Schicksal Treuhand – Treuhand-Schicksale Eine Ausstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Am kommenden Mittwoch eröffnet die Fraktion DIE LINKE die Ausstellung „Schicksal Treuhand – Treuhand Schicksale“ im Thüringer Landtag.

Zeit: 26.04.23 um 13:00 Uhr

Ort: Thüringer Landtag, 4. Etage der Fraktion DIE LINKE

Die Ausstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt die ganz konkreten, menschlichen Auswirkungen des wirtschaftlichen Kahlschlags auf dem Gebiet der ehemaligen DDR: gebrochene Arbeits- und Erwerbsbiografien, allzu häufig der Verlust nicht nur ökonomischer Eigenständigkeit, sondern auch von Identität, Selbstwirksamkeit und Stolz. Die Ausstellung zeigt Betriebe, von denen viele Nachwendezeit und Treuhand nicht überstanden und ergänzt diese durch einfühlsame Porträts von Menschen, die selbst in diesen Betrieben gearbeitet und gelebt haben.

Die Ausstellung wird bis zum 30. Mai auf den Fluren der Fraktion zu sehen sein. Zur Eröffnung sind Interessierte herzlich eingeladen – um Anmeldung unter anmeldung@die-linke-thl.dewird gebeten.

 




Die Treuhandpolitik brach 1990 wie ein Schicksalsschlag über die Ostdeutschen herein. Waren sie im Herbst 1989 selbstbewusst für Freiheit und Demokratie auf die Straßen gegangen, nahm ihr Leben nun eine ungewollte Wendung. 9.000 volkseigene Betriebe mit insgesamt 4,1 Millionen Arbeitsplätzen sollte die Treuhandanstalt innerhalb kürzester Zeit «markttauglich» machen. Die Betriebe wurden privatisiert oder liquidiert. Millionen Menschen wurden arbeitslos. Wie erging es den Menschen dabei? Wie gingen sie mit dieser «Schocktherapie» um? Wie verarbeiteten sie die biografischen Brüche?  

Davon erzählt die Ausstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Sie gibt einen Einblick in die Vielzahl der Lebenswege. Die 13 ausgewählten Branchen und Betriebe stehen exemplarisch für die ostdeutsche Wirtschaft. Die meisten ostdeutschen Familien waren vom Wirken der Treuhandpolitik betroffen, ihr ausgeliefert. Sie erlebten die Treuhandanstalt als Schicksalsmacht.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung lässt Zeitzeug*innen zu Wort kommen, deren Lebensgeschichte durch das Agieren der Treuhandanstalt unmittelbar beeinflusst wurde. Sie waren zur Wendezeit beispielsweise Schlosser auf der Neptunwerft Rostock, Kranführerin im Stahlwerk Riesa, Maurer im Chemiekombinat Buna, Kumpel im Kaliwerk Bischofferode oder Fernsehelektronikerin in Oberschöneweide. Als lebensgroße Porträts treten sie den Besucher*innen in der Ausstellung buchstäblich auf Augenhöhe gegenüber und berichten von ihren Erfahrungen. Über QR-Code können kurze Sequenzen aus ihren Erzählungen angehört werden, in denen sich die damalige Stimmungslage auch heute noch widerspiegelt.

Dabei zeigt sich: Die hier geschilderten Erlebnisse und Empfindungen stehen beispielhaft für die Lebensgeschichten von Millionen Ostdeutscher, die durch Privatisierungen, Betriebsschließungen und Massenentlassungen – zeitweilig oder dauerhaft – an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Besonders bitter für die Betroffenen war, dass die Treuhandanstalt auf individuelle Lebensleistungen, berufliche Qualifikationen und Kenntnisse aus 40 Jahren DDR ebenso wenig Rücksicht nahm wie auf Emanzipationserfahrungen der Jahre 1989/90. 

 


 

    Das Buch «Schicksal Treuhand – Treuhand-Schicksale» mit den Erzählungen der Zeitzeug*innen erscheint parallel zur Ausstellung und ist dort kostenlos erhältlich.

    Dagmar Enkelmann, Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung: «Bisher teilen vor allem Politiker, Wissenschaftler und Historiker ihre Erinnerungen an die politische Wende und die Arbeit der Treuhandanstalt. Die Folgen der Privatisierungspolitik der Treuhandanstalt haben ganze Generationen von DDR-Bürgern getroffen. Sie haben unverschuldet ihren Arbeitsplatz verloren und mussten um ihre Existenzgrundlage kämpfen. Viele reden nicht gern über die Zeit, weil sie sich gedemütigt fühlten. Für jüngere und künftige Generationen ist es wichtig, dass Betroffene ihre Treuhandgeschichte(n) aus ostdeutscher Perspektive erzählen. Wir wollen den individuellen Blick zurück der Eltern- und Großelterngeneration verbinden mit einer Debatte über die politische Aufarbeitung der Folgen der Treuhandpolitik. Es ist Zeit, den Weg der deutschen Einheit neu zu reflektieren und den Weg nach vorn zu richten. Das Versprechen der gleichberechtigten sozialen und demokratischen Teilhabe ist 30 Jahre nach der Wende noch nicht erfüllt. Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Demokratie müssen in eine neue Balance gebracht werden.»

    In der von Rohnstock-Biografien kuratierten Ausstellung werden die Berichte der Betroffenen gerahmt durch die Geschichte volkseigener Betrieben und Kombinate, deren Schicksal unter dem Regime der Treuhandanstalt nachgezeichnet wird. Auch sie stehen exemplarisch dafür, wie die Treuhandanstalt mit dem volkseigenen Vermögen der DDR-Bürger*innen umging. Historisch und politisch eingeordnet wird das Agieren der Treuhand durch den Wirtschaftshistoriker Jörg Roesler, die Politiker Christa Luft, Hans Modrow und Bodo Ramelow sowie den DDR-Oppositionellen Bernd Gehrke.

    Folder zur Ausstellung

     


     

    Ausstellungsorte 2023:

      • Suhl, VHS «Karl Mundt» (5.4. - 4.5.)
      • Jacob-Grimm-Schule, Wilhelmshöher Allee 35-39, 34117 Kassel (15.2. - 30.3.)
      • Villa Nuova, Kurpark 1, 04924 Bad Liebenwerda (8.5. - 7.6.)

      2022

      2021

      • Prora, Dokumentationzentrum Prora (1.4.-7.6.)
      • Riesa, Stadtmuseum Riesa (14.3.-31.5.)

      2020

      2019

      • Ausstellungskonzept und Kuratorin: Katrin Rohnstock und Team, www.rohnstock-biografien.de
      • Grafikkonzept: Hanka Polkehn
      • Fotografin der Erzähler*innenporträts: Ina Schoenenburg

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