Das grüne Herz Deutschlands schützen – Kalamitätsholzbeseitigung effizient gestalten

Dr. Marit Wagler

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/2597

 

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, liebe Gäste, der Wald steht nicht zuletzt durch die Entwicklung in den letzten drei Jahren öfter mal im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung. Die hohen Ansprüche unserer Gesellschaft an die Artenvielfalt oder die Erholung in Corona-Zeiten und vieles mehr müssen von einem Wald erfüllt werden, der sich aufgrund der Klimaveränderungen für alle Bürgerinnen und Bürger in einem sichtbar schadhafteren Zustand befindet. Im dritten Jahr der Extremwitterungsereignisse stehen wir nun vor großen Freiflächen, vielen aufgelichteten und zerstörten Waldbeständen und millionenfachen kranken Bäumen. Nicht nur die Fichte, auch unsere so standfesten Eichen und Buchen sind geschwächt und sterben in zunehmenden Maße ab. Ein Handeln auf allen Ebenen tut not.

 

Als Folge der Dürrejahre können wir nun sichtbar und fühlbar auch die Auswirkungen des Klimawandels spüren. Thüringen ist nun 2019 mit einer neuen Situation konfrontiert worden: mit großflächigen Waldbränden. Für die Brandbekämpfung in unwegsamem Gelände hatten wir in Thüringen nicht die notwendigen Voraussetzungen. Bayern hatte dann mit dem Einsatz von Löschhubschraubern geholfen.

 

Insgesamt gab es im Bereich der Waldbrandbekämpfung in den letzten zwei Jahren allerlei Verbesserungen, gerade was die Ausrüstung mit Feuerwehrequipment wie Löschrucksäcken und anderer Spezialtechnik angeht. Auch eine entsprechende Handreichung, ein „Handbuch Vegetationsbrandbekämpfung“, unterstützte Feuerwehren, Landkreise und Gemeinden. In der Konsequenz hat das Innenministerium für mehr Löschhubschrauber in Thüringen gesorgt und ThüringenForst hat die vom Landtag bereitgestellten Gelder genutzt, um alte Flößteiche und andere Stauanlagen im Wald zu ertüchtigen.

 

Der beste Weg, der klimabedingten Vergrößerung der Waldbrandgefahr etwas entgegenzusetzen, sind neben den Klimaschutzmaßnahmen die Verbesserung des Wasserrückhalts im Land. Die Linke hat sich immer dafür eingesetzt, landwirtschaftliche Bewässerungsspeicher zu erhalten und den Grundwasserspiegel zu erhöhen, um das Löschwasserdargebot zu sichern. Jeder Erhalt auch von kleinen Gewässern hilft hier. Auch im Zuge der Gewässerrenaturierung sind bei der Beseitigung von Querbauten Rückhaltemöglichkeiten verloren gegangen, wo wir im Rahmen einer zukünftigen Klimaanpassung für Ersatz sorgen müssen.

 

Die Etablierung von Schnittstellen der technischen und zivilen militärischen Zusammenarbeit und regelmäßige Übungen, wie im Antrag gefordert, sind aus unserer Sicht überflüssig, da bereits Schnittstellen existieren, nämlich die Rettungsleitstellen in Thüringen. Statt zusätzlich Einrichtungen zu schaffen, wäre es viel wichtiger, die Leitstellen zu ertüchtigen und auf den neuesten Stand der Technik zu bringen bzw. dort zu halten. Diesen Weg gehen die Koalitionspartner aktuell im Zuge der Strukturoptimierung der Leitstellen, wofür 2020 und 2021 insgesamt rund 5,5 Millionen Euro bereitstehen und in den kommenden Jahren weitere 20 Millionen Euro bereitgestellt werden. Im Bereich des Katastrophenschutzes ist es ähnlich. Was aus unserer Sicht hier noch besser gemacht werden, kann ist die Beschaffung einer landeseinheitlichen Stabssoftware für alle Aufgabenträger im Katastrophenschutz sowie eine professionelle einheitliche Einsatzleitsoftware in den Leitstellen. In diese Richtung müsste es gehen. Der FDP-Antrag sieht weiterhin eine Prüfung zu Löschwasserentnahmestellen bis 2020 vor. Hier kommt die FDP aber einfach zu spät. Der Innen- und Kommunalausschuss hat erst letzte Woche mehrheitlich eine gemeinsame Anhörung mit Feuerwehr- und Katastrophenschutzverbänden beschlossen, bei denen es um das Verbesserungspotential der Löschwasserbevorratung, mögliche Sanierungsmaßnahmen und verbesserte Ausstattungsmöglichkeiten im Bereich der Einsatzkräfte gegenüber den Waldbränden geht. In Thüringen ist der vorliegende Antrag insofern hier sachlich überflüssig, da bereits zum Themenkomplex nicht nur eine fachliche Ausschussbefassung läuft, sondern längst ein Anhörungsverfahren initiiert ist. Darüber hinaus ist die Erweiterung der Löschwasserentnahmestellen bereits Teil des Aktionsplans Wald.

 

Liebe FDP, Ihr Antrag zur Kalamitätsholzbeseitigung, da kann ich nur sagen, ein jegliches hat seine Zeit. In den letzten Jahren war es tatsächlich so, dass so viel Holz auf dem europäischen Markt war, dass es dafür keinen Platz, keine Abnahme mehr gab. Aktuell können Waldbesitzer gerade das Borkenkäferholz vom Jahr zuvor noch zu guten Konditionen verkaufen. Die damaligen Diskussionen, Holz in Müllverbrennungsanlagen, Kohlekraftwerken und ähnlichem loszuwerden, sind vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage völlig überholt. Außerdem hätte man dafür auch noch Geld bezahlen müssen. Für frisches Käferholz bekommt man aktuell bis zu 100 Euro pro Festmeter und älteres Käferholz bringt allemal noch mehr ein als der Einschlag kostet.

 

In anderen Regionen Deutschlands und Europas hat man sein Käferholz schon aufgearbeitet und so werden auch Unternehmerkapazitäten frei und stehen jetzt Thüringen zur Verfügung. Zum Beispiel gibt es Unternehmen aus Österreich und Bayern die jetzt nach Thüringen kommen. Dennoch ist und bleibt die nachhaltige Forstbewirtschaftung für die Verantwortlichen im Wald defizitär.

 

Das wirkliche Problem in Thüringen ist dort, wo kleinteilige Besitzstrukturen eine effiziente Aufarbeitung des Käferholzes verhindern. Der durchschnittliche Waldbesitzer hat in Thüringen einen Hektar Wald, im schlechtesten Fall noch verteilt auf verschiedene Grundstücke. Wenn nun ein Borkenkäfernest auf verschiedene Waldbesitzer verteilt ist, wo auch gern einmal eine Erbengemeinschaft und unbekannter Waldbesitz darunter sind, wird es schwer. Solche Strukturen machen eine effiziente Borkenkäferbekämpfung schwer bis unmöglich. Hier wäre dann der Schutz des Waldes und seiner Ökosystemdienstleistungen wichtiger als der Schutz des Eigentümers oder das Interesse am maximalen Ertrag.

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zum Alternativantrag der AfD frage ich mich nur, warum nicht zurückziehen oder wenigstens aktualisieren? Alle Welt stöhnt über hohe Bauholzpreise und Sie wollen einen wertvollen Rohstoff, der so viele Jahrzehnte zum Wachsen gebraucht hat mal eben im Kohlekraftwerk vernichten. Das hat mit Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz gar nichts zu tun.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir müssen alles tun, um die wertvollen Fichten, die von Borkenkäfern angeflogen werden, einer ordentlichen stofflichen Verwertung zuzuführen, denn es sind die dicken Stämme und nicht die jungen Bäume, die angeflogen werden. Ihre Holzmarktanalyse ist einfach nicht mehr aktuell. Wir brauchen nicht mehr Lager, der Abfluss des Holzes ist quasi sichergestellt. Wir verkaufen gerade notgedrungen unsere Holzvorräte der nächsten Jahrzehnte. Es gibt gerade eben kein Angebot, sondern einen Nachfragemarkt und natürlich kam es auch bei ThüringenForst unter Corona zu Einschränkungen im Betriebsablauf, aber bestimmt nicht zum Personalabbau. Einen Neuwert Ihrer Forderungen können wir nicht erkennen. Da Sie diesen Antrag auch für Ihre Corona-Polemik benutzen, ist es Ihnen mit der Thüringer Waldkatastrophe offenbar auch nicht so ernst. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

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