Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes – Unterrichtung des Landtags nach § 31 Abs. 2 der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO)

Zur Unterrichtung durch die Finanzministerin – Drucksache 6/515


Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Tischner, uns vorzuwerfen, wir würden mit angezogener Handbremse in der Bildungspolitik, in der Jugend- und Sportpolitik agieren, das ist schon ein starkes Stück. Über fünf Jahre, mindestens die letzten fünf Jahre haben alle Lehrer, alle Schulleiter den Karren, das Auto, was sich Schulpolitik, Bildungspolitik nennt, von hinten, immer nur mit Bremslichtern gesehen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Verantwortlich dafür war Ihr Finanzminister. Ihr Finanzminister ist dafür verantwortlich, dass wir einen massiven Unterrichtsausfall übernommen haben.


(Unruhe CDU)


Der Alt-Bildungsminister hat hart darum verhandeln müssen, um dort etwas Entspannung reinzubringen, es ist ihm leider nur zum Teil gelungen. Aber wir – Rot-Rot-Grün – sind es jetzt, die diese Baustelle tatsächlich angehen und dort bessere Bedingungen schaffen werden.


Nichtsdestotrotz, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist Thüringen im Bereich Bildung alles in allem gut aufgestellt. Im nationalen Vergleichsstudium belegen wir regelmäßig vordere Plätze. Dies haben wir vor allem den Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern sowie den Schulleitern zu verdanken, welche durch ihre engagierte und motivierte Arbeit dies erst möglich machen. Es ist nicht nur das Geld, welches diese Ergebnisse bringt, es ist die hervorragende Ausbildung und die pädagogische Arbeit gerade auch der älteren Kolleginnen und Kollegen in den Schulen, es ist ihre Bereitschaft, sich auf neue pädagogische und gesellschaftliche Herausforderungen auch tatsächlich einzustellen im Sinne der besten Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen. Dafür seitens meiner Fraktion allen Pädagoginnen und Pädagogen meinen Dank und meinen Respekt.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Tischner, Sie haben gesagt, die CDU hält sich nach der Wahl an das, was sie vor der Wahl versprochen hat. Nun können Sie viel versprechen, Sie müssen es ja nicht umsetzen. Fakt ist, das, was Sie vorher versprochen haben, was Sie 2009 versprochen haben, haben Sie eben nicht umgesetzt.


(Unruhe CDU)


(Beifall DIE LINKE)


Im Koalitionsvertrag von 2009 steht die Einstellung von 2.500 Lehrerinnen und Lehrern. Tatsächlich wurden es etwas mehr als 2.000. Wir haben uns realistisch auch mit Blick auf die Alterssituation an den Schulen auf 500 Neueinstellungen mindestens jedes Jahr verabredet. Und was sehen wir? Wir nehmen sie tatsächlich vor. Wir setzen es um. Das ist ein wichtiger Schritt: Verlässlichkeit und keine Zahlentricks. Gute Bildung braucht ausreichend und motivierte Lehrkräfte. Wir als Rot-Rot-Grün liefern. Vorbei ist die Zeit, in der der Finanzminister die Bedingungen an den Schulen vorgab. Vorbei ist die Zeit, in der um gute Bedingungen bei der Bildung gefeilscht und ein Kuhhandel daraus gemacht worden ist. Die Schulen, die Gewerkschaften, Verbände, die Landesschüler- und Landeselternvertreter haben mehr als einmal in den letzten Jahren angemahnt, die Zusagen des Koalitionsvertrags auch tatsächlich einzuhalten. Während unaufhörlich Unterrichtsausfall gestiegen ist, Mehrbelastung durch Mehrarbeit und Abordnung gestiegen sind, können die Schulen, die Schulleiter und Lehrkräfte heute sagen: Heute ist ein guter Tag für die Bildung, den Rot-Rot-Grün hält Wort!


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Jetzt erzählen Sie mir mal, was Sie gemacht haben!)


Dabei, sehr geehrter Herr Tischner, sind 500 neue Lehrerstellen nicht nur hinsichtlich der Einlösung von Wahlversprechen wichtig, es ist auch wichtig, um eine gesunde Altersstruktur an die Schulen zu bekommen. Es ist wichtig, um neue pädagogische Methoden und Konzepte in die Schulen zu bringen. Und Sie haben vorhin in der Anfrage oder in der Frage, in der mündlichen Frage noch mal gefragt: Wie sieht es denn mit der Altersstruktur aus an den Thüringer Schulen? Da frage ich mal zurück: Wer ist denn dafür verantwortlich? Es waren die Gewerkschaften, nicht alle Gewerkschaften, es war eigentlich nur eine Gewerkschaft, die verantwortlich damals den Floatingvertrag eingegangen ist. Und es waren die Pädagoginnen und Pädagogen, die den Personalabbau zurückgedrängt haben, die ihn aufgehalten haben, indem sie auf Beschäftigungsanteile verzichtet haben. Bestandteil des Vertrags war aber auch, das können Sie vielleicht nicht wissen als Praktiker, dass Neueinstellungen auch vorgenommen werden sollten. Das stand in dem Floatingvertrag. Warum ist das nicht passiert? Es ist nicht passiert, weil die CDU schlicht und einfach die falsche Personalpolitik eingegangen ist. Sie haben eine Teilzeitverbeamtung vorgenommen, obwohl Sie wussten,


(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Wolf, Sie erzählen nicht die Wahrheit!)


dass es nicht durchzuhalten ist vor Gericht und Sie alle in die Vollzeitverbeamtung übernehmen mussten. Und dadurch konnte die Landesregierung fünf Jahre definitiv keine Neueinstellung vornehmen. Es ist CDU-Politik.


(Unruhe CDU)


Es ist CDU-Politik und mehr oder weniger auch ein Bruch des Floatingvertrags, welcher dazu geführt hat, dass wir eine völlig schräge Altersstruktur an den Schulen haben.


(Beifall DIE LINKE)


Besondere Aufmerksamkeit sollten wir natürlich der geplanten Vertretungsreserve schenken. Wie eine mündliche Anfrage von meiner Kollegin Astrid Rothe-Beinlich ergab, waren im März dieses Jahres 670 Lehrer in den allgemeinbildenden Schulen und 115 Lehrer an den berufsbildenden Schulen langzeiterkrankt. Dies sind mehr als 4 Prozent des Lehrpersonals an den Schulen und damit deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Es ist ein Verdienst von Bildungsministerin Dr. Klaubert und auch von Finanzministerin Frau Taubert, sich hier ganz konkret der Situation gestellt zu haben und durch 100 zusätzliche Lehrkräfte in Form einer Vertretungsreserve den Unterrichtsausfall zu begrenzen. Die Umsetzung –


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Über Leerstellen!)


richtig – wird über Leerstellen erfolgen. Ich möchte betonen, dass wir hier den Koalitionsvertrag abarbeiten und endlich das Personalentwicklungskonzept Schule umsetzen, welches die vorhergehende Landesregierung mit den Gewerkschaften und Verbänden zwar abgeschlossen hat, zu dessen Umsetzung aber dem damaligen Finanzminister Dr. Voß schlicht und einfach der politische Wille fehlte. Auch hier setzen wir den Koalitionsvertrag um.


(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das hoffe ich doch!)


Sicherlich ist, Sie haben es auch angesprochen, die Frage der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft eine immer noch nicht in diesem Haushaltsjahr, aber in den nächsten Haushaltsjahren zu lösenden Aufgabe.


(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Vielleicht später!)


Nichtsdestotrotz geben wir 12,3 Millionen Euro mehr ins System für freie Schulen. Das ist ein deutlicher Aufwuchs. Nachdem die finanzielle Situation an den freien Schulen in den letzten Jahren – und das war ja Ihre Politik – sich immer mehr zuspitzte, werden die Schulen in freier Trägerschaft mit diesem, zumindest in 2015, kräftigen Schluck aus der Pulle im Vergleich zu anderen Bundesländern von einem Mittelfeldplatz auf Platz 2 bis Platz 3 katapultiert. Wir wissen aber auch, dass wir keine nicht begründbaren Zahlen in Gesetze schreiben werden, wie bei der CDU die 3 Prozent, dass wir Entwicklung an der freien Schule möglich machen und trotz alledem die finanziellen Voraussetzungen dafür nicht aus den Augen verlieren. Hier lassen sich auch ganz gut die Unterschiede zur CDU kenntlich machen. Sämtliche Änderungsanträge der CDU sind reine Umverteilungsanträge. Wäre die CDU heute noch an der Macht, würde den staatlichen Schulen – im Bereich Jugend und Sport –, den Personalräten sowie der Landeseltern- und Landesschülervertretung, dem Beirat Inklusion, sämtlichen staatlichen Schulämtern, dem Ganztagsschulbereich und – es wurde schon ausgeführt – den Straßenbauinvestitionen mehr als 10 Millionen Euro entzogen, um es umzuschichten. Das ist nicht nur linke Tasche, rechte Tasche, das ist eine Giftliste, die wir so nicht mitmachen werden. Wir als Koalition setzen hier auf Ausgleich. Wir werden den freien Schulen zusätzlich die 10 Millionen Euro zur Verfügung stellen, ohne aber den staatlichen Schulen das Geld dafür zu entziehen. Dass Sie mit Ihrer Umverteilungspolitik weder im Ausschuss noch hier im Plenum eine Mehrheit finden werden, damit rechnen Sie sicherlich selber nicht.


Wir werden ganz konkret im Bereich des Azubitickets deutliche Verbesserungen einführen. Wir haben einen Rückgang um 30 Prozent an Auszubildenden in den letzten fünf Jahren. Wir kämpfen zusammen mit der Wirtschaft, dem Handwerk und den Gewerkschaften um jeden Auszubildenden. Wir wollen bereits im Berufsstart Thüringen als ein attraktives Ausbildungsland darstellen.


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich bleiben auch noch Aufgaben, das ist heute schon mehrfach gesagt worden, für die nächsten Jahre. Wir stehen vor großen Herausforderungen, die Qualitätsoffensive „Inklusion“ auch tatsächlich umzusetzen. Hier sind Sie natürlich mit eigenen Vorstellungen, eigenen Ideen jenseits dessen, dass irgendjemand Förderschulen schließen will, herzlich eingeladen. Es ist schon gesagt worden, dass wir Schulbauinvestitionen in Größenordnungen vornehmen, im Übrigen nachdem die CDU das massiv zurückgefahren hat – das muss man auch wieder sagen –, und den Investitionsstau dort auflösen wollen. Deswegen werden wir dort die Schulbaurichtlinie anpassen und diese auch auf die Erfordernisse einer modernen Schulpolitik und auch einer modernen Schulstruktur anpassen. Wir wollen natürlich auch den Ausbau der Grundschulen als echte Ganztagsschulen vorantreiben. Lassen Sie mich mit einem bekannten Zitat, verbunden mit einem Dank an die Bildungs- und Finanzministerinnen sowie ihren Mitarbeitern für den vorgelegten Haushalt 2015, schließen: Nichts ist teurer als Bildung außer keine Bildung! – Vielen Dank!


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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