Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2015

Zur Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 6/2167


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger am Livestream! Vielen Dank, Herr Abgeordneter Heym, für die Vorstellung des Arbeitsberichts des Petitionsausschusses 2015.


Auch ich möchte mit einem Zitat aus dem Artikel 14 der Thüringer Verfassung beginnen, welcher Grundlage für das Thüringer Petitionsgesetz ist. „Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Außerdem ist der Petitionsausschuss der einzige Ausschuss des Thüringer Landtags, der in der Thüringer Verfassung gemäß Artikel 65 festgeschrieben ist. Damit zeigt sich die wichtige Stellung des Ausschusses, der sich mit den Anliegen der Thüringer Bürgerinnen und Bürger beschäftigt.


Ich möchte Sie gar nicht so lange mit Zahlen und Statistiken langweilen. Ich denke, Herr Abgeordneter Heym hat die wichtigsten Fakten vorgetragen. Außerdem können Sie auch die Details im gedruckten und digitalen Arbeitsbericht nachlesen. Nur so viel will gesagt sein: Die Thüringer Bürgerinnen und Bürger nutzen immer mehr ihr Recht auf Beschwerde und Mitbestimmung. 2014 hat die Zahl der eingereichten Petitionen – 1.121 Stück – den Höchststand seit 1998 erreicht. Auch das wurde schon mehrfach heute gesagt. Und im Jahr 2015 sind es 1.130 Petitionen, die im Thüringer Landtag eingegangen sind. Insgesamt 1.361 Petitionen, darunter auch einige Altfälle aus den vorhergehenden Jahren, hat der Petitionsausschuss bearbeitet. Und alleine der Arbeitskreis unserer Fraktion war für über 350 Petitionen berichterstattend verantwortlich.


Zu erwähnen wäre natürlich auch noch, aus welchen Kernbereichen die einzelnen Petitionen stammen – aber auch das wurde schon mehrfach erwähnt –: 238 Petitionen aus dem Straf- und Maßregelvollzug, 201 Petitionen aus dem Bereich Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, 96 Petitionen aus den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur und Verkehr und 75 Petitionen aus dem Bereich Kommunales. Der Ausschuss hat 2015 bei insgesamt 45 Petitionen die Veröffentlichung auf der Homepage des Thüringer Landtags bewilligt. Bei der einen oder anderen Petition haben sich viele Bürgerinnen und Bürger beteiligt und haben die Petition mitgezeichnet. So konnten wir insgesamt vier Petitionen in einer öffentlichen Anhörung mit den zuständigen Ministerien behandeln.


Auch wenn es heute schon häufig erwähnt worden ist, möchte ich die Anhörung zur Petition Rositz-Schelditz kurz noch einmal darlegen. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Rositz haben sich 2014 an den Thüringer Landtag gewandt, da sich die Wohnbedingungen im Ortsteil Schelditz aufgrund von hoch belastetem Grundwasser kontinuierlich verschlechterten. Die Gebäude sind aufgrund von Feuchtigkeit und den Giftstoffen nicht bewohnbar, die Gärten sind bis zur Grasnarbe überwässert und können nicht als solche genutzt werden. Auch ist die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner stark durch die Altlasten gefährdet.


Seit zwölf Jahren ist die Problematik den Behörden und Ämtern bekannt. Die Maßnahmen, die ergriffen wurden, beschränkten sich jedoch nur auf Sofortmaßnahmen wie zum Beispiel das Abpumpen des Grundwassers. Ein Gesamtkonzept für diese Region hat bis dahin nicht existiert. Bei der öffentlichen Anhörung im Thüringer Landtag konnten keine Sofortergebnisse erzielt werden. Jedoch sind Politik und Öffentlichkeit für dieses Thema wieder einmal sensibilisiert worden. Daraufhin wurden runde Tische durch das zuständige Ministerium initiiert, gemeinsam mit dem Bürgermeister der Gemeinde, der Bürgerinitiative, dem Landratsamt und der Landrätin Michaele Sojka.


Knapp ein Dreivierteljahr nach der öffentlichen Anhörung sind die ersten Erfolge zu verzeichnen. Den elf direkt betroffenen Mietparteien wurde es ermöglicht, in nicht belastete Immobilien umzuziehen. Diese belasteten Häuser sollen dann im Rahmen der Sanierungsarbeiten abgerissen werden. Die Bauarbeiten sollen laut dem Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz schon 2017 beginnen. Auch ist geplant, die Keller der anliegenden Häuser trockenzulegen und Drainagerohre in die Gärten zu verlegen. Des Weiteren sollen die Straßen erhöht und im Zuge dessen die Rohrleitung erneuert werden.

Nachdem sich Vertreterinnen und Vertreter unserer Fraktion und auch Vertreterinnen und Vertreter der SPD-Fraktion ein Bild der Lage vor Ort gemacht haben, die Anhörung kurz danach stattgefunden hat, sind wir erfreut, dass sich einiges für die betroffenen Personen geändert hat. Es ist wichtig, der Bürgerinitiative Rositz-Schelditz für ihr unermüdliches Engagement zu danken.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ohne deren Ausdauer wären diese Maßnahmen und das Gesamtkonzept für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner nicht auf dem jetzigen Stand.


Eine zweite öffentliche Anhörung möchte ich erwähnen, das ist die, bei der es um das Landeserziehungsgeld ging. Die Petentin hat sich mit ihrer Petition für den Erhalt des Landeserziehungsgelds ausgesprochen. Insgesamt haben circa 3.000 Bürgerinnen und Bürger diese Petition unterstützt. Da die Petition des benötigte Quorum erreicht hat, wurde sie ebenfalls in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses behandelt. Dabei wurde das zuständige Ministerium auch angehört. In der öffentlichen Anhörung habe das Ministerium nochmals deutlich gemacht, dass bereits die Einführung des Landeserziehungsgelds umstritten gewesen sei. Es wurde festgestellt, dass der Petition nicht abgeholfen werden kann, da die Landesregierung nicht beabsichtigt, das Landeserziehungsgeld wieder einzuführen.


Ich habe diese zwei Beispiele genannt, um aufzuzeigen, dass wir uns unter Rot-Rot-Grün keiner Diskussion verweigern und die öffentlichen Anhörungen auch immer sehr ernst nehmen – egal zu welchem Thema.


Wie Sie sicherlich mitbekommen haben, sind die meisten Petitionen – insgesamt 238 Stück – allein aus dem Bereich des Straf- und Maßregelvollzugs. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die übergroße Zahl der Petitionen, nämlich insgesamt 892 Petitionen, die anderen eingangs benannten Bereiche betreffen. Damit möchte ich nur sagen, der Petitionsausschuss beschäftigt sich nicht vorrangig, wie oft geäußert, nur mit Petitionen aus dem Straf- und Maßregelvollzug, sondern mit den Belangen aller Bürgerinnen und Bürger Thüringens. Hierzu gehören die Strafgefangenen selbstverständlich hinzu, aber sie sind nur eine Gruppe von vielen. In dem vorgestellten Bericht werden sie daher auch feststellen, dass wir erstmalig trotz der hohen Anzahl der Petitionen den Bereich des Straf- und Maßregelvollzuges im Buch einstimmig hinten eingeordnet haben. Ich sollte – um dies zu verdeutlichen – vielleicht noch einen kleinen Exkurs in die Petitionen des Straf- und Maßregelvollzugs geben. Oftmals wird der Ausschuss mit vielen Petitionen einzelner Strafgefangener beschäftigt. Oft geht es um den Verzicht der Straflockerung oder kleinere Probleme wie zum Beispiel die Ernährung oder Freizeitgestaltung. Leider muss man hier sagen, es handelt sich auch um Strafgefangene und die Anstaltsleitungen entscheiden in den meisten Fällen nach geltendem Recht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch hier möchte ich Ihnen ein Beispiel nennen. Wenn ein verurteilter Neonazi, der auch Unterstützer des NSU-Trios war, insgesamt 14 Petitionen einreicht, weil ihm zum Beispiel keine rechtsextremistische Literatur genehmigt wird, muss ich leider feststellen – nein, nicht leider –, dass der Petition erstens nicht abgeholfen werden kann und auch der Ausschuss meines Erachtens teilweise ad absurdum geführt werden sollte.


(Beifall DIE LINKE, SPD)


Dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Jedoch sind auch viele wichtige Petitionen unter den eingesendeten Anliegen der Strafgefangenen. Dank derer haben wir erreicht, dass das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz regelmäßig die Kosten des Fernsehanbieters Telio überprüft und nach günstigeren Alternativen sucht. Auch sind die Kosten für den Einkauf in den Justizvollzugsanstalten in dauernder Überwachung und Optimierung. Strafgefangene haben auch erreicht, dass in der JVA Tonna versuchsweise neue Steppdecken gekauft und erprobt werden. Des Weiteren werden gerade Richtlinien erarbeitet, um dem Personalmangel in den Justizvollzugsanstalten entgegenzuwirken. Hier möchte ich auch noch einmal meinen persönlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz sowie die Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamten aussprechen, die unserer Meinung nach immer bemüht sind, für die Strafgefangenen akzeptable Lösungen zu finden und die anstehenden Petitionen sorgfältig und vor allem schnell abzuarbeiten. So konnte erreicht werden, dass der große Stau von Petitionen aus dem Strafvollzug allmählich und Stück für Stück abgebaut wird. Wir sind zuversichtlich, dass alle nicht behandelten Petitionen bis Ende 2016 einen Abschluss finden.


Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, war 2015 ein recht erfolgreiches Jahr für den Ausschuss, nicht zuletzt durch das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung. Auch da noch mal herzlichen Dank.


(Beifall im Hause)


Wir konnten in über 13 Fällen Menschen in besonderer Not finanziell unterstützen, 45 Prozent der behandelten Petitionen konnten mit Auskünften geschlossen werden, bei 13 Prozent konnte dem Anliegen ganz oder teilweise abgeholfen werden. Natürlich ist dies ein Anlass sich zu freuen, aber auch ein Anlass, kritisch auf das letzte Jahr und die Zukunft zu blicken. Wir finden es wichtig, dass der Ausschuss noch mehr in die Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit investiert. Oftmals wissen viele Bürgerinnen und Bürger nicht von der Möglichkeit, sich bei falschem oder unterlassenem Handeln von Behörden oder bei Gesetzesideen an den Petitionsausschuss zu wenden. Auch stellen wir vermehrt fest, dass viele auf der Online-Plattform des Thüringer Landtags veröffentlichte Petitionen nur gering mitgezeichnet werden – unserer Meinung nach ein Zeichen dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger noch viel zu wenig von ihren Möglichkeiten wissen. Auch sollten die regelmäßig stattfindenden Bürgersprechstunden in den einzelnen Gemeinden besser und breiter beworben werden. Dafür ist jedes Mitglied im Ausschuss auch mitverantwortlich. Oftmals lässt sich die Beteiligung an zwei Händen abzählen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen von den Möglichkeiten erfahren und die Chance haben, diese auch zu nutzen. Auch sollten wir nochmal genau überprüfen, inwieweit die privaten Online-Plattformen wie zum Beispiel openPetition von den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden. Auf Initiative unserer Fraktion findet am 2. Juni ein Gespräch mit dem Initiator von openPetition im Ausschuss statt. Die Beteiligung auf diesen privaten Plattformen ist um einiges höher als auf der Plattform des Thüringer Landtags. Jedoch wissen die meisten Bürgerinnen und Bürger nicht, dass die dortigen Unterschriften für eine Behandlung im Petitionsausschuss nicht ausschlaggebend sind. Diese Petitionen stellen letztendlich nur ein derzeitiges Stimmungsbild der Gesellschaft dar. Auch sollte hierbei noch mal auf den Datenschutz geachtet werden, wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Daten bei den privaten Online-Plattformen eingeben. Hier ist es unser aller Pflicht, Aufklärungsarbeit zu leisten. Nur Petitionen, die beim Petitionsausschuss des Thüringer Landtags eingereicht werden, egal ob postalisch oder per E-Mail, können von den Mitgliedern des Ausschusses bearbeitet werden. Nur diese Petitionen haben einen gesetzlichen Anspruch auf Prüfung, Stellungnahme und abschließenden Bescheid. Ebenso ist es für uns als Fraktion Die Linke auch wichtig, weiterhin ein bürgerfreundliches Petitionsrecht in Thüringen vorzeigen zu können. Wir sind bemüht, nach möglichen Lücken zu schauen und diese bürger- und beteiligungsfreundlicher zu stopfen. Es soll für die Bürgerinnen und Bürger noch einfacher werden, Petitionen einzureichen.


Meine Damen und Herren, ich hoffe auf ein ebenso spannendes und vor allem erfolgreiches Jahr 2016 für den Petitionsausschuss, seine Mitglieder und natürlich für die Bürgerinnen und Bürger Thüringens. Wie Herr Abgeordneter Heym schon in der Pressekonferenz angedeutet hat, ist in diesem Jahr bereits eine Petition zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform durch die Stadt Weimar eingegangen. Wir sind gespannt, ob sich die Vorhersagen des Vorsitzenden Heym bewahrheiten und es in der nächsten Zukunft zu vermehrten Petitionen in diesem Bereich kommen wird. Wir als Linke freuen uns auf den Austausch und die Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es zeigt auch, dass wir an einem regen Austausch mit Mandatsträgern als auch den Bürgern interessiert sind. Ich danke Ihnen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien