Auswertung des Sonderberichts des Thüringer Rechnungshofs und Herstellung vollumfänglicher Transparenz ab 2004 bei Stellenbesetzungen in den Leitungsbereichen der obersten Landesbehörden und bei Staatssekretärinnen und Staatssekretären

Steffen Dittes

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/7615

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn wir hier über die beiden Anträge und über den Sonderbericht des Rechnungshofs diskutieren, dann hat das zwei Ebenen – erstens natürlich, Herr Bühl, eine sachliche Ebene. Dann nehmen wir den Bericht zur Kenntnis, schauen uns die Tatsachenermittlungen an, nehmen die Fakten tatsächlich auch an und fangen an, diese erst mal einzuordnen in die Erfahrungen, die wir als Abgeordnete auch mit unterschiedlichen Funktionen, ob als Oppositionsabgeordnete oder Regierungsabgeordnete, haben.

 

Wir fangen dann an, diese Tatsachen auch zu bewerten. Wir setzen natürlich auch eine eigene Bewertung neben die Bewertung des Rechnungshofs und wir beurteilen damit natürlich auch ein Stück weit die Rechtsbeurteilungen und Ergebnisse des Rechnungshofs selbst. Und wir kommen natürlich auch zur Frage: Welche Schlussfolgerungen ziehen wir als Parlamentarier? Ich kann Ihnen das auch offen sagen: Ich als politisch Verantwortlicher auch für meine Partei komme natürlich nicht nur zu der Überlegung, welche Schlussfolgerungen ich als Parlamentarier ziehe, sondern welche Schlussfolgerungen man aus diesem Bericht als politisch verantwortlicher Mensch in diesem Land zieht, der auch in Parteien Verantwortung trägt und – ich komme darauf zurück –Koalitionsvereinbarungen verhandelt und abgeschlossen hat. Und man stellt sich natürlich die Frage: Wie schaffen wir auch im Interesse zukünftiger Landesregierungen und vor allen Dingen auch im Interesse zukünftiger Stelleninhaber Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, dass wir nicht jedes Mal nach dem Regierungswechsel auf dem Niveau, wie wir es eben zur Kenntnis nehmen mussten, über die Frage von Stellenbesetzungen, Besetzungen von Staatsekretären diskutieren müssen. Rechtsklarheit, Rechtssicherheit muss ein Ziel der sachlichen Bewertung des Berichts sein.

 

Nun gibt es aber neben der Sachebene auch eine politische Ebene, und darauf haben Sie sich alleinig eben in Ihrem Redebeitrag bezogen. Deswegen will ich auch zuerst auf diese politische Ebene eingehen. Ich finde es ja richtig, das hat auch etwas mit Aufgabe und Funktion einer Opposition zu tun, wenn ein Rechnungshof in einem Sonderbericht Rechtsverfehlungen und Rechtsverstöße dokumentiert, dass man das als Opposition aufgreift und dann natürlich auch parlamentarisch thematisiert. Das ist Aufgabe und Funktion einer Opposition. Dass man da natürlich weniger verständnisvoll argumentiert und auch zuspitzender argumentiert, das ergibt sich auch ein Stück weit aus der politischen und auch aus der öffentlichen Rolle eines Oppositionsabgeordneten und natürlich auch aus der Tradition dieses politischen Wechselspiels – das ist geschenkt.

Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich, Herr Schard und Herr Bühl, weil Sie diejenigen sind, die praktisch für die meisten Pressemitteilungen der letzten Wochen verantwortlich sind: Ihre politische Ebene ist mittlerweile so weit weg von der sachlichen Ebene der Auseinandersetzung mit diesem Bericht, dass es offensichtlich ist, dass es Ihnen weniger um Aufklärung, auch nicht um Aufarbeitung und auch nicht um Schlussfolgerungen geht, sondern dass es Ihnen darum geht, den Vorgang dauerhaft am Kochen zu halten, verbunden natürlich mit bereits feststehenden Vor- und auch Urteilen.

 

Deswegen nur ein ganz kurzer Rückblick auf die Genese dieses heutigen Plenums, Sie haben mich ja auch angesprochen, Herr Schard, in Ihrer Begründung. Ich will das nicht weiter ausführen, denn der CdS hat es ja auch relativ deutlich gemacht. Am 25. November gab es die erste „SPIEGEL“-Veröffentlichung zu dem Entwurf des Sonderberichts des Rechnungshofs. Am 6. Dezember hat der Justizausschuss getagt und es wurden sehr transparent alle Fragen im öffentlichen und nicht öffentlichen Teil erörtert. Am 8. Dezember – auf Eigeninitiative der Landesregierung – hat die Landesregierung im Haushalts- und Finanzausschuss berichtet. Und mir wurde wiederum von meinen Parlamentariern im Haushalts- und Finanzausschuss berichtet, dass Sie sich gefragt haben, warum denn das jetzt noch mal sein muss, man hätte das doch vor zwei Tagen erst im Justizausschuss erlebt. Ja, so viel zur Frage, wie man Transparenz einfordert.

 

Am 31. Januar haben wir hier im Landtag im Rahmen einer Aktuellen Stunde diskutiert. Es gibt zahlreiche parlamentarische Anfragen – Kleine, Mündliche Anfragen –, die mit wirklich unvergessener Kondition auch hier beantwortet worden sind und – anders als viele parlamentarische Vorgänge – auch bis heute an anderen Stellen noch mal öffentlich dokumentiert worden sind, auch die Stellungnahmen, die Antworten der Landesregierung. Das können Sie alles nachlesen, unter anderem auf der Homepage des Chefs der Staatskanzlei.

 

Bis heute beantragen Sie und verlangen immer, die Landesregierung soll jetzt endlich mal transparent Aufklärung hier dem Parlament verschaffen, Sie verlangten sogar die Veröffentlichung des Berichtsentwurfs des Landesrechnungshofs in völliger Missachtung der verfassungsrechtlichen Stellung, die richterliche Unabhängigkeit des Rechnungshofs wurde hier bereits angesprochen.

 

Am 14. März veröffentlichte der Landesrechnungshof seinen fertiggestellten Bericht und am 15. bis zum 17. März trafen wir uns hier zu drei Tagen Sitzungen des Landtags. Drei Tage hatten Sie die Möglichkeit, einen Antrag hier auf die Tagesordnung des Landtags zu setzen, damit wir uns genau mit diesem Bericht auseinandersetzen. Sie haben das nicht getan. Nur einen Werktag nach dieser Landtagssitzung später haben Sie der Öffentlichkeit erklärt, die Vorwürfe seien so schwerwiegend, dass wir ein Sonderplenum brauchen. Und diese Ankündigung, ihre Pressekonferenz, wo Sie ankündigen, dass Sie ein Sonderplenum beantragen, Herr Bühl, haben Sie während einer laufenden Landtagssitzung verschickt. Deswegen werfe ich Ihnen nicht vor – wie Sie mir unterstellen –, dass Sie das Instrument, das Ihnen zusteht nach Geschäftsordnung, in Anspruch nehmen. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie eigentlich die Möglichkeit der parlamentarischen Beratung in den turnusmäßigen Sitzungen nicht genutzt haben, sondern das Ihnen zustehende demokratische Instrument genutzt haben, um hier heute diese Bühne größtmöglicher öffentlicher Aufmerksamkeit zu inszenieren.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Seit diesen zwei Wochen – Sie haben es ja auch angesprochen – ist ja nicht nichts passiert, sondern die Landesregierung hat ja nicht nur die beiden Teile des nicht öffentlichen Berichts dem Landtag zur Verfügung gestellt – der öffentliche wurde ja durch den Landesrechnungshof selber veröffentlicht –, sie hat darüber hinaus auch die Stellungnahme zu beiden Teilberichtsentwürfen dem Landtag zur Verfügung gestellt, damit wir auch ein Stück weit zumindest auf Seite der Exekutive die Genese des Berichts nachvollziehen können. Sie hat darüber hinaus natürlich auch eine allgemeine Stellungnahme zur Personalbesetzung in den einzelnen Ministerien dem Landtag zur Verfügung gestellt und sie hat darüber hinaus auch alle Einzelstellungnahmen der Ministerien den Abgeordneten zur Verfügung gestellt und die können wir seit Freitag hier einsehen.

 

Da haben Sie kritisiert, dass diese Berichte zum Teil praktisch der Vertraulichkeit unterliegen, und Sie unterstellen, die Landesregierung will hier etwas verschleiern. Deswegen sage ich, ohne es aus diesen vertraulichen Berichten zu nehmen – Herr Bühl, ich habe mir gestern die Zeit genommen, etwas mehr als Sie, um mir diese Unterlagen anzuschauen.

 

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Haben Sie die Zeit gestoppt?)

 

Man sieht es ja einfach, denn so geheim war ja die Einsichtnahme nicht, Herr Bühl, das müssen Sie einstecken, Sie sind nach mir gekommen, aber vor mir gegangen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich kann Ihnen aber sagen …

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Er kann schneller lesen als Sie!)

 

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das ist doch nur eine Randnotiz. Sie werden noch genug Zeit haben, diesen Bericht ausführlich zu studieren, wie ich mir die Zeit auch gestern genommen habe.

Aber was ich Ihnen wirklich sagen kann – und das hätten Sie an dieser Stelle sagen können –: Es gibt in der qualitativen Betrachtung dieses Berichts, der, der öffentlich zur Verfügung steht, und der, den wir gestern hier einsehen konnten, überhaupt keinen Unterschied. Die Wertungen, die Ergebnisse, die Empfehlungen, die Schlussfolgerungen sind eins zu eins nachlesbar für die Öffentlichkeit. Was sich aber unterscheidet – und das erkennen Sie bereits in den Dokumenten des Landesrechnungshofs, der nämlich jeweils auf den Titelseiten dokumentierte –, dass es sich hierbei um vertrauliche Personalsachen handelt. Das ist die Unterscheidung, weil in diesen nicht öffentlich zugänglichen Berichten …

 

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Aber eine vertrauliche Personalsache ist keine Verschlusssache, das ist ein Unterschied!)

 

Wir können auch gern später darüber reden, wie wir genau dieses persönliche Interesse und diese Datenschutzverpflichtung rechtlich sauber umsetzen können. Darüber können wir gern drüber streiten, darüber können wir diskutieren. Aber so zu tun, als ob man jetzt – Sie haben es angesprochen – 64 Personalvorgänge dezidiert mit den ganzen Biografien, mit den ganzen Bildungsbiografien nun zum Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung machen muss, das unterscheidet sich tatsächlich bei unserem und Ihrem Herangehen.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das steht aber nicht im Bericht!)

 

Das heißt aber nicht, dass wir genau über diese Ergebnisse hier anonymisiert diskutieren sollen. Sie haben ja als Parlamentarier auch die Möglichkeit, genau in diese Berichte Einblick zu nehmen und deswegen dann diese Diskussion hier zu führen.

Der Minister hat es angesprochen: Es ist hier nicht nur die Offenlegung dieser Berichte gegenüber dem Landtag geschehen in diesen zwei Wochen, es ist darüber hinaus der Antrag im Ausschuss für Europa, Medien und Kultur gestellt worden. Und die Landesregierung – auch das haben Sie einfach missachtet – ist jetzt zum zweiten Mal proaktiv auf die Staatsanwaltschaft – obwohl momentan im Ermittlungsverfahrensstand, der überhaupt noch keine Notwendigkeit beinhaltete – zugegangen, hat Kontakt aufgenommen, Berichte, Stellungnahmen zugesendet, damit die Staatsanwaltschaft tatsächlich diese Ermittlungen auch führen kann und zu einer eigenen Einschätzung kommt.

 

Deswegen: Zum jetzigen Stand gibt es auch aus meiner Sicht – und als Parlamentarier bin ich da grundsätzlich nicht weniger kritisch als Sie – überhaupt keinen Grund, der Landesregierung einen fehlenden Beitrag bei der Aufklärung zu unterstellen, wie Sie das seit dem 25. November bis heute getan haben und auch weiterhin tun.

Und der Minister – ich will darauf an dieser Stelle noch nicht eingehen – hat ja darüber hinaus sogar schon auf Schlussfolgerungen, die die Landesregierung gezogen hat, verwiesen. Aber auch das haben Sie einfach negiert. Das nehmen Sie nicht zur Kenntnis und darauf sind Sie auch nicht eingegangen.

 

Deswegen sage ich Ihnen auch ganz ehrlich, weil es eben diese Genese gibt, weil etwas passiert ist, weil etwas vorgelegt worden ist, weil wir Einsicht nehmen können, steht momentan gar nicht die Frage nach weitergehenden Untersuchungen oder nach Aufklärung von Sachverhalten. Die Untersuchungsergebnisse liegen sehr ausführlich auf dem Tisch, man muss sich halt die Zeit nehmen, die dann eben auch in Ruhe zu studieren. Das war vielleicht für alle Abgeordneten bis heute nicht möglich, das ist sicherlich so. Aber, es ist jetzt vor allem die Frage des Parlaments, die Bewertung und die Aufarbeitung der vorliegenden Untersuchungsergebnisse vorzunehmen, und da sind wir aus meiner Sicht bei der nächsten problematischen Verschränkung von sachlicher und politischer Ebene.

 

Da nehme ich mal – ich habe sie bereits angesprochen, Herr Schard und Herr Bühl – ein paar Schlaglichter aus Ihren Pressemitteilungen der letzten Wochen heraus, also aus der Zeit, als Sie den Bericht noch gar nicht kannten, sondern nur journalistische Beiträge von Redakteuren, von Journalisten, die sagten, sie kannten einen Entwurf. Ich will es kurz zusammentragen: Massives Fehlverhalten, Ämterpatronage, Vetternwirtschaft, Versorgungsposten, Selbstbedienungsladen, das Land zur Beute gemacht und verteilt, finanzieller Schaden, heute kamen noch Affären und Nebelkerzen hinzu. Herr Bühl, das heißt doch nichts anderes, als dass praktisch Ihr Werturteil, Ihr Bewertungsergebnis bereits feststeht, das haben Sie doch heute auch zum Ausdruck gebracht, unabhängig eigentlich des notwendigen Studiums des vorliegenden Berichts, unabhängig der eigentlichen Bewertung auch der Stellungnahmen des Landesrechnungshofs, unabhängig auch der eigenen Bewertung der Schlussfolgerungen, die gezogen worden sind. Ihre Bewertung – und das kann ich Ihnen nur in aller dieser Deutlichkeit sagen – ist eine politische Bewertung, die haben Sie aufgeladen mit moralisch bewusst abwertenden Vokabeln, sie ist oberflächlich und zuspitzend die Übernahme der Ergebnisse des Landesrechnungshofs, ohne diese aber selbst zu hinterfragen. Das ist eben nicht der Anspruch an Aufarbeitung und Bewertung und Aufklärung, den wir an diesen Vorgang des Sonderberichts legen. Ich sage Ihnen wirklich: Ich nehme wahr – auch nach dieser Rede haben Sie mich nicht von anderem überzeugt –, Sie haben eigentlich gar kein Interesse an einer Aufarbeitung und Bewertung,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

weil das natürlich auch beinhalten kann, dass man zu einem anderen Ergebnis kommt, als Sie selbst schon seit Wochen in Unkenntnis des Berichts öffentlich verkünden.

Nun ist es mehrfach angesprochen worden in der Öffentlichkeit und auch der Minister ist darauf eingegangen, bei Ihrem verbalen Ausholen werden Sie ja immer mal wieder daran erinnert, dass Sie selbst 24 Jahre in diesem Land Regierungsverantwortung hatten. Und man erinnert Sie natürlich auch daran, dass Sie selbst – auch das Wort fiel schon in der Rede des Ministers – im Glashaus sitzen. Deswegen gewinnen Sie da auch gerade in Ihrer Argumentation nicht an Glaubwürdigkeit. Deswegen will ich Sie nämlich auch mal ein Stück an Ihre Vergangenheit als regierungsverantwortliche Partei und Fraktion erinnern, nicht mit dem Vorwurf oder mit dem erhobenen Zeigefinger, Sie haben es doch genauso gemacht, sondern ich will Sie an Ihre Erfahrungen erinnern, die Sie als Regierungsfraktion und Regierungspartei in Thüringen gesammelt haben und die ja auch zu Handlungen und Entscheidungen führten. Vielleicht werden Sie an diese Zeit ja auch innerhalb der CDU-Fraktion immer wieder erinnert. Sie haben ja auch einen neuen Mitarbeiter, der Ihnen, glaube ich, die Personalsituation von 2013 bis 2023 sehr gut erklären kann auch unter unterschiedlichen politischen Farben der Thüringer Staatskanzlei, da werden Sie es sich noch mal deutlich machen. Ich will vor allem sagen – und das sage ich ganz ohne Häme, ganz ohne erhobenen Zeigefinger –: Würden Sie die eigenen Maßstäbe, die Sie heute versucht haben, Herr Schard, Herr Bühl, hier vorn zu dokumentieren, an Ihre eigene Regierungsverantwortung legen, dann würden Sie im Prinzip mit denselben Begriffen arbeiten müssen wie Vetternwirtschaft oder Ämterpatronage. Und das wird Sie auch einholen, weil Sie eben auf diese Art der Auseinandersetzung mit dem Bericht nicht an Glaubwürdigkeit gewinnen.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das heißt, ich will Sie an Ihre Erfahrungen erinnern, Sie sollten aber nicht nur zurückblicken, sondern auch mal nach vorn schauen. Nun träumen Sie ja in der CDU-Fraktion, 2024 wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen. Herr Voigt träumt ja davon, Ministerpräsident zu werden.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Träume ich nicht!)

 

Nun will ich Sie einladen, ganz kurz diesen Traum sogar mal zu verlassen und sich auf ein Gedankenspiel einzulassen – nämlich: was wäre wenn – und sich einfach mal vor diesem Hintergrund mal sachlich mit dem Bericht des Landesrechnungshofs und vor allen Dingen auch mit den Folgen auseinanderzusetzen, wenn die Auffassung des Landesrechnungshofs uneingeschränkt politischer, moralischer, aber vor allem auch rechtlicher Bewertungsmaßstab werden würde. Deswegen sage ich, wir haben vielleicht auch als Politiker in diesem Landtag, wenn es darum geht, politisches Vertrauen gegenüber der Öffentlichkeit zu gewinnen, zu stärken und dort, wo wir es verloren haben, zurückzugewinnen, vielleicht eine andere Aufgabe als das, wie Sie sie derzeit wahrnehmen. Müssten wir nicht – das frage ich in aller Offenheit – stattdessen erklären, warum beispielsweise Staatssekretäre politische Beamte sind und warum es das Laufbahnrecht vorsieht, dass Staatssekretäre, Büroleiter und persönliche Referenten genauso wie Pressesprecher aufgrund eines Gesetzes nicht ausgeschrieben werden müssen? Müssten wir nicht auch stattdessen erklären, warum man potenzielle Staatssekretäre ebenso wenig wie potenzielle Minister nicht in formalisierten Bewerbungsverfahren ermittelt und auch die Abwägungsgründe, die bei der Wahl zwischen mehreren Bewerberinnen gegen einzelne Bewerber sprechen, nicht aktenkundig macht?

 

Müssten wir vielleicht nicht auch mehr erklären, Herr Schard, dass es zu den demokratischen Grundlagen in diesem Land gehört und auch allgemein akzeptiert ist, dass politische Parteien Regierungskoalitionen bilden, einen Koalitionsvertrag als Parteien verabschieden, der die Arbeits- und Handlungsgrundlage einer Landesregierung ist? Müssten wir nicht mehr erklären, dass es dann auch zwangsläufig ist, dass die Hausleitung, Minister, Staatssekretäre und deren Leitungs-, nicht aber deren Fachbereiche personell so besetzt werden, dass sich der durch den Wähler beschiedene politische Wechsel in der richtungsweisenden Arbeit der Landesregierung auch in den einzelnen Fachministerien und in der öffentlichen Kommentierung von politischen Vorgängen niederschlägt?

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Das kann doch nicht das Einzige sein!)

 

Müssten wir nicht mehr erklären, dass die Funktion eines Leiters eines Ministerbüros oder die eines persönlichen Referenten – und da werde ich ganz deutlich – eben kein Versorgungsposten und keine Steuergeldverschwendung ist, sondern eine Arbeit weit über das arbeitsrechtliche oder beamtenrechtliche Erfordernis hinaus darstellt, die weit mehr Hingabe und Engagement erfordert, als es das Dienst- oder Arbeitsrecht abverlangen kann?

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich sage es mal mit meinen Worten: Wenn mir jemand – hat noch keiner – einen Versorgungsposten anbieten würde, einen richtigen Versorgungsposten, und meint, das könnte der Versorgungsposten in Form des Büroleiters des Ministerpräsidenten sein, also beim besten Willen, ich würde ablehnen.

 

(Heiterkeit DIE LINKE)

 

Denn so viele Stunden unter so viel Stress bei so viel Einsatz möchte ich nicht arbeiten, wenn es sich um Versorgungsposten handelt. Aber haben Sie keine Angst, ich werde keinen Versorgungsposten angeboten bekommen, und falls doch, ich werde auch keinen annehmen, sondern ich werde meine Arbeit an jeder Stelle richten.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Unruhe CDU)

 

Aber, Herr Schard, was ich Ihnen deutlich sage, ich finde das eine Unverschämtheit gegenüber den Menschen, die dort nämlich jeden Tag arbeiten. Die gehen jeden Tag zur Arbeit, organisieren die Büros für diese Minister, die jeden Tag Verantwortung hatten,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

ob nun in der Coronasituation, bei der Bewältigung der Herausforderungen im Bildungssystem, bei der Frage der Unternehmenshilfe, ob im Bereich der öffentlichen Sicherheit oder im Bereich auch des Umweltschutzes, wo wir große Herausforderungen haben. Dort stehen die Minister jeden Tag ihren Mann und ihre Frau und haben an ihrer Seite Menschen, auf die sie sich verlassen können, die eben nicht 17.00 Uhr fragen, ob sie schon Dienstschluss haben, sondern jederzeit 24 Stunden an sieben Tagen erreichbar sind.

 

(Unruhe CDU)

 

Und das finde ich unverschämt auch gegenüber den Menschen,

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

dass Sie sagen, es würde sich bei dieser Arbeit, die sie leisten für die Menschen in diesem Land, um Versorgungsposten handeln.

Herr Bühl, wenn Sie hier so eine Rechnung aufmachen, wir wissen alle, dass wir hier auf Kosten des Steuerzahlers unsere Arbeit wahrnehmen und auch verantwortlich unsere Arbeit wahrnehmen.

 

(Unruhe CDU)

 

Daran hängen natürlich auch Versorgungsleistungen,

 

Präsidentin Pommer:

 

Herr Schard, mäßigen Sie sich, und alle anderen bitte auch.

 

Abgeordneter Dittes, DIE LINKE:

 

die auch Sie und ich im Alter bekommen. Die können wir uns wechselseitig vorberechnen. Aber jetzt das zusammenzurechnen und zu sagen, wenn wir diese Staatssekretäre nicht in dieser Regierung benannt hätten, dann würde das Land soundso viel Millionen sparen, das ist keine Milchmädchenrechnung, das ist einfach verlogen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Diese Staatssekretäre leisten ihre Arbeit als Staatssekretäre auf einer Stelle im Haushalt, der Sie sogar zugestimmt haben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Und die Versorgungsregelungen, die Sie hier benannt haben, sind Versorgungsregelungen, die Sie auf den Weg gebracht haben.

 

(Unruhe CDU)

 

Deswegen sage ich – ja, jetzt sage ich Ihnen auch noch was ganz Deutliches, ich glaube, der Minister hat es auch angesprochen –, 2013 hat meine Fraktion in diesem Landtag einen Vorschlag eingebracht, die Versorgung von Staatssekretären tatsächlich anders zu lösen, damit wir eben nicht in diese Situation kommen, die Sie beschrieben haben, sondern dass wir wirklich auch eine Sicherheit für Staatssekretäre haben, eine Sicherheit für Minister, die an ihr politisches Amt gebunden ist. Es war Ihre Fraktion, die dieses Gesetz abgelehnt hat, und genau an dieser Versorgungssituation, die Sie heute kritisiert haben, festhält.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Jetzt sage ich Ihnen auch noch mal ehrlich: Müssten wir nicht im Prinzip auch mehr erklären, dass Staatssekretäre, Büroleiter und persönliche Referenten, wenn sie denn durch Minister angesprochen werden, diese Aufgabe zu übernehmen, nicht wirklich die besten sind? Erklären Sie mir doch mal, warum sich einer dieser Minister, die jeden Tag in der Zeitung stehen, die jeden Tag im Kreuzfeuer stehen, die so viel Verantwortung übernehmen, einen persönlichen Mitarbeiter und Leiter eines Büros aussuchen soll, der zwar dasselbe Parteibuch hat, aber ansonsten nichts kann.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das ist aber eine gute Frage!)

 

Das ist doch halsbrecherisch aus Sicht der regierungstragenden Parteien, das ist auch halsbrecherisch aus Sicht der jeweiligen Minister. Deswegen sind gerade die besten Leute auf dieser Stelle, in dieser Konstellation, persönlich wie auch politisch, die diese Arbeit übernehmen. Und weil das eben so ist, weil bestimmte Systematiken auch mit politischen Regierungswechseln verbunden sind, sollten wir die Gelassenheit haben, auch den Bericht sachlicher zu diskutieren, als Sie das heute getan haben.

 

Deswegen komme ich auf einige Wertungen, Frau Butzke – herzlich willkommen auch im Landtag! –, aus Ihrem Bericht zurück, und will sie selbst einer Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt aus meiner Sicht unterziehen. Es wurde schon gesagt, der Landesrechnungshof ist kein Gericht, er ist auch nicht per se frei von Kritik, sondern wir diskutieren die Ergebnisse des Sonderberichts, es sind Hinweise, die beinhalten natürlich Kritik und sie haben vor allem eine Funktion, sie sollen zukünftiges Handeln praktisch verändern und Rechtssicherheit insbesondere bei der Verwendung von öffentlichen Geldern herstellen. Es ist ein Kontrollinstrument, was im Prinzip darauf zielt, dass es dort, wo es notwendig oder rechtlich geboten ist, in der Zukunft Korrekturen gibt.

 

Wie bei allen Berichten, Herr Bühl, Herr Schard, gibt es natürlich auch beim Rechnungshof widerstreitende Positionen. Es gibt Zustimmung, es gibt Ablehnung, das ist eine Selbstverständlichkeit. Ich will Sie nur kurz daran erinnern – das war vorhin schon mal ein Zwischenruf der Abgeordneten Henfling –, an die Berichte des Landesrechnungshofs zur kommunalen Finanzausstattung oder zur Notwendigkeit von Verwaltungs- und Gebietsreformprozessen auf Landesebene, da haben Sie ja dem Landesrechnungshof jegliche Kompetenz abgesprochen, sich in dieser Frage überhaupt äußern zu können.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich sage, es ist selbstverständlich, dass Sie da eine abweichende Meinung haben, und genau über diese abweichende Meinung muss man ja diskutieren, genauso, wie man über die zustimmenden Meinungen auch diskutieren muss und natürlich auch über den Bericht und die Positionierung dann selbst. Deswegen will ich auch noch einmal auf diese Unterrichtung und damit Hinweisfunktion des Rechnungshofs eingehen. Im Sonderbericht steht zwar nicht mehr so oft das Wort „rechtswidrig“, wie es wohl, wenn man vormaligen Zeitungsberichten Glauben schenken darf, in den Entwürfen stand. Ich kann das nicht beurteilen, ich habe nur die Zeitungsberichte gelesen. Aber natürlich, Frau Butzke, Ihre Formulierungen in der Pressemitteilung – das wurde auch schon oft hier benannt –, „Die Verstöße waren systematisch und schwerwiegend.“, haben schon Gewicht.

 

(Beifall Gruppe der FDP)

 

Diese Formulierungen haben schon Gewicht. Wenn man dies als Rechnungshof feststellt, will man ja auch – das hatte ich gesagt –, dass solche systematischen und schwerwiegenden Verstöße schnellstmöglich abgestellt werden. Dafür sind solche Sonderberichte ja da. Erst die Kontrolle, dann die Bewertung, Hinweise folgen dieser Bewertung, und als vierter Schritt ergeben sich dann Änderungen für die Zukunft bei der Anwendung von Recht oder bei der Verwendung von Haushaltsmitteln. Da stolpere ich allerdings über eine Formulierung, Frau Butzke, in der Fußnote 1 des öffentlichen Berichts. Dort heißt es: Der Thüringer Rechnungshof hatte bereits 2014 begonnen, Leitungsbereiche usw. für den Zeitraum 2009 bis 2013 zu prüfen. – Die Prüfung wurde lediglich erweitert, aber zu den Prüfungsergebnissen für den Zeitraum 2009 bis 2013 findet man im öffentlichen Prüfbericht nichts. Der veröffentliche Prüfbericht beschränkt sich also allein auf den Gegenstand der Erweiterung der Prüfung aus dem Jahr 2020.

Es finden sich – wer sich die Zeit genommen hat, in den nicht öffentlichen Bericht Einblick zu nehmen – im nicht öffentlichen Bericht einige Hinweise auf das Prüfergebnis für den Zeitraum 2009 bis 2013: keine Bestenauslese, Verzicht auf Ausschreibungen, nicht nachvollziehbare Eingruppierungen, fehlende Tätigkeitsbeschreibungen – im Prinzip dieselben Prüfungsergebnisse wie für den Zeitraum 2014 bis 2020, so würde ich das mal zusammenfassen.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Nein, das stimmt nicht!)

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Da haben Sie eben nicht lange genug gelesen!)

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das ist vor der Gesetzesänderung gewesen!)

 

Die Gesetzesänderung, Herr Voigt – ist schön, dass Sie den Zwischenruf gemacht haben –, 2014 – ich komme dann darauf zurück – bezog sich hier auf den § 28 des Laufbahnrechts. Der hat mit diesem Leitungsbereich, den ich gerade benannt habe, überhaupt nichts zu tun.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Diese Rechtsänderung 2014 bezog sich auf den Bereich der Staatssekretäre, und auf die habe ich jetzt gar nicht hingewiesen, denn die waren eben gar nicht Prüfungsgegenstand – wenn Sie in den Bericht reingeguckt hätten, dann hätten Sie das gelesen – der Prüfung 2009 bis 2013,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

denn der Prüfungsgegenstand 2009 bis 2013 bezog sich nur auf den Leitungsbereich, nicht aber auf die Staatssekretäre.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ihre Überheblichkeit, Herr Dittes, die holt Sie gerade ein!)

 

Entschuldigung, klar ist das aus Ihrer Sicht überheblich, wenn Sie einen sachlich falschen Zwischenruf machen und ich stelle den richtig, aber ich kann es halt nicht anders tun.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Ich gebe Ihnen ja nicht recht, nur damit Sie dann glauben, dass ich Ihnen gegenüber gefälliger bin.

 

Also ich sage, der Landesrechnungshof beginnt also 2014 für den Zeitraum 2009 bis 2013 mit der Prüfung, sechs Jahre später wird der Prüfungszeitraum erweitert und zwei Jahre später wiederum gibt es ein Prüfungsergebnis, das allerdings nur den Erweiterungszeitraum umfasst. Die Prüfungsergebnisse für den ursprünglichen Prüfzeitraum scheinen offenkundig also nicht mehr relevant oder nicht mehr aktuell.

Nun will ich gar nicht hinterfragen, was Aktualität im Zusammenhang mit Regierungswechseln aus Sicht der Rechnungshofprüfung beinhaltet, ich will auch nicht hinterfragen, ob ein damals vermeintlich schwerwiegender Verstoß weniger relevant erscheint,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

weil sich danach möglicherweise in Bezug auf die Staatssekretäre die Rechtslage verändert hat. Ich will aber fragen, warum die damals offenkundig festgestellten Mängel und Verstöße nicht so schnell wie möglich zu Hinweisen und Empfehlungen an die Landesregierung führten, wenn diese doch hätten aus damaliger Sicht dazu führen können, Rechtsverstöße, die man heute wieder feststellt, in der Zukunft zu verhindern. Ich finde, das ist eine berechtigte Frage.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Aber es wird auch noch etwas anderes deutlich und sichtbar, und damit ist es nämlich schon von Relevanz und Aktualität, insbesondere auch dann, wenn man von systematischen Verstößen redet: Es gab 2014 mit dem Regierungswechsel von Ihrer Ministerpräsidentin zum Ministerpräsidenten Ramelow keine Änderung der Verwaltungspraxis bei der Besetzung von Staatssekretären oder bei der Besetzung im Leitungsbereich. Nun sage ich auch dazu: Das sagt noch nichts darüber aus, ob es richtig oder falsch ist, gut oder schlecht, rechtskonform oder rechtswidrig. Das ist erst mal nur eine ganz nüchterne Feststellung, die Sie auch den Berichten entnehmen können. Es gab 2014 überhaupt keine Änderung der Praxis der Landesregierung bei der Besetzung von Staatssekretären oder auch im Leitungsbereich. Das stellt erst mal so manchen politischen Vorwurf in ein anderes Licht – zur Glaubwürdigkeit hatte ich gesprochen –, es wirft aber vor allem auch die Frage auf, ob sich nicht eine für die Funktionsweise einer Landesregierung notwendige Verwaltungspraxis etabliert hat, die, wenn schon nicht rechtswidrig, sich doch aber zumindest regelmäßig im Ausnahmebereich eines beamtenrechtlich zulässigen und gesetzlich vorgeschriebenen Regelausnahmeprinzips bewegt und dass das alles andere als rechtsklar ist.

 

Das ist eine Frage, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, und mit der hat sich die Linkefraktion bereits 2013 – ich hatte den Entwurf für das Ministergesetz angesprochen – auseinandergesetzt und auch das wäre heute eine notwendige Schlussfolgerung, die wir zu diskutieren haben, ob sich möglicherweise Rechtsänderungen daraus ergeben.

Nun hat der Rechnungshof in seinem Prüfbericht zwei Merkmale, die er geprüft hat, in den Mittelpunkt oder in den Ausgangspunkt gestellt, nämlich die Frage der Bestenauslese und der Stellenausschreibung.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Der Geeignetheit!)

 

– Bestenauslese und Stellenausschreibung sind der Mittelpunkt und Ausgangspunkt jeder Überprüfung. Herr Voigt, werfen Sie nicht so viele Zwischenrufe dazwischen, wo ich immer den Eindruck habe, dass Sie die Berichte gar nicht gelesen haben.

Ausgangspunkt ist immer die Bestenauslese, Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes, dann geht es halt weiter: Wurde das über eine Ausschreibung --- Und auch diese Einschätzungen sind regelmäßig Grundlage für die Bewertung, ob die Eingruppierung richtig vorgenommen worden ist, beispielsweise bei der Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten, das spielt jedes Mal eine Rolle. Der Rechnungshof setzt auch ganz vorn dran die Feststellung – und der widerspricht die Landesregierung auch nicht –, dass für alle, auch im Bereich der Leitungsfunktionen, im Bereich der Staatssekretäre die beamtenrechtliche Bestenauslese nach Grundgesetz Artikel 33 Abs. 2 gilt und sich daraus ableitet, also Eignung, Befähigung, fachliche Leistung müssen den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährleisten.

 

Nun regelt das auf Landesebene dann das Laufbahngesetz in § 3 Abs. 1, nämlich in der Umsetzung durch die Ausschreibungspflicht. Damit wird die Bestenauslese formalisiert, sie wird auch überprüfbar, beispielsweise bei möglichen Konkurrentenklagen, wenn Bewerberinnen und Bewerber nicht beachtet worden sind.

 

Nun hat aber, meine Damen und Herren, der Gesetzgeber in Thüringen die Pflicht zur Ausschreibung für Staatssekretäre, Büroleiter, persönliche Referenten und Leiter von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gesetzlich aufgehoben. Frau Butzke, Sie haben im Prinzip als Landesrechnungshofs geprüft, ob Stellen ausgeschrieben worden sind, die nicht hätten ausgeschrieben werden müssen, und haben festgestellt, die wurden nicht ausgeschrieben. Das ist erst mal eine ganz sachliche Feststellung. Jetzt muss man auch noch mal hineinschauen, weil das haben Sie, Herr Bühl, ja vorhin gesagt, Sie haben von politischer Linientreue gesprochen: Warum werden denn diese Stellen nicht ausgeschrieben, warum ist es diese Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 2 des Laufbahngesetzes?

 

Und da will ich gar keine Wertung vornehmen, da lasse ich am besten den CDU-Innenminister Jörg Geibert aus dem Jahr 2014 sprechen, der in seinem Gesetzentwurf geschrieben hat: Zudem handelt es sich bei den Stellen politischer Beamter um Ämter, für die ein bestimmtes Vertrauensverhältnis – und jetzt hören Sie zu –, das sich auf die Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung gründet, gegeben sein muss. Das ist die Begründung der CDU – ich komme noch darauf zurück. Für die Wegnahme der Ausschreibungsverpflichtung für den Leitungsbereich wird auch auf das besondere Vertrauensverhältnis verwiesen. Das können Sie alles nachlesen. Ich glaube auch, die Drucksache 5/7453 wurde schon genannt, Gesetzentwurf, Innenministerium CDU-geführt, Jörg Geibert. Das war Ihre Begründung: politische Übereinstimmung mit den Ansichten und Zielen der Regierung.

 

Nun tritt in der Tat ein Problem auf. Sie haben ja richtigerweise dazwischengeworfen, es gibt auf der einen Seite – der Landesrechnungshof hat das festgestellt – die grundgesetzliche Notwendigkeit zur Bestenauslese und auf der anderen Seite kommt durch das Laufbahngesetz in Thüringen neben der fachlichen Eignung, neben der Befähigung und fachlichen Leistung noch ein viertes Kriterium hinzu, nämlich das besondere Vertrauensverhältnis, bei Staatssekretären sogar die besondere politische Nähe. Das führt eben dazu, dass dieses formalisierte Verfahren der Ausschreibung zur Bestenauslese nicht mehr zur Anwendung kommen kann. Aber anstatt für diesen Widerspruch, den ich überhaupt nicht bestreite, der existiert in dieser Form tatsächlich, aber anstatt für diesen Widerspruch im Sinne der Funktionsfähigkeit einer Landesregierung Empfehlungen zur rechtskonformen Anwendung und Auslegung zu geben, schlägt der Landesrechnungshof zumindest für den Leitungsbereich vor, die gesetzlichen Ausnahmeregelungen aus dem Gesetz zu streichen. Frau Butzke, das ist keine Rechtsklarstellung, die Sie da vorschlagen. Das ist, wie Sie selbst schreiben, eine konstitutive Rechtsregelung, die Sie einbringen wollen. Sie wollen im Prinzip die Qualität in dieser Frage des Laufbahnrechts verändern. Wir finden aber nichts außer diesem Vorschlag an Hinweisen, wie die Bestenauslese bei fehlender Ausschreibungspflicht umgesetzt oder dokumentiert werden kann oder soll. Und bei Staatssekretären, bei denen auch der Rechnungshof keine Ausschreibungspflicht vorgeben will, wird als Empfehlung lediglich vage und ziemlich unentschlossen formuliert – ich zitiere –: „Eine Bestenauslese bedingt auf der Grundlage eines Anforderungsprofils, möglichst“ – also nicht zwingend – „mehrere Personen in den Auswahlprozess einzubeziehen. Dies ist zu dokumentieren.“ Ich glaube, wir sollten darüber diskutieren, wie wir mit diesem Konflikt Artikel 33 Abs. 2 Laufbahnrecht und den politischen und rechtlichen Erfordernissen bei der Besetzung im Leitungsbereich von Staatssekretären umgehen. Aber ich halte Ihren Vorschlag, die Ausnahme in § 3 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 zu streichen, weder für angemessen noch für sachgerecht, und will auch deswegen über die Alternativen diskutieren. Es braucht also klare Verfahrensregelungen innerhalb der Ministerien auf der Grundlage des bestehenden Laufbahnrechts für die Besetzung von Leitungsfunktionen. Dazu gehören: klare Dokumentation von Eignung, fachlicher Befähigung und fachlicher Leistung. Es gehört natürlich auch eine Dokumentation dazu, weil eine Dokumentation ja erst die Abkehr von der Ausschreibungspflicht ermöglicht. Wie das geschehen soll, darüber wird zu diskutieren sein. Das Bestehen des besonderen Vertrauensverhältnisses wird wahrscheinlich – und das ist ja im Bericht auch deutlich geworden – in der Beurteilung der jeweiligen Minister niedergeschrieben sein. Es braucht natürlich – und da hat der Rechnungshof in seinem Bericht unzweifelhaft recht – klare Beschreibungen von Anforderungsprofilen und Tätigkeitsbildern, weil das dann beispielsweise auch die Grundlage für Entscheidungen zur Eingruppierung ist. Ja, auch das konnte man dem Bericht entnehmen, diese Dokumentationspflicht wurde nicht in jedem Fall immer zu 100 Prozent umgesetzt und ist dieser Verpflichtung gerecht geworden. Das muss sich verändern. Der Minister hat dazu ausgeführt. Aber ich will auch deutlich sagen, aus einer oberflächlichen Dokumentation kommt noch lange nicht, dass es den eingestellten Mitarbeiterinnen an Eignung und Befähigung fehlt oder dass man zu der Feststellung kommt, dass es sich um systematische Rechtsverstöße handelt. Es ist erst mal die Feststellung, dass die Dokumentationsverpflichtungen nur oberflächlich erfüllt worden sind.

 

Natürlich, der Minister ist darauf eingegangen, ist es eine gute Idee oder erst mal naheliegend, dass man sagt, in einem Leitungsbereich besetzt man persönliche Referenten mit Leitern des Ministerbüros auch erst mal zeitlich befristet für die Zeit möglicherweise einer Legislaturperiode. Das ist das, wo man auch Minister ins Amt ruft. Richtigerweise – und auch das geht aus dem Bericht des Rechnungshofs und vor allem auch aus den Stellungnahmen der Ministerien hervor – wurden sehr viele der von Ihnen kritisierten Einstellungen ja zunächst befristet vorgenommen. Ihnen wurde dann im weiteren Verfahren im Rahmen von Ausschreibungsverfahren auf unbefristete Stellen die Möglichkeit gegeben, sich zu bewerben. Ich finde das auch richtig, wenn man will, dass man jungen Menschen in der Thüringer Verwaltung eine Perspektive gibt, dass man ihnen dann natürlich auch einräumt, aus einem befristeten Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu kommen. Wenn es sich eben nicht um eine Stelle im Leitungsbereich, sondern im fachlichen oder nachgeordneten Bereich handelt, gelten natürlich unumwunden die Vorgaben des Laufbahngesetzes und damit natürlich auch die Frage der Ausschreibungsverpflichtung. Ich halte das für eine wichtige personalentwicklungspolitische Maßnahme.

 

Zurück zu den Vorschlägen des Landesrechnungshofs, künftig alle Stellen im Leitungsbereich einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren zu unterziehen. Und da bitte ich Sie tatsächlich, diesen Vorschlag nicht nur alleine zu betrachten, sondern wirklich auch in den Kontext Ihrer anderen Empfehlungen zu stellen, die da wären: Nichtanerkennung von Vorbeschäftigungszeiten bei befristet eingestellten Arbeitnehmerinnen in den Leitungsfunktionen für die Stufenzuordnung, ausschließliche Akzeptanz von Rechts- und Politikwissenschaft als notwendige Hochschulausbildung für die Laufbahnanerkennung, Begrenzung der Vergütung auf maximal E 13 für persönliche Referenten, da keine höherwertige Tätigkeit mit der Aufgabe durch den Landesrechnungshof gesehen wird, und Einführung – und das finde ich besonders bemerkenswert – einer de facto Mindestaltersgrenze für Staatssekretäre.

 

Frau Butzke, ich kann es Ihnen nicht ersparen, ich habe es in meiner Fraktion schon ähnlich gesagt: Als ich Ihren Bericht gestern in weiten Teilen gelesen habe – ich weiß gar nicht, ob ich so zu Ihnen hier sprechen darf im Plenum, aber tue das –, habe ich mich gefragt, als ich beim Lesen dieses Berichts war, wo war eigentlich der Reformwille und der Reformmut des Landesrechnungshofs, als wir über Verwaltungsstrukturen, Verwaltungsreformen und Gebietsreformen gesprochen haben. Diese Vorschläge zusammengenommen sprechen für mich

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das ist stillos!)

 

für eine sehr strukturkonservative Vorstellung von Verwaltung, insbesondere auch im Regierungsbereich.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Respektlos!)

 

Und das, Herr Voigt, ist gar nicht so unerheblich, weil wir uns schon auch mit der Frage beschäftigen müssen, wie ist das eigentlich ausgeprägt, das politische Wechselverhältnis im Parlament, was sich durch Parteien und Wahlen zusammenbildet und aus dem Parlament heraus durch konstituiertes Handeln von Parteien zu einer Regierungsbildung führt. Und als ich den Bericht und die Wertung des Rechnungshofs gelesen habe, hatte ich die ganze Zeit – und ich gebe zu, das ist ein bisschen zuspitzend – ein Bild einer Beamtenregierung vor Augen, bei der man nach genügend Dienstjahren und Beförderungsrunden nicht nur Abteilungsleiter, sondern auch verwaltender Staatssekretär werden kann. Ich hatte eine Beamtenregierung vor Augen oder eine Verwaltungsstruktur, die ohne Seiteneinsteiger auskommt und wo junge motivierte Menschen praktisch den Gang durch die Laufbahnen tätigen müssen und wenn halt ein an Dienstjahren alter, aber noch nicht funktionsfähiger Dienstvorgesetzter vor ihnen steht, war es das dann eben auch irgendwann mit der Perspektivenentwicklung. Ich habe eine Beamtenregierung vor Augen, wo nur noch Juristen und Politikwissenschaftler sitzen – verstehen Sie mich nicht falsch, zwei wunderbare Berufe, aber es gibt noch mehr wunderbare Berufe, die auch mit einer hohen Eignung für den öffentlichen Dienst versehen sind.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und ich habe mich gefragt, ob eigentlich Ziel und Leitbild dieses Berichts gewesen ist, dass bei einer Wahl und nach einem vom Wähler gewollten politischen Wechsel auch in der Regierungsverantwortung eigentlich nur noch Minister ausgetauscht werden sollen, oder ob vielleicht nicht am Ende sogar – das haben wir ja in diesem Land oder in anderen Ländern auch diskutiert – der Wunsch und die Vorstellung einer Technokratenregierung die Urteile praktisch als Motiv unterlagerten, wo im Prinzip nur noch das Parlament politisch zusammengesetzt wird und man dann einer im Prinzip per se neutralen Verwaltung bis in die letzte Stiefelspitze des Ministerbüros Aufträge erteilt, aber die ansonsten tatsächliche Verwaltungsarbeit leistet. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Als politisch interessierter und als politisch ambitionierter Mensch möchte ich mir eine solche Verwaltung nicht vorstellen,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

weil Politik halt eben mehr ist als nur Verwaltung, sondern Politik ist die Gestaltung, die alltägliche Gestaltung des Gemeinwesens. Und das sollte uns allen doch am Herzen liegen.

 

Und, Herr Bühl – ich wollte eigentlich nicht darauf eingehen, aber weil Sie darauf eingegangen sind –, es gibt noch eine andere Stelle im Bericht des Landrechnungshofs, die ein bisschen auch die Qualität der Sachverhaltsermittlung schmälert – und Sie haben das ja auch sehr populistisch aufgegriffen –, nämlich den Ausbau des Leitungsbereichs. Nun hat – ich habe es angesprochen – die Landesregierung uns hier nicht nur die Berichtsteile des Rechnungshofs zur Verfügung gestellt, sondern wirklich auch alle einzelnen Stellungnahmen der Ministerien. In dem Bericht des Rechnungshofs steht, der Leitungsbereich wird um insgesamt, ich glaube, 55 Stellen aufgebläht – das ist immer so ein schönes Wort, was die Opposition gerne im Zusammenhang mit dem Haushalt sagt. Nun habe ich mir zwei Ministerien, weil die besonders herausgehoben wurden, mal angeguckt, das sind die Thüringer Staatskanzlei und das Thüringer Innenministerium. Dort legen diese beiden Ministerien eben ausdrücklich nahe und argumentieren, dass es sich hier um keine Erweiterung des Stellenpools im Leitungsbereich handelt …

 

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Sie tragen Sachen vor, die Sie nicht vortragen dürfen. Das hat Ihnen die Präsidentin vorhin gesagt, dass Sie nicht vortragen können, was Sie gestern noch in einem vertraulichen Raum gelesen haben!)

 

Ich gebe zu, dass das wirklich ein Problem ist. Das kenne ich aus dem Untersuchungsausschuss, man weiß am Ende gar nicht mehr, wo man was gelesen hat, ob in der Zeitung, in Berichten oder in nicht öffentlichen Berichten. Aber ich will zumindest sagen, weil sich der Ministerpräsident dazu auch schon öffentlich geäußert hat und ich es Ihnen deswegen sagen kann – die 55 Stellen finden Sie im öffentlichen Teil und die öffentlichen Verlautbarungen des Ministerpräsidenten können Sie im Pressespiegel nachlesen –: Es sind im Prinzip Aufwüchse im Leitungsbereich, die sich auf den ersten Blick darstellen, die aber keine Stellenaufwüchse sind, sondern Ergebnis von Umstrukturierungen und Umorganisationen in den jeweiligen Ministerien, weil beispielsweise das Referat „Bürgeranliegen“ als Stabsstelle zugeordnet worden ist, und dasselbe haben wir im Prinzip auch im Thüringer Innenministerium.

 

(Heiterkeit CDU)

 

Und wenn ich mich nicht irre, Herr Bühl, werden Sie das alles möglicherweise in der Stellungnahme des Innenministeriums und der Staatskanzlei nachlesen können. Ich finde, deswegen sollten wir auch ehrlich darüber diskutieren, was wirklich in dem Bericht steht und was wirkliche Grundlage für die Entscheidung ist. Da ist natürlich dann abschließend die Frage, was denn jetzt zu tun ist. Wir haben als Koalitionsfraktionen heute einen Antrag vorgelegt und gleichzeitig auch einen Selbstbefassungsantrag für den Ausschuss erarbeitet, der der Staatskanzlei zugeordnet worden ist. Wir brauchen eigentlich nicht, Herr Bühl, ewig lange noch über Ihren Antrag oder über unseren Antrag diskutieren, ob wir die Landesregierung auffordern, uns Materialien zu geben, damit wir unsere Arbeit machen können, wir können im Prinzip gleich unsere Arbeit machen, und die Gelegenheit haben Sie mit unserem Selbstbefassungsantrag im Ausschuss für EKM. Es geht also um Bewertung, es geht um vergleichende Betrachtungen, es geht natürlich auch um eine Betrachtung von Entwicklungen, um möglicherweise dort zu hinterfragen, wo es Rechtsänderungen und vor allem auch Änderungen in der Verwaltungspraxis gegeben hat.

 

Sie können natürlich auch in den nächsten Wochen und Monate mit Ausschussüberweisung, da können Sie auch noch ein Rechtsgutachten machen, da können Sie noch zitieren, ob wir einen Untersuchungsausschuss machen. Wissen Sie, wenn Sie einen Untersuchungsausschuss beantragen wollen, dann beantragen Sie einen, dann hören Sie aber auf darüber reden, dass man endlich für Aufklärung sorgen muss, wenn Sie selber im Prinzip gar nichts aktiv dazu beitragen. Ich glaube – das habe ich Ihnen gesagt –, die Untersuchungsergebnisse des Rechnungshofs liegen auf dem Tisch, die können wir uns anschauen. Es geht jetzt darum, die Untersuchungsergebnisse aufzuarbeiten, zu bewerten und Schlussfolgerungen zu ziehen. Es ist eben nicht Aufgabe eines Parlaments, aufgrund eines solchen Berichts zu überlegen, wie man das möglichst lange als politisches Kampfinstrumentarium in der Öffentlichkeit beispielsweise bei solchen Sondersitzungen erhalten kann.

 

(Beifall SPD)

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Sie können die Ergebnisse nicht akzeptieren!)

 

Doch, ich kann ein Ergebnis akzeptieren. Das Problem ist, das habe ich Ihnen doch gesagt, Herr Schard, Ihr Ergebnis stand doch am 25. November schon fest.

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Nein!)

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Doch, das können Sie doch in Pressemitteilungen nachlesen. Und der Redebeitrag von Herrn Bühl war doch jetzt auch nicht so zu verstehen, dass man, was man möglicherweise bei Gerichtsverhandlungen macht, auch mal die entlastenden, die Auffassung des Rechnungshofs widerlegenden Argumente austauscht,

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Deshalb brauchen Sie einen Sonderbeauftragten!)

 

dass man auch mal darüber nachdenkt, welche Folgen mögliche Rechtsauslegung auch für die Funktionsweise der parlamentarischen Demokratie in Thüringen zur Folge hat. Ich habe doch versucht Sie einzuladen, sich auf dieses Gedankenspiel einzulassen.

Natürlich muss man dann auch – ich hatte das gesagt – über gesetzliche Klarstellungen reden und dort, wo es notwendig ist, dann möglicherweise auch Rechtsänderungen vornehmen. Natürlich muss man darüber diskutieren, aber auch dazu haben Sie nicht gesprochen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich – und das meine ich jetzt wirklich in die gesamte Runde –, politisches Vertrauen, Herr Bühl, gewinnt man nicht dadurch zurück oder überhaupt, indem man am lautesten seine Empörung hinausschreit. Politisches Vertrauen – und so will ich es auch verstanden wissen – gewinnt man nicht damit zurück, wenn man dem Finger auf den politischen Konkurrenten zeigt und sagt, ihr habt es doch genauso gemacht. Ich glaube, politische Vertrauen gewinnt man dadurch zurück, indem man das sich zu Herzen nimmt, was Rudolf Augstein als Aufgabe von Journalisten beschrieben hat: Sagen, was ist. Das heißt natürlich auch, wenn wir uns das zu Herzen nehmen und das auch als eigene Verantwortung, als eigene Aufgabe verstehen, dass wir ehrlich sagen, was an Fehlern gewesen ist, dass wir ehrlich sagen, was an notwendigen Konsequenzen zu ziehen ist, und dass wir auch ehrlich sagen, was eigentlich in einer Demokratie bei Regierungsbildung notwendig ist, die sich aufgrund wechselnder politischer Entscheidungen auch von Wählerinnen und Wählern wirksam zusammengesetzt hat, das gehört eben auch zur Ehrlichkeit dazu, das wäre tatsächlich sagen, was ist, nicht aber Ihr Verbleiben auf der politischen Ebene bei der Auseinandersetzung mit dem Rechnungshofbericht. Ich glaube, die Koalitionsfraktionen haben hier eine gute Grundlage für eine sehr konstruktive Bearbeitung dieses Vorgangs gelegt. Ich lade Sie ein, sich an dieser konstruktiven und sachlichen Aufarbeitung und Bewertung zu beteiligen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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