Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland in Thüringen endlich umsetzen – Klage gegen den Bund auf den Weg bringen

Patrick Beier

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/3567

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Ja, jetzt geht das wieder los, Herr Möller, aber was Sie hier vorn wieder mal von sich geben, ich finde, das ist wirklich einfach nur noch widerlich.

 

(Unruhe AfD)

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf aus der Fraktion der AfD)

 

– Sie können sich doch um Ihren Scheiß kümmern, oder? – Das, was Sie hier von sich geben und was Sie hier als Entmenschlichung wirklich anbieten, ist einfach widerlich. Ich finde es schade, dass wir das hier in diesem Hohen Haus ertragen müssen.

Allerdings möchte ich mich bei den Kolleginnen von Bündnis 90/Die Grünen für diese Aktuelle Stunde bedanken. Die Debatte um eine mögliche Landesaufnahmeanordnung beschäftigt uns nahezu die gesamte Legislaturperiode und ist in der öffentlichen Wahrnehmung offenbar in eine Sackgasse geraten. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass es zumindest in der DNA der rot rot grünen Parteien und Fraktionen verankert sein sollte, Menschen in Not beizustehen, ihnen zu helfen und praktisch Solidarität zu üben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wer sich nun vor seinem geistigen Auge die Bilder von den griechischen Inseln, von Moria noch mal hervorruft, der wird sich kaum eine drängendere Notwendigkeit zum Handeln vorstellen können als diese.

 

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wir sehen Würzburg!)

 

Gemeinsam konnten wir uns letztlich auf eine Landesaufnahmeanordnung einigen, welche die Landesregierung im Juni 2020 erlassen hat, um dort wenigstens 500 Menschen aus dieser Situation retten zu können. Die Ernüchterung folgte auf dem Fuße. Das Bundesministerium des Innern, geführt von Horst Seehofer, untersagte uns diese Möglichkeit. Der Minister verweigerte sein Einvernehmen. Gemäß § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz haben die Länder die Möglichkeit, über eigene Aufnahmeprogramme Menschen aus eben solchen humanitären Notlagen zu retten. Dazu gab es in der Folge reichlich Rechtsgutachten. Auch bei laufenden Aufnahmeprogrammen gab es das Versagen des Einvernehmens durch den Bundesinnenminister in dieser Form bisher nicht. Für uns als Linke-Fraktion ergibt sich daher ein klares Bild: Die Entscheidung Seehofers fiel aus einer rein politischen Motivation. Die Rechtslage ist aus unserer Sicht aufseiten des Freistaats Thüringen. Von daher ist der Klageweg aus meiner Sicht der einzig logische Weg, dafür zu sorgen, dass wir genau diese Option ausschöpfen könnten.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Es ist nicht so, als wären wir mit dieser Auffassung allein. Wir haben das vorhin gehört. Das Land Berlin hat bereits Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht – übrigens ein SPD-Innensenator. Ich sage es noch einmal hier, klar und deutlich: Wir müssen uns diesem Weg anschließen. Wir brauchten bereits vor vielen Monaten eine Lösung für die Menschen in Moria. Wir brauchen zukünftig Rechtssicherheit, wenn es darum geht, mit Aufnahmeprogrammen Menschenleben zu retten. Es geht darum, dass wir uns hier das Recht einklagen, Menschenleben retten zu dürfen. Ja, ich persönlich habe keinerlei Verständnis dafür, dass dieser Weg zur Klage und das Kabinett von Einzelnen bestimmten Ministerien einer Farbe blockiert wird. Ich halte es für falsch. Egal, welche Argumente aus der SPD dann kommen mögen, eine rot-rot-grüne Landesregierung kann somit bei der Rettung von Menschenleben nicht aus dem Vollen schöpfen. Die Leidtragenden, das sind die Menschen auf Lesbos, die dort im Elend vor sich hinvegetieren müssen. Das muss man sich am Ende dann auch einfach einmal klarmachen. Es ist am Ende auch die Große Koalition in Berlin, die kein Stück auf diese Menschen gibt, die Seenotrettung kriminalisiert, die die Länder nicht dabei unterstützt, wenn sie helfen wollen und helfen könnten. Dort höre ich dann dröhnendes Schweigen. Das macht mich persönlich unfassbar wütend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

 

Umso wichtiger ist es, dass sich die Zivilgesellschaft einmal mehr auf den Weg gemacht hat. Die Petition „Aufnahmeprogramm durchsetzen – Klage gegen das BMI jetzt!“ ist ein Zusammenwirken vieler zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure, die sich bewusst sind, in welcher Verantwortung wir hier stehen, die zu Recht einfordern, dass zügig geklagt werden muss, die sehen, wo die Blockadehaltung liegt. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass wir hier zu einer Anhörung im Petitionsausschuss des Landtags kommen werden, um diese Forderung noch einmal deutlich an die Landesregierung heranzutragen. Die Forderung „Kein Mensch darf in einem Lager leben müssen“ wird auch hier am 08.07. ab 14.00 Uhr vor dem Landtag laut und deutlich werden, wenn genau diese engagierte Zivilgesellschaft dafür demonstrieren wird.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und an diese: Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, ich unterschreibe das, was ihr sagt, was wir gemeinsam einfordern – Thüringen muss Verantwortung übernehmen und Menschen aus den griechischen Elendslagern evakuieren. Klare Kante gegen diese Abschottungspolitik.

 

(Unruhe AfD)

 

Klare Kante gegen die Blockadehaltung Seehofers. Kein Mensch ist illegal, liebe AfD-Fraktion.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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