Altschuldenentlastung der Wohnungsunternehmen

Zum Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/986 -


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Frage der wohnungspolitischen Altschulden war schon oft Thema hier im Thüringer Landtag wie auch im Bundestag. DIE LINKE wurde jedes Mal bei ihren Anträgen in ihre Schranken gewiesen.


(Beifall DIE LINKE)


Jetzt erscheint es mir so, dass Sie selbst das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Aussagen des Koalitionsvertrags von CDU und FDP verloren haben. Denn dort steht, Herr Minister Carius hatte es bereits auch schon zitiert - ich zitiere - "den Stadtumbau in den neuen Bundesländern nicht durch ungelöste Altschulden der Wohnungsunternehmen zu gefährden." Eigentlich alles geklärt. Berechtigterweise folgt aber auch Ihrem Optimismus nun Ernüchterung. Sprach man zunächst noch von einer Prüfung der Notwendigkeit einer Anschlussregelung, hält man jetzt zwischenzeitlich dies für schwer abschätzbar, inwieweit der Erfolg des Stadtumbaus tatsächlich von der Weiterführung der Altschuldenhilfe abhängig sei, und spricht von vorhandenen starken Anreizen zum Abriss auch ohne Altschuldenhilfe. So stehts im Bericht des Bundesbauministeriums. Zudem geht aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage im Bundestag hervor, dass es einen Erlass der Altschulden nicht geben wird. Spätestens mit der Auslobung des Gutachtens durch die Bundesregierung zur Wirkungsanalyse der bisherigen Altschuldenregelung ist klar, dass für dieses Jahr und aller Wahrscheinlichkeit auch für das nächste Jahr mit einer Lösung nicht so schnell zu rechnen ist.

Dass eine endgültige Klärung der Altschuldenfrage aber dringend notwendig ist, darin waren wir uns heute bisher alle einig. Bisher kam dieser Vorstoß aber immer von den LINKEN. Auch die einschlägigen Fachverbände mahnen wiederholt für zügiges Handeln; auch das wurde heute hier mehrfach schon gesagt. In der Leipziger Erklärung - Frau Doht sprach bereits davon - und am Rande der Mai-Sitzung des Bauausschusses des Bundes hörten wir, wir brauchen eine rasche Lösung der Altschuldenfrage, um die erfolgreiche Fortsetzung des Stadtumbaus in Ostdeutschland und die weitere positive Entwicklung der ostdeutschen Städte nicht zu gefährden. Selbst der Bauminister von Mecklenburg-Vorpommern, Volker Schlotmann, forderte den Bund in der Landtagssitzung am 10. Juni auf, die Wohnungswirtschaft endlich und schnell von den fiktiven Altschulden zu entlasten, andernfalls wird der Wohnungsleerstand erneut wieder ansteigen. Während die Fachverbände auf Eile drängen, scheinen die Entscheidungsträger im Bund alle Zeit der Welt zu haben. Sie loben auf der Grundlage des Koalitionsvertrags ein weiteres Gutachten aus. Dabei liegen die Zahlen und Fakten doch längst auf dem Tisch. Ich halte das Gutachten für eine weitere Zeitverzögerung. Hier wäre schnelleres Handeln besser gewesen.

Mit dem uns heute vorliegenden Antrag folgen auch Sie dieser Handlungsweise. Berichte und Schlussfolgerungen sind gut und richtig, aber Taten braucht das Land.


(Beifall DIE LINKE)


Erkenntnisse liegen seit Jahren auf dem Tisch und ich muss Ihnen sagen, die Begutachtung kostet uns weitere kostbare Zeit. Frau Doht nannte auch diese Zahl. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist im Zeitraum 2010 bis 2016 allein in Thüringen ein weiterer Rückbau von 30.000 Wohnungen erforderlich, bundesweit sind es 250.000 Wohnungen. Die Höhe der Altschulden auf leer stehende und abzureißende Wohnungen in Thüringen beläuft sich nach Angaben des Wohnungswirtschaftsverbandes auf rund 126 Mio. €. 34 Mio. € stehen derzeit noch im Rahmen der bisherigen Altschuldenhilfe nach § 6 a im Zuge der Verlängerung der Abruffrist dieser Mittel bis 2013 zur Verfügung. Viele Wohnungsunternehmen sind in ihrer Existenz bedroht, nicht mehr handlungs- und leistungsfähig, um insbesondere die demographisch bedingten Herausforderungen zu bewältigen und damit die soziale und ökologische Umgestaltung unserer Städte voranzubringen. Sie sehen, es geht um weit mehr als um die Existenz der Wohnungsunternehmen. Es geht bereits um die Zukunftsfähigkeit unserer Städte. Es geht um Lebensqualität für die Menschen, für die wir Verantwortung tragen. Statt das Thema auf die lange Bank zu schieben, sollen bitte Lösungen präsentiert werden. Auch wir wissen, dass hinsichtlich der wohnungswirtschaftlichen Herausforderungen die Altschuldenfrage nicht alles ist, aber ohne Altschuldenentlastung ist alles nichts.


(Beifall DIE LINKE)


Denn ohne Altschuldenentlastung fehlt den Unternehmen die Liquidität, um in energetische Sanierung oder auch in den dringend notwendigen altengerechten Umbau zu investieren. Investitionen, die wahrhaft Konjunktur und arbeitsmarktbelebend wären und, Herr Scherer, die den jungen Familien, die Sie gern nach Thüringen haben wollen, Arbeitsplätze geben würden und somit natürlich auch die Wohnungen nicht leerstehen würden. Erfolgt keine Entlastung, ist der weitere Stadtumbau in Gefahr. Dies stellt nicht nur die Wohnungswirtschaft fest, auch das Evaluierungsgutachten zum Stadtumbau macht dies im Ergebnis deutlich. Nach alledem werden die beiden ersten Punkte Ihres vorliegenden Antrags von meiner Fraktion eher schlecht als recht mitgetragen, weil Sie statt der Taten, wie gesagt, sich in Berichte und Gutachten verlieren. Fälschlicherweise wird auch noch davon ausgegangen, dass bis 2013 mit der Verlängerung der Abruffrist alles geklärt ist. Das ist nicht der Fall, denn erfasst sind nur die Unternehmen, die bis 2003 den Antrag nach dem Altschuldenhilfegesetz gestellt haben. Wir alle wissen aber doch, dass heute weit mehr betroffen sind - in Thüringen fast jedes dritte Wohnungsunternehmen. Deshalb ist der dritte Punkt Ihres Antrags, übrigens eine langjährige Forderung der LINKEN, nur folgerichtig und längst überfällig. Hier muss ich feststellen, hier wirkt auch LINKS in diesem Landtag.


(Beifall DIE LINKE)


Unsere Forderung war doch schon immer eine generelle Entlastung von den Altschulden für die abgerissenen Wohnungen, und zwar unabhängig von der wirtschaftlichen Lage und der Leerstandsquote des jeweiligen Unternehmens, so wie es jetzt in Ihrem Antrag steht. Nun endlich ist es unser gemeinsames Ziel, was konsequent auch gemeinsam weiterverfolgt werden sollte. Da haben wir viel zu tun, damit die Kommunen und die Wohnungswirtschaft weiter handeln und auch weiter gestalten können.

Meine Damen und Herren, mit Sorge stelle ich fest, dass gegenwärtig bundespolitisch die Entwicklung eine andere ist. Denken wir nur an die drastisch angekündigten Kürzungen der Städtebaufördermittel 2011, die wir stadtentwicklungs- und sozialpolitisch sowie wirtschaftspolitisch unverantwortlich finden und was auch wir gemeinsam weiter verhindern sollten. Denn jeder investierte Euro in die Städtebauförderung löst Folgeinvestitionen von 8 € aus. Genau das, was unser Land braucht, nämlich Arbeitsplätze. Danke.

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