Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2017

Anja Müller

Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5739

 

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Bericht des Petitionsausschusses – ich nenne ihn auch gern Bürgerausschuss – ist immer eine gute Gelegenheit, den Menschen aufzuzeigen, welchen Baustein sie nutzen können, um sich für sich und ihre Anliegen einzusetzen. Zu den ganzen Statistiken möchte ich jetzt nichts mehr sagen, die Zahlen kann man in dem Bericht nachlesen, sie sind heute auch schon mehrfach erwähnt worden. Für uns als Fraktion kann ich immer nur sagen, dass dieser Petitionsbericht auch wie ein Eintrag in ein Hausaufgabenheft ist. Bei genauem Studium – nicht nur des Berichts, sondern aller anderen eingegangenen Petitionen im Jahr 2017 – wird deutlich, dass die Sozialgesetzgebung des Bundes sowie das kommunale Verwaltungshandeln, sei es die Arbeit der Unteren Baubehörden oder aber die Arbeit der Wasser- und Abwasserzweckverbände, immer wieder Anlass zu Petitionen geben.

So erreichte uns eine Petition, über die sowohl der Vorsitzende als auch meine Kollegen schon berichtet haben, aus der Region Schern. Es ist unglaublich, dass sich Menschen für sauberes Trinkwasser heutzutage noch einsetzen müssen. Und was wir auch als Mitglieder recherchiert hatten, war ja – das haben wir eben nicht über eine Anhörung oder Ähnliches erfahren –, dass der Verband Geld an seine Mitgliedskommunen ausschüttet, aber für die Anwohner, die etwas im Außengebiet liegen – in einer kleinen Siedlung – kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung stellen möchte. Ich glaube mich zu erinnern, dass ein Argument des Wasserverbands war: In der Bundesrepublik gibt es keinen Rechtsanspruch auf sauberes Trinkwasser. Das war für mich eine unglaubliche Aussage. Aus diesem Grund waren wir auf eine andere öffentliche Anhörung sehr gespannt, die im Jahr 2017 stattgefunden hat, die der Bürgerinitiativen aus dem Saale-Holzland-Kreis und dem Saale-Orla-Kreis, die eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Abwasserbeseitigung im ländlichen Raum einforderten.

 

(Beifall CDU)

 

Die Anhörung war hoch interessant. Die Anhörungen machen auch immer deutlich, dass sich Petenten intensiv auf diese Anhörung vorbereiten, sei es bei der Anhörung zur Pfefferminzbahn, die wir durchgeführt haben, dass sie Analysen anfertigen – und das alles auf ehrenamtlicher Basis, also ein tolles Engagement, das dabei auch gezeigt wird.

Was die Anhörungen der Bürgerinitiativen aus dem Saale-Holzland-Kreis und dem Saale-Orla-Kreis betroffen hat: Die Intentionen der Landesregierung, das Thüringer Wassergesetz zu ändern, wurden dabei aber auch begrüßt. Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, es wurde auch deutlich, dass Eigentümer von Grundstücken, die nach den Abwasserbeseitigungskonzepten nicht an die zentralen Kläranlagen angeschlossen werden, entlastet und die Aufgabenträger, sprich die Wasser- und Abwasserzweckverbände, stärker in die Verantwortung genommen werden müssen.

Da sind wir bei einer weiteren Hausaufgabe: Die Bürgermeister, die ihre Gemeinden im Zweckverband vertreten, schieben Entscheidungen zulasten der Bürgerinnen und Bürger gern damit ab: Das hat der Zweckverband so entschieden. Sie nehmen sich aber selbst gern aus der Verantwortung heraus und erklären den Menschen zu wenig, wie sich so ein Zweckverband zusammensetzt. Häufig keimt dann das Gefühl bei den Menschen auf: Die machen eh, was sie wollen, ich komme ja gar nicht damit durch.

 

(Beifall SPD)

 

Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, führt meines Erachtens auch dazu, dass wir – wie jetzt erst wieder geschehen – bei den Kommunalwahlen eine Wahlbeteiligung haben, die erschreckend ist und uns alle nicht aus der Verantwortung herausnimmt, Hausaufgaben daraus abzuleiten.

 

Dann möchte ich auf eine weitere Petition hinweisen, die im Jahr 2017 eingegangen ist, jedoch noch nicht abschließend beraten wurde. Der Petent möchte eine Übersicht aller Debatten der letzten Jahre hier im Landtag, eine Übersicht der Redner in den Diskussionen, eine Übersicht der Abgeordneten, welche Rede sie gehalten haben und dazu den Link mit der dazugehörigen Rede, eine Übersicht, welche Themen in den Ausschüssen behandelt wurden, und dazu wird dokumentiert, welche Ziele verfolgt werden.

 

Ich finde ja, das ist eine ganz tolle Petition. Nun liegt diese Petition aber schon anderthalb Jahre im Ausschuss. Das Argument war – wir haben letztens auch nachgefragt, wir als Mitglieder der Linken: Es findet noch eine Prüfung in der Landtagsverwaltung statt. Ich möchte heute hier die Gelegenheit nutzen: Sehr geehrter Herr Präsident, das, was Bayern kann, das kann doch Thüringen schon lange. Bitte treiben Sie diese Prüfung voran, dass wir auch diese Petition endlich abschließend bearbeiten können. Weil in Bayern ist es möglich. Ich habe mir das angesehen. Das ist unglaublich, wie Menschen nachvollziehen können, welche Entscheidungen dort getroffen werden, wie der Beratungsverlauf von Gesetzen, von Initiativen, von Anträgen ist – sei es aus den Ausschüssen, sei es aus den Debatten hier. Ich finde das hervorragend.

 

Ich habe Ihnen das mal größer dargestellt, vielleicht könnten Sie sich das nachher auch noch mal anschauen. Da ist wirklich der Beratungsverlauf, die Vorgangsmappe, jeder Abgeordnete wird mit seiner Position dargelegt. Und was da natürlich auch zu finden ist – das ist nicht wie bei uns: Man kann das Schriftliche länger nachvollziehen als das Visuelle. Damit bin ich auch bei der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung, mit Einschränkungen: Auch dafür haben wir Sorge zu tragen, dass sie es nachhören, nachlesen können, wo und wie ist der Stand der Dinge. Ich glaube, das stände uns allen hier im Hause gut. Das, was wir hier machen, sollte doch öffentlich sein. Dann sind wir vielleicht ein Stück weiter bei dem Eindruck, die machen ja eh nur, was sie wollen. Deswegen, sehr geehrter Herr Präsident, noch mal ins Mikrofon jetzt meine Bitte: schnelle Prüfung und dass wir das vielleicht zeitnah abschließen können.

 

Präsident Carius:

 

Ich wäre ja froh, wenn Sie da für alle Ausschussmitglieder sprechen.

 

(Beifall AfD)

 

Abgeordnete Müller, DIE LINKE:

 

Ich rede jetzt für meine Fraktion und ich glaube, auch für einen größeren Teil der Mitglieder im Ausschuss. Ich gebe einen Bericht meiner Fraktion ab und nicht aller Mitglieder des Ausschusses. Das haben die anderen eben gemacht.

 

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Aber auch noch wie im Ausschuss!)

 

Wie bitte?

 

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Aber auch noch wie im Ausschuss!)

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Heym, Sie kennen doch die Arbeit des Ausschusses. Jedes Mitglied des Petitionsausschusses hat immer wieder die Möglichkeit, in der Datenbank – die wir nur über bestimmte Sticks und CDs einsehen – auf Petitionen zurückzugreifen, Suchergebnisse einzugeben usw. Dieser Petent – der ist hier aus Erfurt – war in der Bürgersprechstunde hier im Thüringer Landtag und hat uns diese Petition vorgetragen. Von daher werbe ich auch bei Ihnen: Schauen Sie mal nach, lesen Sie sich die durch. Ich glaube, vielleicht haben wir mit Ihnen einen weiteren Sympathisanten, dass wir das nun endlich auch mal angehen. Wir sind ja noch nicht fertig mit der Beratung. Ich habe auch eben deutlich gemacht, dass Nachfragen bei der Landtagsverwaltung – wie wir es im Ausschuss immer machen – ergaben, dass die Landtagsverwaltung, dass der Landtagspräsident das über die Medienstellen noch prüfen lässt, wie wir das umsetzen. Deswegen war jetzt hier meine öffentliche Bitte zu schauen. Die Bayern haben es gemacht und was Bayern kann, können wir doch schon lange.

 

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Nein, noch lange nicht!)

 

Das würde den Menschen aber auch ein Stück mehr das Gefühl bei direkter Demokratie, bei Transparenz, bei Mitbestimmung geben und eben nicht das Gefühl aufkeimen lassen, wie ich es eben schon erwähnt habe: „Die machen ja eh, was sie wollen“. Denn mehr direkte Demokratie schafft Klarheit, schafft Wahrheit und steht uns gerade in diesen populistisch angehauchten Zeiten sehr zu Gesicht. Das ist meine Meinung und auch die meiner Fraktion. Der Vorschlag des Petenten soll auch ein Vorschlag sein, um der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Und – ich kann es nur wiederholen – wir wollen das auch verändern.

 

Ich möchte mich auch dem Dank meiner Vorrednerin an das Petitionsreferat, an meine Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, an alle Ministerien anschließen.

Zu guter Letzt möchte ich noch mal als Vorsitzende der Strafvollzugskommission das Wort dazu ergreifen. Ja, es gab mehr Petitionen in den letzten/vergangenen Jahren im Strafvollzug. Wir wollen das mal ein bisschen runterrelativieren – das haben wir in der vergangenen Sitzung auch besprochen, das können mir die anderen Mitglieder des Ausschusses im Petitionsausschuss auch bestätigen –, es gab seit drei Jahren eine Änderung in der Aufnahme der Petitionen. Das kam damals durch einen Referenten aus dem Ministerium. Ein Petent wird jetzt nicht mehr als eine Petition geführt, sondern jedes seiner kleinen Anliegen wird als eine Nummer geführt. Da kann man – wir haben mal ein bisschen recherchiert als Fraktion – das gut nachvollziehen: Ein Petent hat allein acht Petitionen im Bereich Strafvollzug. Und so zieht sich das durch. Das muss man ein bisschen runterbrechen. Die Arbeit in der Strafvollzugskommission haben wir auch deshalb gemeinsam ein wenig umstrukturiert, um genau die Probleme in den Justizvollzugsanstalten genauer zu analysieren, dass wir uns Zeit nehmen, um inhaltliche Arbeit zu leisten. Bisher war es so: Wir sind immer in die Anstalten gefahren, haben Gespräche geführt, Petitionen aufgenommen, und dann waren anderthalb Stunden nur immer an einem kleinen Sitzungstag Zeit, vor einem Plenartag, um diese ganzen Besuche auszuwerten. Um das aber zielgerichteter zu gestalten, haben wir zu Beginn dieses Jahres die Arbeit ein wenig umgestellt. Daher werden wir nur drei Besuche in diesem Jahr machen, aber uns dreimal längerfristig treffen können, um diese Besuche auch inhaltlich auszuwerten. Denn Fakt ist eins: Ja, das Personal ist überaltert. Fakt ist eins: Seit 2007 gab es das Personalabbaukonzept. Fakt ist eins: Wir werden, wenn alles gut geht, in diesem Jahr erstmals wieder 20 neue Mitarbeiter dort einstellen können. Das ist ein Beginn. Wir wollen Dinge angehen, wir müssen sie angehen. Aber so schlecht, wie es manchmal dargestellt wird, sind unsere Justizvollzugsanstalten durchaus nicht. Das kann man auch noch mal nachlesen. Es gibt immer einen Besuchsbericht der Länderkommission zur Verhütung von Folter. Die waren auch im vergangenen Jahr wieder in Thüringen unterwegs. Dieser Bericht ist einsehbar und zeigt, dass unsere Anstalten gut aufgestellt worden sind, dass wir auf einem richtig guten Weg sind, dass wir aber auch bei Personal und bei bestimmten Dingen sicherlich nachrüsten müssen, auch auf entsprechend das Alter. Aber das ist natürlich eine Diskussion, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Das Personalabbaukonzept war, glaube ich, 2007 und seitdem lag es an uns, dass wir es bis 2025 ausgeweitet haben und das ein bisschen entschärfen. So viel zum Strafvollzug. Auch da möchte ich mich noch mal bei allen bedanken, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalten. Die haben es echt nicht einfach dort. Den Job rund um die Uhr zu leisten auf einem sehr, sehr hohen Niveau, das erfordert schon ganz schön viel. Es liegt auch an uns – und das ist eine weitere Hausaufgabe –, wenn wir Nachwuchs dort brauchen – und den brauchen wir – oder haben wollen, dann müssen wir auch den Beruf würdigen, ehren und nicht so darstellen, als gäbe es in Thüringen das Chaos, denn das ist falsche Politik. Ich danke Ihnen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien