Aktuelle Ausbildungssituation in Thüringen - Beginn des Ausbildungsjahres 2015/2016

Zur Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/1031


Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Besucherinnen, liebe Zuhörerinnen am Livestream, liebe Kolleginnen, vergangene Woche wurde der 10. Ausbildungsreport der DGB-Jugend vorgestellt. Diesem liegen die persönlichen Erfahrungen von Auszubildenden zugrunde, die sonst in dieser Weise nicht zu Wort kommen. Befragt wurden dabei bundesweit 18.627 Auszubildende aus den 25 häufigsten Ausbildungsberufen. Dieser Ausbildungsreport zeigt, dass bei allem Lob der dualen Berufsausbildung in einigen Berufen noch erhebliche Mängel bestehen. Seit einem Jahrzehnt macht die DGB-Jugend mit ihrem Ausbildungsreport auf diese Mängel aufmerksam und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Ausbildungsqualität in Deutschland. Erfreulicherweise sind die meisten Auszubildenden mit der Qualität ihrer Ausbildung zufrieden. Deutschlandweit gaben dies 71,5 Prozent der Befragten an. Allerdings zeichnen sich hier erhebliche Unterschiede in den verschiedenen Branchen ab. Die schlechtesten Bewertungen kamen erneut von den angehenden Fachverkäuferinnen im Lebensmittelhandwerk und aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Gegensatz zum deutschlandweiten Trend ist der Ausbildungsmarkt in Thüringen in einer sehr komfortablen Lage. Dennoch waren Ende August immer noch 1.944 junge Menschen ohne einen Ausbildungsvertrag und zeitgleich 3.860 Ausbildungsstellen in Thüringen unbesetzt. Wie kann es sein, dass bei solchen Bedingungen immer noch junge Menschen ohne Ausbildungsplatz bleiben? Die Liste der unbesetzten Ausbildungsstellen hat dabei große Ähnlichkeit mit der Liste der Ausbildungsberufe, die seit Jahren im Ausbildungsreport der DGB Jugend schlecht abschneiden. Dazu zählt unter anderem nach wie vor der Hotel- und Gaststättenbereich, der gerade für Thüringen einen unverzichtbaren Wirtschaftssektor darstellt. Unverändert sehen sich hier viele Auszubildende mit großen Belastungen konfrontiert: Überstunden, fachlich ungenügende Anleitung, eine unterdurchschnittliche Ausbildungsvergütung und das Gefühl, als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden, bestimmen hier nach wie den Arbeitsalltag vieler Auszubildender. Die Ausbildungszufriedenheit ist stark von der fachlichen Qualität geprägt. Diese wird bestimmt durch das Einhalten von Ausbildungsplänen sowie das Ausmaß, in dem ausbildungsfremde Tätigkeit absolviert werden müssen. So verwundert es nicht, dass Ende August in Thüringen auf 171 unbesetzte Stellen in der Gastronomiebranche lediglich 20 unversorgte Bewerberinnen kamen. Denn junge Menschen meiden bewusst jene Ausbildungsberufe, bei denen sich die eklatant schlechten Bedingungen längst herumgesprochen haben. Der sogenannte Fachkräftemangel ist folglich in vielen Bereichen ein selbst verschuldetes Problem.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wollen sich Unternehmen aber im Wettbewerb behaupten, sind sie in allen Bereichen auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen und diese benötigen auch eine qualitativ hochwertige Ausbildung. Häufig reicht schon das schlichte Einhalten bestehender Gesetze aus, um die Ausbildungszufriedenheit junger Menschen zu steigern. Letztendlich muss es auch wirksamere Kontrollen zur Überwachung der Ausbildungsqualität geben. Verstöße und die Nichteinhaltung gesetzlicher Regelungen und Verordnungen sind keine Kavaliersdelikte. Die Kammern müssen mit dafür Sorge tragen, dass vor Ort die festgelegten Standards auch eingehalten werden. Doch gerade hier besteht ein zentrales Problem. Auf der einen Seite sind sie für die Kontrolle der Ausbildung zuständig, auf der anderen Seite sind sie ein arbeitgeberfinanzierter Interessenverband. Diese Doppelstruktur führt häufig dazu, dass sie der Kontrolle der Ausbildung nur unzureichend nachkommen. Unabhängige Kontrollinstanzen könnten da ein Ausweg sein, denn Auszubildende brauchen eine Beschwerdestelle, der sie auch vertrauen. Es bedarf eines Beschwerdemanagements, dass die Auszubildenden tatsächlich in ihrem Problem ernst nimmt, ihnen Schutz gewährt und für sie leicht zugänglich ist. Hier sind die Politik und die Gewerkschaften gleichermaßen gefragt. Sowohl die Vermittlung als auch die Qualität der beruflichen Ausbildung muss dringend verbessert werden, sonst verlassen noch mehr junge Menschen Thüringen ganz. Die Landesregierung hat hier schon erste Zeichen gesetzt, indem sie zum Beispiel durch eine neue Berufsschulnetzplanung die Qualität der Berufsschulen in Thüringen anhebt oder die Richtlinie für die Fahrtkostenrückerstattung für Berufsschülerinnen fairer gestaltet. Ich verspreche Ihnen, dass wir aber auch als Fraktion weiterhin alles geben werden, um die Qualität der beruflichen Ausbildung in Thüringen flächendeckend auf ein hohes einheitliches Niveau zu bringen. Für diese Arbeit ist der jährliche Ausbildungsreport unerlässlich. Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei den unzähligen Teamerinnen der DGB-Jugend für ihr Engagement bedanken, ebenso wie bei den vielen jungen Menschen, die sich in den Jugend- und Auszubildendenvertretungen, als Betriebsrätinnen, in den Vertrauenskörperschaften oder den gewerkschaftlichen Gremien engagieren, denn sie sind es, die am Ende für eine gute Ausbildung stehen und sich dafür einsetzen. Ihnen gebührt mein Dank, aber auch der Dank der gesamten linken Fraktion.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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