Chancen der Digitalisierung im Gesundheitssystem nutzen: Thüringer Aktionsplan Gesundheitskompetenz 4.0 vorlegen

Philipp Weltzien

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/1716

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer am Livestream! Wahnsinn, was man aus diesen Anträgen hier für eine Rede machen kann. Keine Ahnung, wo er das hergeholt hat. Herr Abgeordneter Montag, Respekt, wie man aus so wenig so viel machen kann!

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Über Ihre medizinischen Kompetenzen als Vollversorger lasse ich mich nicht aus, das ist nicht mein Kerngebiet. Dass Sie allerdings auf digitalpolitischer Ebene doch eher als Discounter bzw. Restpostenmarkt daherkommen, das werde ich Ihnen in den nächsten Minuten noch mal kurz erläutern.

 

In den vier Anträgen, die wir hier vorliegen haben und die wir glücklicherweise alle in einem Tagesordnungspunkt abarbeiten dürfen, stehen so markige Schlagworte wie „E-Health“, „MedTech-Cluster“ oder „Digital Divide“. Die Ideen dahinter sollen sehr viel Großes versprechen, sind aber beim Lesen der Anträge doch wenig innovativ und einfach nicht zu Ende gedacht. Die FDP-Fraktion setzt damit eine Reihe von Anträgen im Plenum zum Thema „Digitalisierung“ fort, deren Ausführungen bereits von der Landesregierung in der Umsetzung sind.

 

Da ich jetzt hier wirklich darauf verzichte, lange Reden zu schwingen am Freitagnachmittag, möchte ich nur auf ein paar Aspekte eingehen, und zwar hier in dem Falle ganz konkret auf Ihre zwei Papiere, Anträge in Drucksachen 7/1716 und 7/1713 aus 2020. In Drucksache 7/1716 wird von einem Aktionsplan Gesundheitskompetenz 4.0 geredet, indem die digitale Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten, besonders der von älteren Menschen gefördert werden soll. Ich gebe Ihnen ja insoweit tatsächlich auch recht, dass dies, was Sie da vorhaben, ohne Medienkompetenz und ohne entsprechende Kompetenz an Endgeräten einfach nicht funktionieren kann.

 

Problematisch finde ich allerdings bei der Geschichte, liebe FDP-Fraktion, dass Sie immer davon ausgehen, dass alle über smarte Endgeräte verfügen und dass jeder auch damit umgehen möchte und dass alle ein Smartphone besitzen und dieses alle benutzen können, dass das alles so selbstverständlich ist. Sie versuchen das immer so zu verkaufen, als wäre die Gesellschaft schon so weit, dass es alles ohne Probleme ablaufen kann.

 

Sie haben mir im letzten Plenum Altersdiskriminierung vorgeworfen – ich habe es noch mal im Protokoll nachgelesen –, weil ich gesagt habe, dass es vor allen Dingen ältere Menschen sind, die Probleme bekommen werden, diese smarten Endgeräte so zu verwenden, dass sie auch tatsächlich sinnvoll genutzt sind. Ich persönlich sage Ihnen eines an dieser Stelle: Das ist aus meiner Sicht keine Diskriminierung, wenn ich das so deutlich sage, sondern das ist Anerkennung von Lebensrealitäten.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Außerdem gibt es aber eben auch jüngere Menschen, die sich bewusst gegen smarte Endgeräte wenden, die sich bewusst dazu entscheiden, auf das Smartphone zu verzichten. Und das Thema „Digitales Fasten“ ist eben nicht mehr nur noch um Ostern ein Thema, sondern eben in einer ganzen Generation mittlerweile auch durchaus bekannt. Und wie schon beim letzten Mal – der eine oder andere erinnert sich vielleicht – möchten Sie jetzt hier mit dem großen digitalen Holzhammer auf alles Analoge draufhauen und glauben, damit was Brauchbares für die Bürgerinnen und Bürger zu fabrizieren. Ich denke, es ist eher sinnvoll, mehrere Möglichkeiten offenzuhalten und die digitale Gesundheits- und Medienkompetenz nicht allein auf die Patientinnen abzuwälzen, sondern besonders Praxen, Krankenhäuser und Dienstleistungsunternehmen im Gesundheitsbereich in die Pflicht zu nehmen.

 

Und dann schauen wir in den zweiten Antrag rein, zu dem ich reden möchte. Sie fordern im Bereich der Thüringer Hochschulen mehr Zusammenarbeit, um Ihre Innovationscluster zu etablieren. Konkret fordern Sie eine übergreifende Partnerschaft der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität und des Instituts für Biomedizinische Technik und Informatik der Technischen Universität Ilmenau. Eine solche Zusammenarbeit ist immer zu begrüßen, aber auch hier wirkt Ihr Antrag einfach etwas aus der Zeit gefallen. Denn der Ausbau der Gesundheitswissenschaften mit Blick auf die Thüringer Gesundheitswirtschaft ist längst eines der Spezialisierungsfelder in den Leitlinien zur Hochschulentwicklungsplanung 2025, die bereits vor drei Jahren

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Das ist doch die Katastrophe!)

 

dem Thüringer Landtag vorgelegt wurden. Dabei war die regionale Vernetzung im Bereich der Ingenieurswissenschaft ein Ergebnis der Evaluierung durch den Wirtschaftsrat aus dem Jahr 2017, indem der Ausbau der regionalen Vernetzung auch ein Themenfeld der Medizintechnik ist.

 

Lassen Sie mich noch ein paar Gedanken äußern: Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nach der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage vom 7. April Ihre Anträge, die wir jetzt hier behandeln, einfach noch mal überarbeitet hätten. Oder Herr Montag, ich versuche es mal, in einer Sprache zu formulieren, die Sie offensichtlich lieber sprechen als deutsch: Ihre frühe Beta-Version der Anträge hätte dringend ein Update, wenn nicht ganz sogar ein Upgrade gebraucht, um es mit viel Augenzudrücken überhaupt noch als early access releasen zu können.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Der Antwort der Landesregierung können Sie zum Beispiel entnehmen, dass es im Jahr 2020 bereits eine Arbeitsgruppe zum Entwurf einer „eHealth-Strategie Thüringen“ gegeben hat und dass diese darüber mit dem Kernelement einer stärker digitalen, datenbasierten Gesundheitsversorgung und der strategischen Ausrichtung der weiteren Digitalisierung des Thüringer Gesundheitswesens beraten hat. Diese Arbeit soll in diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Das nächste Ziel ist, in einem umfassenden Konsultationsprozess möglichst viele in Thüringen arbeitende Verbände, Organisationen und Institutionen einzubeziehen. Ihre Ideen, sei es in Anträgen oder Strategiepapieren einzelner Abgeordneter Ihrer Fraktion, zum Thema „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ werden von dieser Landesregierung bereits umgesetzt. Wir werden daher diese Anträge ablehnen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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