Beschäftigte des Automobilzulieferers Marelli Automotive Lighting in Brotterode brauchen eine Perspektive – Thüringen muss um den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen

Andreas Schubert

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 7/8081

 

Sehr geehrter Herr Präsident, ich möchte für die Linksfraktion hier anstelle der Kollegin, die kurzfristig verhindert ist, noch mal betonen und anknüpfen an das, was die Vorredner hier schon ausgeführt haben. Die Entwicklung beim Automobilzulieferer Lighting Brotterode reiht sich in eine immer länger werdende Leidenskette der Branche in Thüringen. Und diese Namen, die genannt wurden, auch von Dr. König, wie NORMA Group in Gerbershausen, Vitesco/Continental in Mühlhausen oder auch die Arbeitsplätze, die bei Eaton verloren gegangen sind in Nordhausen, es ging immer so um 150 bis 200 Arbeitsplätze, zeigen doch eins: Das Muster zieht sich jetzt auch in Brotterode durch. In fernen Unternehmenszentralen, weit weg vom Standort Thüringen, werden Entscheidungen getroffen, um Rendite zu maximieren. Und da geht es eben nicht mehr darum, was mit den Familien passiert, die jahrelang die Dividenden erarbeitet haben, die diese Konzerne ausgeschüttet haben. Da geht es auch nicht darum, ob es eine Perspektive für diese Region, für diesen Wirtschaftsstandort gibt, sondern dort wird knallhart mit dem Messer sozusagen eine Renditevorgabe gesetzt. Und wenn die nicht erfüllt wird, werden die Standorte abgemeldet. Das muss uns doch aufhorchen lassen bei all diesen Debatten um die zukünftigen Strukturen hier auch am Wirtschaftsstandort in unserem Land. Das haben wir natürlich auch mitgehört, um noch eine andere Arbeitskampfstelle zu beleuchten, wo wir im Herbst 2021 den großen Aufschrei hatten: bei Opel in Eisenach – zu Recht! Als wegen fehlender Halbleiter die Produktion zeitweise eingestellt wurde und wo manche hier im Haus, zum Beispiel die Kollegen der FDP, überhaupt gar nicht verstanden hatten, warum sich Politik um den Erhalt dieser Automobilindustriearbeitsplätze bemühen muss.

 

Deswegen sage ich ganz klar hier für die Linksfraktion, auch wir rufen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Brotterode zu: Wir stehen solidarisch an eurer Seite in diesem Arbeitskampf, wir möchten, dass dort eine Perspektive für Industriearbeitsplätze in Thüringen entwickelt wird. Und diese Perspektive für Industriearbeitsplätze in der Zukunft, in einer neuen Zeit, einer Zeit einer dekarbonisierten Wirtschaft, werden wir nur schaffen, wenn wir jetzt diesen Transformationsprozess fair organisieren. Und den kann man nur gemeinsam mit den Kompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier in diesem Land fair organisieren. Dafür haben wir die Instrumente geschaffen.

 

Und, Herr Laudenbach, weil Sie hier für AfD wieder Ihre Rede vorgelesen haben, die man Ihnen aufgeschrieben hat. Sie sind an der Stelle ja wieder ein Beleg des doppelten Totalausfalls. Nachdem Ihr Kollege Aust vorhin schon den Abgesang der AfD an Umverteilung hier vorgetragen hat, haben Sie sich ja mit Ihrer Nachfrage als Wirtschaftsausschussvorsitzender ein weiteres Mal völlig delegitimiert. Denn Sie fragen hier, was denn ein möglicher Ausweg aus der Situation wäre. Ich kann Ihnen das sagen. Thüringen ist im Bereich der Automobilzulieferer ein wettbewerbsfähiger Standort. Auf Landesebene sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Aktivitäten umgesetzt worden, um die Thüringer Automobilindustrie bestmöglich bei der Bewältigung des Strukturwandels zu unterstützen. Das war regelmäßig Thema im Wirtschaftsausschuss, wo Sie ja normalerweise mehr schlecht als recht versuchen die Sitzung zu leiten.

 

So wurde als Ansprechpartner zum Beispiel für Unternehmen der Automotive-Industrie in Thüringen eine Transformationsagentur bei der LEG eingerichtet. Seit 2011 schon berät und unterstützt die Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung im Auftrag des Freistaats potenzielle Arbeits- und Fachkräfte bei den beruflichen Möglichkeiten in Thüringen bei Thüringer Arbeitgebern aller Branchen zu Fragen der Mitarbeiterbindung und Gewinnung. Seit 2019 wird die Geschäftsstelle des Automotive Thüringen als Innovationscluster durch die Landesregierung gefördert. Zu deren wesentlichen Aufgaben gehört unter anderem die Vernetzung als Branchenakteure inklusive der Orientierung und Sensibilisierung für Mitgliedsunternehmen. Da werden Trends herausgearbeitet auch im Sinne von Studien, die betrieben werden, wo sich zukunftsfähige Perspektiven für Wertschöpfungsketten ergeben.

 

(Zwischenruf aus dem Hause)

 

Natürlich funktioniert das. Da gibt es genügend gute Beispiele hier im Land. Sie müssen sich halt einfach nur mal sachkundig machen.

Wir stehen jetzt kurz davor, die Technologieberatungsstelle einzuführen, dafür hat der Landtag nicht zuletzt auch mit der Haushaltsbeschlussfassung einen Weg geebnet, damit Gewerkschaften mit den Kompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als Anlaufstelle dienen können, um hier auch in Zukunft diese Wertschöpfungsketten weiterzuentwickeln.

 

Wir möchten als Linke vor dem Hintergrund der Mobilitätswende gemeinsam mit Beschäftigten und Unternehmen die Transformation der Automobilindustrie vorantreiben. Genau, weil wir daran glauben, dass Thüringen als Wirtschaftsstandort eine Zukunft hat und weil wir glauben, dass dekarbonisierte Wertschöpfungsketten gerade die Sicherheit für Industriearbeitsplätze auch im Freistaat erhöhen. Deswegen sagen wir, wir müssen diesen Prozess beschleunigen, wir müssen ihn unterstützen mit den Möglichkeiten, die das Land hat. Es gibt auch in Brotterode die Möglichkeit, für diese Entwicklung eine Zukunftsperspektive zu organisieren. Dazu gehören aber immer zwei, einmal die politische Ebene und auch das Unternehmen. Und das ist für uns nur schwer erreichbar. Deswegen müsste eigentlich der Aufruf an uns selber lauten, wir brauchen in Zukunft mehr Unternehmenszentralen hier im Land, damit wir tatsächlich gemeinsam mit den Beschäftigten diesen Prozess organisieren können. Das ist die Lehre zumindest für mich aus all den Arbeitskämpfen in Gerbershausen, in Mühlhausen, in Nordhausen und jetzt auch in Brotterode. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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