60 Jahre Mauerbau: Thüringen soll des schicksalhaften Ereignisses und der Opfer von Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl würdig gedenken

Katja Mitteldorf

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/2989

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, wir verhandeln heute zunächst, dachte ich, einen Antrag. Seit heute Morgen wissen wir, dass es drei Anträge sind. Lassen Sie mich zu Beginn eines ganz klar sagen, weil ich glaube, dass uns allen bewusst ist in diesem Haus und dass es uns an diesem Punkt überhaupt nicht trennt, dass wir selbstverständlich auch des 60. Jahrestags des Baus der Berliner Mauer gedenken müssen und auch werden. Thüringen hat sich in den vergangenen Jahren und auch Jahrzehnten, wie ich finde auch richtigerweise, bewusst durch eine dezentrale Aufarbeitungs- und Erinnerungslandschaft ausgezeichnet. Warum ist das aus meiner Sicht nach wie vor wichtig und richtig? Weil es natürlich ermöglicht, dass es neben dem Erinnern und Gedenken an originalen Orten der Geschichte auch und viel mehr noch die Einbindung von Zivilgesellschaft ermöglicht, denn – und da bin ich hoffentlich nicht allein in diesem Raum –, ich bleibe dabei, dass Erinnerung und auch Aufarbeitung von Geschichte keinen reinen Symbolcharakter haben darf durch den Staat, der etwas anbietet, sondern es natürlich eine Gemeinschaftsaufgabe aller Bürgerinnen und Bürger ist und eben auch die Möglichkeit geben muss, an diesen Aufarbeitungs- und auch Begegnungsprozessen teilzuhaben. Deswegen ist – und das habe ich anfangs ja bereits gesagt – die Aufarbeitungs- und Erinnerungslandschaft auch für den Bereich der Frage des SED-Unrechts der DDR-Vergangenheit in Thüringen breit aufgestellt und das ist auch gut so. Dass wir auch in der vergangenen Legislatur – und das vielleicht auch noch mal in Richtung FDP – fraktionsübergreifend – auch mit der CDU gemeinsam am Anfang, sie haben uns dann irgendwann, aus welchen verwunderlichen Gründen auch immer, in dem gemeinsamen Konsens ein Stück weit verlassen – gemeinsam dafür gekämpft haben, dass zum Beispiel die BStU-Außenstellen auch an den historischen Orten in Thüringen erhalten bleiben und dass es eben keine Zentralisierung gibt, sondern eine Aufwertung und eine Verbesserung der originalen Orte und Schauplätze. Daran arbeiten wir noch immer und so verstehe ich auch weiterhin die Frage von Aufarbeitung und Erinnerung.

 

Deswegen verwundert es mich schon – das muss ich ganz ehrlich mal so sagen –, dass die Forderung aufgemacht wird, mal abgesehen davon, dass natürlich auch der Freistaat Thüringen als die Institution und als das Verfassungsorgan auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten diesen Tag auch als Erinnerung und Würdigung begangen hat, warum es zum Beispiel beim Antrag der AfD-Fraktion vorrangig nur darum geht, tatsächlich zu fordern, dass es einen zentralistisch organisierten Erinnerungstag gibt. Also Entschuldigung, aber das ist mir dann doch ein bisschen zu kurz. Was ist das, außer zu sagen – und das hat Frau Herold in ihrer Einbringungsrede am Ende ja dann doch noch mal deutlich gemacht –, dass es eben schlussendlich doch nicht darum geht, zumindest nicht der AfD-Fraktion, auf die Opfer hinzuweisen und zu sagen, es gibt natürlich Dinge, an die wir erinnern müssen und an denen wir weiter zu arbeiten haben, sondern dass es der AfD-Fraktion offenkundig nur darum geht, ihre eigene Ideologie und ihren eigenen Antikommunismus und ihren eigenen Antisozialismus zu leben und immer zu meinen, dass sie das hier in Thüringen besonders tun müssten und damit natürlich eine Zuschreibung in eine bestimmte Richtung vornehmen, die sich auf meine Fraktion im Besonderen erstreckt. Das nehme ich hin, das ist halt so, das bin ich auch ein Stück weit gewohnt, nur es hilft – und das muss man auch ganz klar sagen – in diesem Fall natürlich keinem einzigen Menschen, es hilft keinem einzigen Opfer von SED-Unrecht. Das ist – glaube ich – das, wo ich immer wieder sage, es braucht eben mehr, als nur eine Forderung aufzustellen, um dann hier vorn noch mal zu betonen, wie furchtbar schlimm alle Menschen sind, die sich unter anderem in der Linken organisieren.

 

Jetzt gibt es zwei weitere Alternativanträge von der CDU und der FDP. Darauf will ich noch ganz kurz eingehen, weil ich schon dafür bin, dass wir diese beiden Anträge auch in den Ausschüssen weiter beraten sollten. Die CDU-Fraktion hat sich quasi dem Ansinnen der AfD-Fraktion insofern angeschlossen, eine zentrale Würdigung und ein zentrales Gedenken an diesem Tag durch den Freistaat Thüringen zu organisieren und hat dies noch erweitert und darum gebeten, ein Konzept für eine Veranstaltung zu erstellen. Das finde ich erst mal an sich ja nicht verkehrt, nur muss ich mich natürlich auch fragen: Veranstaltungsplanungen, übrigens auch von Einrichtungen und Aufarbeitungsinitiativen, auch bezogen auch solche Jahrestage, sind natürlich bereits seit dem letzten Jahr in Vorbereitung. Das heißt, jetzt quasi ein Konzept zu fordern bis zum 30. Juni, finde ich ja zumindest spannend, aber wir können natürlich darüber reden, vielleicht verstehe ich den Antrag auch einfach nur falsch, das soll ja auch an mir liegen können.

 

Zum Antrag der FDP-Fraktion: Es ist – und das hat die Einbringung von Herrn Bergner gerade auch noch mal gezeigt – in gewisser Weise – das meine ich jetzt wirklich nicht despektierlich – ein Potpourri an Forderungen, die sich sozusagen auch ein bisschen von dem Ursprungsantrag der AfD-Fraktion wegbewegen, aber aus meiner Warte trotzdem in gewisser Weise ein bisschen wild zusammengewürfelt sind. Sie haben jetzt gerade noch mal darauf abgehoben, dass es Ihnen sehr wichtig wäre als Vorschlag, über ein Denkmal für die Opfer des SED-Unrechts zu sprechen. Ich finde, darüber kann man reden, wenn man das zu einem zentralen Punkt machen müsste. Natürlich ist es klar, dass es dafür auch Haushaltsmittel geben muss und die gibt es im Moment nicht. Das heißt, es ist die Frage, ob man das mit der jetzigen Forderung verbindet – da weiß ich nicht, ob das so ganz redlich ist.

 

Dann will ich auf einen Punkt schon noch hinweisen: Es gab bereits in der letzten Legislatur – und darauf heben Sie auch ein bisschen ab in Ihrem Antrag oder zumindest lese ich das wohlwollend heraus – eine Vereinbarung, dass natürlich zu der Frage der Aufarbeitung, die auch durch die Landesregierung und die interministerielle Arbeitsgruppe der Landesregierung und die Aspekte, die noch beachtet werden müssen und auch in Richtung Bundesrat und Bundestag gebracht werden müssen – darüber gab es jährliche Berichte und das beruht auf einem gemeinsamen Antrag, den Rot-Rot-Grün damals tatsächlich auch mit der CDU gestellt hatte, um die Möglichkeit zu geben, über diese Tätigkeitsberichte im Parlament zu diskutieren.

 

Jetzt muss man mal sagen: Diese Legislatur, in der wir uns befinden, ist ja eine ziemlich besondere Legislatur, die auch etwas damit zu tun hat, was am 5. Februar 2020 und im Nachgang passiert ist. Demzufolge sind wir ja nie zu der Verständigung gekommen, genau das wieder aufleben zu lassen. Wenn die Legislatur im September endet, dann finde ich schon, dass man natürlich im Hinblick auf eine nächste Legislatur sich über genau so etwas unbedingt wieder unterhalten muss. Das können wir gern im Ausschuss tun. Ich glaube nur, dass es eben in dieser Legislatur dann auch aufgrund der Zeitabstände schon fast ein bisschen zu spät ist und so eine gemeinsame Vereinbarung dann eher ein Schaufensterantrag wäre und damit wäre es eben nicht redlich und – wie ich finde – auch gegenüber den Opfern nicht fair, derer wir ja nicht nur gedenken wollen, sondern wo wir viele Problemlagen, wie zum Beispiel bei den Zwangsausgesiedelten nach wie vor politisch und wirtschaftlich nicht klären konnten, obwohl wir als Freistaat Thüringen da immer vorweggegangen sind. Das wäre diesen Menschen gegenüber, finde ich, nicht fair.

Deswegen: Lassen Sie uns gern über diese beiden Anträge in den Ausschüssen reden und ansonsten natürlich auch weiterhin dem Bau der Mauer gedenken und auch mahnend gedenken, aber eben auch anderen Tagen, die in gewisser Weise direkt und indirekt auch in historischen Kontexten dazu sind. Ich will das nur deshalb noch mal sagen: Ich finde es wichtig, das Thema zu besprechen, ich frage mich nur immer, ob wir bei jedem Thema einen extra Antrag für eine Veranstaltungsplanung brauchen, weil mir das für Aufarbeitungsfragen und für das wichtige Erinnern auch zu flach ist. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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