Aussterben Thüringer Innenstädte aufhalten – Einzelhändlern und Gastronomen zur Seite stehen

Andreas Schubert

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/4536

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Thüringerinnen und Thüringer an den Endgeräten hier am Livestream oder später dann auch zum Nachhören und  sehen! Im Begründungstext zur Aktuellen Stunde legt die CDU-Fraktion in ihrem Kampf, um das Aussterben Thüringer Innenstädte aufzuhalten, den Fokus gegen diese aussterbenden Innenstädte auf den Einzelhandel und die Gastronomie, was verdeutlicht, dass Sie die Komplexität des Themas verkennen. Bereits vor Corona hatten viele Innenstädte mit mangelnder Attraktivität zu kämpfen, war der demografische Wandel genauso ein Thema wie veränderte Einkaufsgewohnheiten. Mit der Pandemie haben sich die Probleme zugespitzt.

 

Bereitgestellte staatliche Hilfen sind daher jetzt richtig und wichtig, um die Betroffenen mit ihrer wirtschaftlichen Situation nicht allein zu lassen, denn offensichtlich regelt der freie Markt mit seinen Wirkungsmechanismen von Angebot und Nachfrage eben nicht alles. Und das Versprechen des Ministerpräsidenten vom März des vergangenen Jahres gilt. Wir haben – und das werden wir auch zukünftig tun, alle Möglichkeiten mobilisieren, alle finanziellen Mittel mobilisieren, um Existenzen und damit auch Arbeitsplätze zu schützen.

Aber funktionierende Innenstädte werden gebraucht, auch als Sozial- und Kulturräume. Sie benötigen Attraktivität auch jenseits kommerzieller Angebote. Ein Spielplatz, Springbrunnen, beschattete Sitzmöglichkeiten, kurzum, eine hohe Aufenthaltsqualität gehören genauso dazu wie erschwinglicher Wohnraum, ein attraktives gastronomisches Angebot und interessante Einkaufsmöglichkeiten. Es geht also um weit mehr als nur Einzelhandel und Gastronomie. Damit aber auch das nach der Pandemie wieder florieren kann, ist übrigens die dann noch vorhandene Kaufkraft eine entscheidende Komponente. Doch diese verringert sich seit Jahren bei denjenigen, die ihr gesamtes Einkommen schon heute jeden Monat wieder ausgeben müssen. Hohe Energiepreise und allgemeine Preissteigerungen werden durch die aktuellen Anpassungen nicht ausgeglichen, zum Beispiel bei Hartz-IV-Regelsätzen. 1 Prozent Steigerung zum Jahreswechsel ist doch vor diesem Hintergrund wirklich ein Hohn und hat überhaupt nichts damit zu tun, dass Innenstädte irgendwie einen Kaufkraftzuwachs bekommen können.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU hat in ihrem Antrag gänzlich neue Ideen für die Belebung der Innenstädte gefordert. Ich habe mich darauf gefreut, allerdings hier heute sehr wenig dazu gehört. Sie beklagen in Ihrer Kritik vielmehr die 2G-Überwachungsnotwendigkeiten im Einzelhandel und in der Gastronomie. Auch das hat die CDU mit zu verantworten, denn ohne die Zustimmung der CDU hätte es diese Regelungen in anderen Bundesländern und in der MPK ja nie gegeben. Genauso die Entschädigungsmöglichkeiten bei Selbstschließungen – die ja letzte Woche schon im Wirtschaftsausschuss debattiert wurden. Ihr Wirtschaftsminister, der bis zur vergangenen Woche noch in Amt und Würden gewesen ist – Herr Altmaier hieß er –, oder Ihre Bundeskanzlerin, die auch noch in der vergangenen Woche in Verantwortung war, hätten das ja regeln können, dass bei Selbstschließung auch Entschädigungsmöglichkeiten vorgegeben werden. Jetzt ist – wie im Wirtschaftsausschuss beschrieben – die Diskussion im Nachhinein auch mit dem Bund notwendig.

 

Das Gebot der Stunde ist aber, jetzt den Instrumentenkasten zu vergrößern, neue Ideen zu prüfen und auch mal zu schauen, wie vielleicht regionale Kampagnen auch an anderen Stellen in der Republik in Thüringen die Diskussion befruchten können. Ich denke da zum Beispiel auch an Regionalwährungen, die sich zum Beispiel in der Region Chiemgau sehr bewährt haben, um regionale Kreisläufe, Wertschöpfung in der Region zu stärken. Das könnte möglicherweise Kampagnen unterstützen, die wir hier in Thüringen schon erfolgreich durchgeführt haben, wie „Heimat shoppen“ oder auch die Marketingaktion der virtuellen Lieblingsmeile im Thüringer Süden. Viele lokale Innenstadtaktivitäten gibt es, die mit Herzblut Veranstaltungen organisieren oder diese mit Plakatkampagnen begleiten. Auch Gutscheinkonzepte werden jetzt wieder geprüft oder geplant, wie zum Beispiel in Jena die City-Card. Auch Lokalpolitik vor Ort hat schon oft Verantwortung übernommen, zum Beispiel die Sondernutzungsgebühren für die Bewirtschaftung öffentlicher Flächen ausgesetzt. Übrigens spielte die CDU dabei in Gera eine sehr zwiespältige Rolle. Sie wollte sogar die Rechtswidrigkeit einer solchen Hilfe für Verkaufsstände vor Läden herbeireden, was aber nicht begründet war.

 

In Thüringen wurde die Notwendigkeit der Bündelung und landesweiten Begleitung dieser Prozesse erkannt und deshalb vor einem halben Jahr das Aktionsbündnis „Innenstädte mit Zukunft“ gegründet. Inzwischen hat es drei Treffen gegeben. Es arbeiten drei Arbeitsgruppen sowohl zur Leerstandsbewältigung, zur Thematik „Klimawandel/Klimaanpassung“ und auch zu der Frage „Leben und Wohnen in der Stadt“. Unter Federführung des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft und der IHKs im Land sind eine Vielzahl von Vereinen und Verbänden auch unter Mitwirkung des Wirtschaftsministeriums zusammengekommen, um eine gemeinwohlorientierte Zukunftsvision für unsere Innenstädte zu entwickeln. Wir als Linksfraktion sehen dabei insbesondere auch die Mobilität als einen ganz wichtigen Parameter an. Für uns ist klar, Innenstädte haben eine Zukunft, wenn sie sich als Orte der Vielfalt verstehen, als Arbeits- und Lebensorte für alle,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

als Begegnungsorte und als Orte der Teilhabe, als öffentlicher Raum, den kommerzielle Angebote ergänzen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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