Der öffentliche Umgang mit der ‚Maskenentscheidung‘ des Amtsgerichts Weimar – welchen Respekt und Rückhalt findet die Justiz in der Landespolitik?

Dr. Iris Martin-Gehl

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/3079

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Weimarer „Maskenentscheidung“ hat landesweit eine Welle von Diskussionen ausgelöst, und das ist gut so, denn es ist ein außergewöhnlicher – ich meine, ein abenteuerlicher – Richterspruch. In der Debatte dazu fällt auf, dass sich diejenigen, die die Entscheidung bejubeln, auf Argumente oder – ich müsste vielleicht besser sagen – auf Meinungen berufen, die man von Querdenkern oder – da sollte ich vielleicht besser sagen – Leerdenkern, Corona-Skeptikern, Impfgegnern und Maskenverweigerern kennt. Die Kritiker hingegen setzen sich durchweg juristisch, sachlich damit auseinander und kommen alle zu dem Ergebnis, dass diese Entscheidung wegen grober Rechtswidrigkeit, wegen Kompetenzüberschreitung und schwerwiegender Verfahrensmängel keinen Bestand haben kann. Dieses Signal kommt inzwischen auch aus der Richterschaft selbst und das – so meine ich – spricht für sich. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof etwa hat in einem Beschluss vom 16.04. die Gelegenheit genutzt, die umstrittene Weimarer Entscheidung als „ausbrechenden Rechtsakt“ zu kritisieren. Das Verwaltungsgericht Weimar schließt sich in seinem gestrigen Beschluss dieser Entscheidung an und erklärt, weshalb das Familiengericht Weimar „offensichtlich rechtswidrig“ entschieden hat. Angesichts dieser Bewertung des besagten Weimarer Beschlusses durch unabhängige Gerichte ist es geradezu grotesk, der Landesregierung Geringschätzung der Justiz und Respektlosigkeit gegenüber der richterlichen Unabhängigkeit vorzuwerfen, wie Sie, Herr Möller, das hier tun.

 

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Denn: Die entsprechenden Verlautbarungen des Bildungsministeriums decken sich weitgehend mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts Weimar, eines unabhängigen Gerichts. Im Übrigen hat es gerade die Achtung vor dem Gesetz und dem Recht geboten, öffentlich klarzustellen, inwieweit sich die umstrittene Entscheidung im Rahmen des Rechts bewegt, dem jede Richterin und jeder Richter verpflichtet ist. Es galt, Rechtssicherheit zu schaffen, denn der Beschluss hat Verwirrung gestiftet, Lehrerschaft, Eltern, Schülerinnen und Schüler verunsichert. Dass der dafür gewählte Weg der richtige und der rechtsstaatlich gebotene war, hat das Verwaltungsgericht Weimar im Grunde nun deutlich bestätigt.

 

Die Landesregierung hat erklärt, den Weimarer Beschluss des Familiengerichts obergerichtlich überprüfen zu lassen und dafür die möglichen Rechtsmittel einzulegen. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, ob die gerichtliche Entscheidung besonders schwerwiegende Fehler aufweist und sich offensichtlich so weit von den Regeln unserer Rechtsordnung entfernt, dass die Grenze des rechtlich Erlaubten überschritten ist. Diese Überlegung drängt sich in diesem Fall geradezu auf und hat nicht das Geringste mit Respektlosigkeit gegenüber richterlicher Unabhängigkeit zu tun, denn auch Richterinnen und Richter haben sich an Regeln zu halten, an die Regeln von Recht und Gesetz.

Inwieweit Grenzüberschreitungen vorliegen, hat – wie hier – nun ein unabhängiges Gericht zu entscheiden.

 

Nahezu sprachlos macht mich der Vorwurf, seitens der Landesregierung sei nichts unternommen worden, einer Kampagne gegen den Richter Einhalt zu gebieten. Das haben Sie, Herr Möller, hier ja auch wieder ausgeführt. Sie wollen doch wohl nicht ernsthaft behaupten, dass eine Kampagne geführt wird, wenn auf rechtsstaatlichem Wege – etwa durch Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen – überprüft werden soll, ob ein Richter seine dienstlichen Verpflichtungen korrekt erfüllt hat? Mit der Forderung, etwas dagegen zu unternehmen, meinen Sie wohl, dass die Landesregierung eine offensichtlich rechtswidrige richterliche Entscheidung stützen soll, indem sie wider besseres Wissen öffentlich agiert und dafür argumentiert? Diese Vorstellung ist so absurd, dass mir die Worte fehlen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ja, das macht einfach sprachlos. Deshalb werde ich auch meinen Beitrag an dieser Stelle beenden. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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