Digitales Thüringen – Kompetenzen bündeln, Visionen entwickeln und Maßnahmen fördern

Philipp Weltzien

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6297

 

Gut, versuchen wir es mal sachlich.

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen auf der Tribüne und am Livestream, mit dem Antrag versucht sich die CDU-Fraktion, ähnlich wie die FDP-Gruppe in der Vergangenheit, am großen digitalpolitischen Wurf. Es ist am Ende ein wilder Ritt durch Onlinezugangsgesetz, künstliche Intelligenz, Breitbandausbau und E-Government. Das kann man probieren. Ich möchte exemplarisch auf zwei Ihrer Beritte eingehen. In diesem Antrag handelt es sich um einige Punkte, die ich tatsächlich sehr bedenklich finde. Zum Beispiel sollen Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz wesentliche Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst sein. Auffällig ist hier, dass sich die CDU offensichtlich argumentativ neu orientiert hat. Was meine ich damit? Noch vor nicht allzu langer Zeit haben Sie Digitalisierung als Schlüssel für Ihre Phantasien von Personalabbau in der Verwaltung gesehen. Jetzt muss sie dafür herhalten, Fachkräfte zu ersetzen.

 

Liebe CDU-Fraktion, diese Vorschläge werden an dieser Stelle wohl kaum die Lösung sein. Zur Bewältigung des Fachkräftemangels werden in erster Linie immer noch Menschen gebraucht. Digitalisierung, Automatisierung, künstliche Intelligenz können hier nur unterstützend zur Seite stehen. Digitale Verwaltung kann gut ausgebildete Mitarbeiterinnen nicht ersetzen. Wer das behauptet, hat die Anforderungen an eine bürgernahe Verwaltung einfach nicht verstanden. Genauso fahrlässig ist der Glaube, dass die digitale Ausgestaltung von Verwaltungsprozessen ohne dauerhaften Personalaufwuchs in den IT-Abteilungen der Verwaltung zu stemmen sein soll.

 

Liebe FDP, in eurem Alternativantrag einen Personaldeckel einzufordern – das wird die Verwaltung mit Ihren Anforderungen an Prozessmanagement und IT-Management nicht stemmen können. Bisher war eure Antwort darauf, dass sich die öffentliche Hand mehr bei privaten Dienstleistern bedienen soll. Wir können uns alle noch gut daran erinnern. Wir haben vor nicht mal ganz einem Jahr darüber hier debattiert. Von daher freut es mich, dass ihr den Reden zugehört habt und jetzt offensichtlich den kommunalen Thüringer IT-Dienstleister KIV kennengelernt habt und ihn auch stärken möchtet. Das ist ein guter Ansatz, tatsächlich gut erkannt. Einen bedeutenderen Katalysator zur OZG-Umsetzung vor Ort werden wir kaum finden, von daher: alle Kraft dort an diese Stelle.

 

Folgendes möchte ich aber gern noch zusätzlich in den Fokus stellen. In dem Antrag der CDU schreiben Sie in der Begründung zur Breitbandinfrastruktur: „Ein Fokus der Anstrengungen sollte auch auf dem Ausbau der Breitbandinfrastruktur liegen, hier hat Geld alleine das Problem erkennbar nicht beheben können.“ Es stimmt, an der Stelle haben Sie tatsächlich ein Stück weit recht: Eines der Hauptärgernisse ist neben der Finanzierung eben auch die bis dato schlecht modellierte Förderkulisse des Bundes, die die Hauptlast bei der kommunalen Familie ablädt. Jedes Jahr stellen wir hohe Summen zur Verfügung, obwohl das Geld in den Breitbandausbau nur sehr langsam abfließt. Das Problem liegt eben in den aufwendigen Genehmigungsverfahren: Identifikation von Gebäudeeigentümern, Klärung von Wasserwegen, auch das Verlegen von Glasfaserkabeln auf Wirtschafts- und Feldwegen kann mit enormen Hürden verbunden sein. Hinzu kommen komplizierte verkehrsrechtliche Anordnungen. Telekommunikationsunternehmen können ihrer Arbeit nicht nachkommen, weil Städte und Kommunen sie im Verfahren zu wenig unterstützen und das häufig aber auch gar nicht viel mehr können. Da hilft es komischerweise auch nicht, dass die FDP seit einem Jahr in der Bundesregierung sitzt. Der große Turbo im Breitbandausbau lässt trotzdem weiterhin auf sich warten.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Was macht ihr eigentlich?)

 

Flächendeckend braucht es ein besseres Zusammenspiel zwischen Netzbetreibern – seien sie privat oder öffentlich – und Behörden. Um Verfahren zu beschleunigen, sind Städte und Kommunen deswegen maßgeblich für die Umsetzung und Bearbeitung zuständig. Das müssen wir so festhalten. Proaktiv auf die Kommunen zuzugehen und zentrale Ansprechpartnerinnen zu benennen, wird unumgänglich sein, wenn wir beim Breitbandausbau schneller werden wollen und vor allen Dingen, wenn wir dabei unbürokratischer werden wollen. Durch die Arbeit der zentralen Ansprechpartnerinnen können die kommunalen Behörden entlastet und die Erteilung von Genehmigungen beschleunigt werden. Gleichzeitig muss damit auch eine Standardisierung der Genehmigungsverfahren einhergehen und eine Vereinfachung der Prozesse stattfinden.

Liebe Kolleginnen der CDU und der FDP – rückblickend: Ihre Anträge können hier bei wohlwollender Betrachtung maximal ein Auftakt für eine sicherlich notwendige längere Diskussion sein.

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Gibt’s ja nicht!)

 

Beinahe jeder Arbeitskreis, den es hier im Haus gibt, findet einen Happen in Ihren Papieren. Da wird auch wieder deutlich, dass wir es hier mit einem viel größeren Querschnittsthema zu tun haben, als dass wir es weiter in kleinen Häppchen mundgerecht in den einzelnen Ausschüssen weiter beackern. „Bündelung“ ist in Ihren Anträgen das Zauberwort und ja, Bündelung will ich genau an der Stelle auch. Deswegen wiederhole ich mich auch hier: Die politische Gestaltung und Begleitung eines der größten Zukunftsthemen sollte dringend in einem eigenen Digitalausschuss erfolgen. Das ist meine zentrale Aussage an der Stelle. Da es diesen Ausschuss aber noch nicht gibt, freue ich mich auf die Beratung zu Ihren Anträgen im zuständigen HuFA, begleitend im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft, für die wir auch die Zusage der Landesregierung haben, dass sie dort umfangreich berichten wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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