen stets in männlicher und weiblicher Form gelten, das möchte ich hier ausdrücklich betonen.

 

Nun zu dem Gesetzentwurf: Dieser hat die Einführung des Amts des Vizepräsidenten beim Thüringer Verfassungsgerichtshof zum Gegenstand. Ein solches Amt gibt es derzeit nach dem bisherigen Thüringer Verfassungsgerichtshofgesetz nicht. Nach der bisherigen Regelung setzt sich der Thüringer Verfassungsgerichtshof aus einem Präsidenten und acht weiteren Mitgliedern zusammen, wobei für jedes Mitglied ein eigener Stellvertreter gewählt wird. Im Falle der Verhinderung des Präsidenten ist – anders als bei den weiteren ordentlichen Mitgliedern – nicht der persönliche Stellvertreter aus dem Kreis der nicht ständigen Mitglieder, sondern das dienstälteste berufsrichterliche Mitglied aus dem Kreis der ständigen Mitglieder als Stellvertreter zu berufen. Es gibt also derzeit keine personell fest vorgegebene Stellvertreterfunktion. Welches der in Frage kommenden berufsrichterlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs die Vertretung dann im konkreten Fall ausübt, bestimmt sich allein nach dem Dienstalter. Diese Regelung für die Vertretung des Präsidenten wird mit dem Gesetzentwurf nun geändert, indem das Amt des Vizepräsidenten eingeführt und damit die präsidiale Stellvertretung als solche institutionalisiert wird. Künftig soll es also neben dem Präsidenten einen Vizepräsidenten geben, der – wie der Präsident – eigens für dessen Vertretung vom Landtag eingesetzt bzw. gewählt wird.

 

Vertreter wird demnach nicht mehr ein allein durch das Dienstalter qualifiziertes, ständiges berufsrichterliches Mitglied sein, sondern ein speziell für dieses Amt ausgewähltes, namentlich benanntes Mitglied. Dass dieses Mitglied über dieselben beruflichen Kompetenzen und Qualifikationen für die Leitung des Verfassungsgerichts verfügen muss wie der Präsident, dessen Amt er gegebenenfalls wahrnehmen soll, versteht sich von selbst. Deshalb muss auch der künftige Vizepräsident folgerichtig Berufsrichter sein. Mit der vorgesehenen Wahl durch den Landtag erhält das als Vizepräsident gewählte Mitglied des Verfassungsgerichtshofs eine direkte Legitimation des Parlaments für die Aufgabe, in die Position des Präsidenten einzutreten, wenn dieser verhindert ist. Dass der Landtag selbst diese personelle Entscheidung trifft und diese nicht mehr oder weniger dem Zufall überlässt, bekräftigt die hervorgehobene Position des Präsidenten dieses höchsten Gerichts von Thüringen und verdeutlicht, dass auch dieses Amt einen besonderen Stellenwert hat.

 

Die direkte parlamentarische Legitimation des Stellvertreters für den Präsidenten ist von besonderem Belang, gerade in den Zeiten, in denen der Stellvertreter aufgrund des Ausscheidens eines Präsidenten aus dem Amt bis zur Neuwahl eines Nachfolgers eine Vakanz auszufüllen hat. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, kann eine solche Vakanz des Präsidentenamts über einen längeren Zeitraum andauern. Wir haben das gerade in den letzten Monaten erlebt.

 

Auch und gerade dann wird die vorgesehene Vizepräsidentschaft dem Ansehen und der gesellschaftlichen Stellung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs besser gerecht als das gegenwärtige Vertretungsprozedere. Übrigens beschreitet Thüringen mit der Einführung einer Vizepräsidentschaft beim Verfassungsgerichtshof keinen Sonderweg. Im Gegenteil: in den meisten Bundesländern gibt es aus gutem Grund seit jeher die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene Vizepräsidentschaft bei den Verfassungsgerichten.

 

Mit der geplanten Neuregelung schließt sich Thüringen daher im Grunde nur bewährten Strukturen an, stellt mit Blick auf den Bundesländervergleich quasi den Normalzustand her. Auf Einzelheiten zur Umsetzung der Einführung der Vizepräsidentschaft möchte ich jetzt an dieser Stelle nicht eingehen. Insoweit verweise ich auf die Begründung des Gesetzentwurfs. Es wird im Ausschuss ausreichend Gelegenheit geben, darüber zu diskutieren und sich insbesondere auch mit den Fragen der vorgesehenen Übergangsregelungen im Einzelnen zu befassen. Ich beantrage daher die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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