Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2021

Philipp Weltzien

Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/5815

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuschauer/-innen auf der Tribüne und am Livestream, zunächst einmal herzlichen Dank für diesen doch recht umfangreichen Arbeitsbericht des Petitionsausschusses!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie aus der Vorstellung des Petitionsberichts deutlich wurde, haben die Coronapandemie und die damit verbundenen Maßnahmen und Probleme auch den Petitionsausschuss im vergangenen Jahr maßgeblich begleitet.

Aber es gab eben 2021 auch noch eine Vielzahl von anderen Themen, die uns beschäftigten, beispielsweise die Evergreens Beschwerden über Straßen- und Verkehrslärm, um baurechtliche Fragen, Probleme mit dem Jobcenter, der Wohngeldstelle, Natur- und Tierschutz, Beschwerden von Strafgefangenen und Petitionen im Zusammenhang mit der Erhebung von verschiedenen Beiträgen wie Rundfunk, Straßenausbau, Wasser und Abwasser.

 

Uns und mich vor allen Dingen bewegen doch am stärksten immer die Fälle, bei denen Menschen in eine finanzielle oder soziale Notlage gerutscht sind und sich hilfesuchend an den Petitionsausschuss gewendet haben. Und wenn wir gehört haben, den größten Anteil an den 757 eingereichten Petitionen hat wieder einmal der Bereich Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie mit 167 Eingängen und es ist genau das Themengebiet, in welchem es meist um ganz individuelle und existenzielle Probleme von Menschen in Not geht.

 

So haben wir zum Beispiel am Ende des letzten Jahres den Fall einer jungen Familie mit einem sechs Monate alten Kind gehabt, dass an beiden Nieren an Krebs erkrankt ist. Wir befanden uns mitten in der Coronapandemie, die Krankenhäuser waren völlig überfüllt und das Kind benötigte dringend eine Operation, die jedoch wegen dieser Lage in den Krankenhäusern verschoben werden musste. Die Situation allein müsste ja eigentlich schon schlimm genug sein für die Familie, aber ist es offensichtlich noch nicht. Bei den Petenten kommt noch hinzu, dass die Mutter aufgrund von eigener Krankheit langwierig erkrankt war und ihren Anspruch auf Krankengeld nahezu aufgebraucht hatte. Es musste aber wegen der Erkrankung des Kindes und der aufgeschobenen Operation eben länger zu Hause geblieben werden und es drohte ein finanzieller Engpass, der die Familie zusätzlich belastete. Der Petitionsausschuss hat sich aber eben aufgrund der besonders schwierigen Umstände dazu entschlossen, die Familie mit Mitteln aus dem Härtefallfonds zu entlasten. Der Ehemann musste immerhin auch noch zum Beispiel sein Meister-BAföG zurückzahlen. Diese Kosten haben wir als Ausschuss übernommen, um der Familie zumindest diese Last zu nehmen.

 

Aber – die Petition der Familie hat eben auch auf eine Regelungslücke beim Bezug von Krankengeld aufmerksam gemacht. Hier stehen wir als Abgeordnete alle in der Verantwortung, diese Problemlagen aufzunehmen und zu bearbeiten. Zwar kann man nicht für jeden Sonderfall sicherlich ein eigenes Gesetz schreiben. Wir haben diesen Fall aber nicht vergessen und werden mit dem zuständigen Thüringer Ministerium beraten, wie weiter vorzugehen ist, gegebenenfalls das Thema auch an die zuständigen Stellen im Bund weiterleiten.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Ein anderes Beispiel aus dem letzten Jahr handelt von dem Fall eines Ehepaares, das allein im eigenen Wohnhaus aus DDR-Zeiten lebt. Beide sind schwer krank. Die Frau leidet unter einer Krebserkrankung, der Mann ist querschnittsgelähmt. Die Petenten waren über Jahre hinweg im Handwerk und Einzelhandel selbstständig tätig. Aufgrund ihrer beiden Unfall- und Krankheitsgeschichten konnten sie sich nie was zurücklegen und viele Jahre lang nichts in die Rentenkasse einzahlen. Die Rente des Manns ist entsprechend klein und ist nun eigentlich auf Grundsicherung und auf Leistungen des Jobcenters begrenzt. Sie bewohnen die gesamte Fläche ihres Hauses, vom Jobcenter selbst wurden aber nur 60 Quadratmeter anerkannt. Somit blieben sie auf ihrer Rechnung zur Befüllung ihres Gastanks zum größten Teil sitzen. Hier reden wir über eine komplette Füllung, zum damaligen Zeitpunkt noch sportliche 4.500 Euro. 70 Euro pro Monat waren dafür vom Jobcenter vorgesehen. Wieso hätten sie das leisten sollen? Schließlich hat das Jobcenter jedoch unter Vermittlung des Petitionsausschusses eine Einzelfallentscheidung getroffen und den Petenten die Kostenübernahme für die Beschaffung von 1.500 Litern Heizöl zugesichert. Einen Teil der Rechnung sollten die Petenten jedoch selbst übernehmen. Aufgrund der besonders schwierigen und schicksalhaften Lebenslage hat der Petitionsausschuss beschlossen, den Anteil der Petenten an der Heizölrechnung zu übernehmen und stellte dafür 350 Euro aus dem Härtefallfonds zur Verfügung.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, das Thema „Energie und Heizung“ ist immer wieder Thema bei uns und beschäftigt uns und vermutlich auch noch für eine ganz lange Zeit, denn die steigenden Energiekosten bedrohen die Lebensgrundlage eines immer größer werdenden Teils der Bevölkerung. Die ökonomischen und energetischen Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine haben diese Situation noch zusätzlich verschärft. Einkommensschwache Menschen und Familien mit Kindern sind überproportional stark von hohen Energie- und Lebensmittelpreisen betroffen. Sie benötigen dringend wirksame Entlastung. Sozialleistungen müssen auf ein auskömmliches und menschenwürdiges Niveau zur Sicherung der Lebensgrundlage angehoben werden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Mit Blick auf Umweltereignisse wie zum Beispiel in Mosbach gibt es nichts mehr zu relativieren. Diese Ereignisse sind Folge der fortschreitenden Klimakatastrophe und sie werden an Zahl und Stärke zunehmen. Es ist daher einerseits dringend geboten, konsequent für den Klimaschutz und erneuerbare Energien einzutreten. Andererseits müssen wir finanzielle Mittel vorhalten, um Menschen, die von einer besonderen Härte getroffen sind, effektiv zu helfen.

 

Im Angesicht der Energiekrise, auf die wir zusteuern, wäre es im Hinblick auf den Haushalt 2023 zu überlegen, ob wir hier nicht einen speziellen Energiehärtefallfonds einrichten zur Entlastung von einkommensschwachen Personen und Haushalten in Thüringen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Letzte Sätze: Als Sprecher für Netzpolitik, Digitalisierung und Datenschutz hat es mich natürlich besonders gefreut, am Dienstag die neue Petitionsplattform mit in Betrieb nehmen zu dürfen. Der Weg bis dahin war ein langer. Bereits mit der Änderung des Petitionsgesetzes im Juli letzten Jahres hatten wir die notwendigen Regelungen dafür getroffen. Die umfassende Umgestaltung der Petitionsplattform des Thüringer Landtags ist aus meiner Perspektive ein Erfolg und kann nur ein Erfolg werden. Ich hoffe sehr, dass die neue Plattform, die zweifellos ansprechender und interaktiver ist als die alte, auch von mehr Menschen aktiv genutzt wird und wir damit einen weiteren Schritt in Richtung mehr Mitbestimmung und Beteiligung für die Menschen im Land vorangekommen sind. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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