Den Gemeinschaftsteueranteil von Kommunen und Ländern vergrößern und die vertikale Verteilung der Gemeinschaftsteuereinnahmen gerechter gestalten: Das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern reformieren

Sascha Bilay

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/6455

 

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will durchaus für die ganzen drei Regierungsfraktionen reden. Herr Kießling, Sie haben ja eben betont, dass Sie den Anteil der Länder und der Kommunen am Gesamtsteueraufkommen bundesweit entsprechend erhöhen wollen. Sie sind aber überhaupt nicht darauf eingegangen – und das belegt noch mal, dass Sie sich mit der Materie überhaupt nicht beschäftigt haben –, dass die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen inzwischen so komplex sind, und zwar nach der Finanzreform 1969 so komplex sind, dass man da gar nicht einfach so an einem Schräubchen drehen kann in der Erwartung, wie Sie das eben dargestellt haben, um zu Mehreinnahmen zu führen, dass Sie am Ende eben auch ignorieren, dass der Finanzausgleich nicht umsonst Ausgleich heißt, ein Ausgleichssystem ist. Es sind also kommunizierende Röhren, die in einem System miteinander verwoben sind. Wenn Sie an der einen Stelle da etwas verändern, hat das unmittelbare Auswirkungen an anderer Stelle. Darauf sind Sie überhaupt nicht eingegangen. Wenn Sie also dem Bund Einnahmen entziehen wollen, müssen Sie auch gleichzeitig sagen, wie diese Mindereinnahmen beim Bund kompensiert werden sollen. Insofern ist Ihr Vorschlag in dieser Frage rein populistisch, aber wenig seriös.

 

Der Antragstext an sich ist sehr banal, es ist ja auch Banalität des Bösen bei Ihnen, aber die politische Botschaft steckt in der Begründung. Und die Begründung, die muss man sich auch schon noch mal genau anschauen. Sie arbeiten da mit Begriffen, wie „Gerechtigkeit und Fairness“. Mit Gerechtigkeit und Fairness übertünchen Sie aber nur Ihre Hetze, die in dem Antrag drinsteht und die Sie auch eben hier noch mal zu Protokoll gegeben haben. Sie zielen darauf ab, dass Menschen aus der Ukraine zu uns nach Deutschland kommen, aber mit keinem Wort

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ich habe auf die Kosten abgestellt!)

 

haben Sie erwähnt, dass die Menschen flüchten, weil in ihrem Land Krieg herrscht, weil Russland die Ukraine überfallen hat.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das thematisieren Sie nicht. Und in Ihrem Antrag schreiben Sie sogar – Zitat – von der „sogenannten Energiewende“. Auf die Notwendigkeit, dass wir in der Politik umsteuern müssen, weil wir einfach mit einer Klimakrise konfrontiert sind, gehen Sie gar nicht ein, auch nicht auf die Ursachen des ökologischen Raubbaus. Also selbst die Klimakrise ist Ihnen nicht schade genug, um das noch mal zu leugnen und hier komische Sachen zu erzählen.

 

Und was sie eben gesagt haben, eine finanzielle Schieflage bei den Kommunen sei eingetreten – ich will Ihnen hier jetzt gar nicht vorbeten, was im Finanzausgleich an Finanzzuweisung des Landes für die Kommunen enthalten ist, wie viele Millionen, Hunderte von Millionen Gelder in anderen Bereichen des Landeshaushalts noch mal enthalten sind. Ich will Ihnen einfach nur sagen, dass die Überschüsse der Kommunen im letzten Jahr 200 Millionen Euro betragen haben. Sie sollen ja angeblich mal Steuerberater gewesen sein, Sie müssen sich mit Zahlen auskennen. Aber wenn Sie am Ende Plus und Minus zusammenrechnen und es kommen 200 Millionen Euro Überschuss raus, wie Sie da von einer Schieflage der kommunalen Ebene reden können, erschließt sich mir nicht.

 

(Unruhe AfD)

 

Neben dem, was ich eben gesagt habe, will ich aber auch noch mal nachweisen, mit welcher Inkompetenz Sie sich da an Ihre Rede gemacht haben. Sie schreiben davon – haben das eben auch noch mal erklärt –, dass die kommunalen Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten seien in den letzten Jahren durch die Pandemie und auch durch die Energiepreiskrise und dass daran insbesondere die Politik von Rot-Rot-Grün schuld sei. Ich weiß nicht, in welcher Realität Sie in den letzten Jahren gelebt haben, aber gerade mit Blick auf den Energiesektor muss ich einfach feststellen, dass gerade die Rekommunalisierung von E.ON sich in den letzten Jahren positiv auf die kommunale Ebene ausgewirkt hat. Sie hat für Energiestabilität gesorgt, Sie hat für eine Versorgungssicherheit gesorgt und sie hat im Übrigen auch für Einnahmen auf kommunale Ebene gesorgt. Das war ein Projekt, was vor gut zehn Jahren in Thüringen mustergültig in der Bundesrepublik gemacht wurde.

 

Das war übrigens ein Erfolgsprojekt, wo – ich will es an dieser Stelle noch mal sagen auch für die Kolleginnen und Kollegen der CDU – CDU und Linke gemeinsam an einem Strang gezogen haben. Es war nämlich die damalige CDU-Ministerpräsidentin Lieberknecht mit dem damaligen Linken-Fraktionsvorsitzenden Ramelow, die sich starkgemacht haben, dass dieses Rekommunalisierungsprojekt von E.ON auch funktionieren kann. Die Erfolge sehen wir bis heute.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Auch die Sparkassen in Thüringen stehen einzigartig gut in der Bundesrepublik da. Das kann auch daran liegen, dass Rot-Rot-Grün eine gute Kommunalpolitik gemacht hat.

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sie haben keine Ahnung!)

 

Das kann aber auch daran liegen, dass wir in Thüringen das einzige Bundesland sind, dass sich mit einem westdeutschen Bundesland in einem Sparkassen-Giroverband, nämlich Hessen-Thüringen, befindet. Dass gerade die kommunalen Sparkassen in Thüringen in den letzten drei Krisenjahren Gewinne erwirtschaftet haben, ist dafür auch beispielgebend.

 

Herr Kießling, ich weiß ja auch nicht, wo Sie die letzten Tage gewesen sind. Dass Sie die letzten drei Jahre abwesend gewesen sind, ist ja das eine, aber dass Sie die letzten drei Plenartage irgendwie abwesend gewesen sind, ist das andere.

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sie haben wahrscheinlich schlechte Augen!)

 

Ich habe keine schlechten Augen, ich habe sogar so gute Augen, dass ich jetzt noch ein paar konkrete Zahlen vortragen will. Der Bund hat seit letztem Jahr mehrere Milliarden Euro aus dem Umsatzsteueraufkommen auch den Ländern zur Verfügung gestellt, damit die das an die Kommunen weiterleiten für die Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen insbesondere aus der Ukraine. Das waren im letzten Jahr für die Thüringer Kommunen 49,5 Millionen, die haben wir hier im Landtag beraten und beschlossen und haben das den Kommunen letztes Jahr weitergeleitet.

Dann gab es noch einmal 1 Milliarde Euro, das sind rund 36, 37 Millionen Euro für Thüringen gewesen. Da haben wir im Landeshaushalt beschlossen, dass davon erst einmal 12,5 Millionen zur Verfügung gestellt werden, damit auf kommunaler Ebene die Wohnungsunternehmen die Wohnungen herrichten können. Das entlastet am Ende auch die Kommunen in diesem Jahr und in den Folgejahren, weil dann auch Wohnraum zur Verfügung steht, der für Flüchtlinge genutzt werden kann. Damit profitieren am Ende auch die Kommunen.

 

Wir haben gerade erst dieses Plenum ein Gesetz beschlossen, dass noch mal 49 Millionen – auch das sind Bundesmittel aus dem Umsatzsteueraufkommen – für die Kommunen bereitgestellt werden, um sie von den zusätzlichen Sozialausgaben SGB II, SGB XII und SGB IX zu entlasten. Darin eingeschlossen – vielleicht haben Sie es auch nicht gelesen, aber dann seien Sie wenigstens so ehrlich und stellen sich hin und sagen, Sie haben keine Ahnung von dem, was Sie machen – aber in dem Gesetz haben wir auch beschlossen, dass beispielsweise die Kommunen noch mal entlastet werden sollen bei der Schülerbeförderung. Insofern habe ich noch mal versucht nachzuweisen, welchen Blödsinn Sie da aufgeschrieben haben, welchen Blödsinn Sie hier vorgetragen haben, dass alles, was Sie da aufgeschrieben und gesagt haben, einfach nur falsch ist, vor Widersprüchen einfach nur so strotzt. Deswegen bleibt uns nichts anderes übrig, als das Ding einfach nur abzulehnen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien