Die Digitalisierung in Verwaltung und Wirtschaft erleichtern – Schriftformerfordernis kritisch überprüfen und anpassen, Behördengänge reduzieren

Philipp Weltzien

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/1131

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Gäste und vor allem auch Gäste im Livestream! Liebe FDP-Gruppe – damals noch, als Sie den Antrag gestellt haben, FDP-Fraktion –, in Ihrem Antrag aus dem letzten Jahr fordern Sie, das Schriftformerfordernis vor allem digital abzubilden, und unterstellen damit, dass die Papierform zukünftig eher eine Ausnahme darstellen sollte bzw. – wenn man Ihre Begründung noch mal genauer liest – am liebsten gleich ganz abgeschafft werden kann. Mit Blick auf Lebensrealitäten, die demografische Entwicklung in Thüringen – das habe ich Ihnen schon ein paar Mal gesagt, wir sind die zweitälteste Bevölkerung bundesweit nach Sachsen-Anhalt – sind solche Forderungen nicht nur gewagt, sondern entsprechen auch nicht den Lebensrealitäten der Bürgerinnen und Bürger.

 

Der doch sehr begrenzte Erfolg von Authentifizierung per eID, also elektronischer Personalausweis, oder beispielsweise auch der grandiose Erfolg von De-Mail zeigen, dass der Weg, den die Bürgerinnen und Bürger mit uns zusammen zu gehen haben, doch noch ein recht weiter wird. Denn nicht jeder Bürger und nicht jede Bürgerin kann beispielsweise eine digitale Unterschrift in ein PDF-Dokument einfügen, es erzeugen und vor allen Dingen auch nicht authentisch übermitteln. Die Argumente zu diesem Antrag hatten wir ja bereits, glaube ich, in einer der ersten Reden, als Ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender – also als Sie noch eine Fraktion waren – mit einem Antrag über Lastenfahrräder gescheitert war.

 

Aus dem Bericht des Finanzministeriums, den Sie im Ausschuss, im HuFA, entgegennehmen durften, haben Sie lesen können, dass ein Artikelgesetz mit einer abstrakten Prüfung von Normen zum Verzicht auf das Schriftformerfordernis nach Einschätzung der Landesregierung nicht zielführend ist. Dieser Auffassung schließen wir uns an. Es wird daher eher angeregt, die zuständigen Behörden im Rahmen der Umsetzung vom OZG Veränderungsbedarfe definieren zu lassen, zu erkennen und auch vor allen Dingen Vorschläge zu machen, damit wir sie dann in ein Gesetz zur Veränderung des Schriftformerfordernisses im Thüringer Verwaltungsrecht einfließen lassen können.

In der Diskussion im Haushalts- und Finanzausschuss, lieber Herr Kemmerich, haben Sie sich darüber beschwert, was den Ermessensspielraum der Behörden angeht, es umzusetzen oder einzuführen. Es wundert mich schon, weil Sie sonst doch so viel auf Freiwilligkeit setzen. Die Liberalen plädieren jetzt tatsächlich dafür, mit der Brechstange von oben herab Zwang zu erzeugen. Eine verpflichtende Anwendung durchzudrücken, ohne die Kolleginnen und Kollegen in den Behörden mitzunehmen, provoziert nichts als Widerstand und vor allen Dingen produziert es nicht die nötige Akzeptanz, die wir für die Umsetzung eigentlich so dringend brauchen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das sollten Sie als Unternehmer eigentlich wissen, Herr Kemmerich.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, Parlamentarische Gruppe der FDP: Wir sind im Jahr 2021!)

 

Bittere Erfahrungen durften wir alle damit machen, wenn man das nicht tut, als die Einführung von SORMAS in den Gesundheitsämtern auf verständlicherweise wenig Gegenliebe gestoßen ist und auch lange Zeit gebraucht hat – die Menschen waren einfach noch nicht bereit.

 

Wie Sie in der Beratung im Ausschuss erfahren haben, bietet das geltende Verwaltungsverfahrensgesetz bereits Möglichkeiten, bestehende gesetzliche Schriftformerfordernisse über elektronische Verfahren zu ersetzen. Bei der geplanten Novellierung des Thüringer E-Government-Gesetzes können wir sicher über die notwendigen Rahmenbedingungen und rechtliche Fragen vertiefend miteinander diskutieren, wenngleich der Zeitplan dafür etwas sportlich werden dürfte.

Ich denke, es ist dennoch deutlich geworden, dass wir den Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP hier an der Stelle heute nicht brauchen, um der Digitalisierung in Thüringen weiter auf die Sprünge zu helfen. Von daher werden wir der Beschlussempfehlung des HuFA folgen und den Antrag ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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