V-Mann-Skandal (Kai-Uwe Trinkaus)

Der Untersuchungsausschuss „V-Leute gegen Abgeordnete“ (UA 5/2) des Thüringer Landtages lieferte interessante Einblicke in das trübe Innenleben und den dubiosen Alltag des „Verfassungsschutzes“. Von Paul Wellsow (Nachdruck aus der Zeitschrift "Bürgerrechte & Polizei / Cilip" (Nr. 107/2015). Parallel zur Aufklärung rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) setzte das Landesparlament im Dezember 2012 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE und mit Unterstützung von Grünen und SPD einen weiteren Untersuchungsausschuss ein. Das Gremium sollte Aufklärung über die Anwerbung, Führung und die dubiosen Aktivitäten des früheren NPD-Funktionärs und Spitzels des „Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz“ (TLfV) Kai-Uwe Trinkaus bringen. Konkret ging es darum, die „erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen“ durch Trinkaus aufzuklären und herauszufinden, ob seine Aktivitäten „mit Wissen und/oder Zustimmung des Landesamtes für Verfassungsschutz und der Thüringer Landesregierung“ erfolgte, wie es im Einsetzungsbeschluss hieß. Trinkaus hatte während seiner Zeit als V-Mann Aktionen initiiert, mit denen Abgeordnete verschiedener Parteien aus Land und Bund sowie GewerkschafterInnen öffentlich diskreditiert wurden sowie Fraktionen des Landtages, die Verwaltung des Parlaments und Vereine unterwandert worden waren. Sein Vorgehen erinnerte Beobachter schon damals an geheimdienstliche Methoden. (1) Das Ergebnis des UA ist eindeutig: Trinkaus hätte nie als V-Mann verpflichtet werden dürfen. Er sei unzuverlässig, ungeeignet und Lieferant zumeist wertloser oder teils sogar selbst produzierter Informationen gewesen, heißt es in dem im Juli 2014 vorgelegten Abschlussbericht des UA.(2) Das Amt habe gegen behördeninterne Regelungen verstoßen, die Kontrolle des Geheimdienstes habe versagt. Darüber hinaus seien mehrere dem Amt durch ihren Spitzel bekannt gewordene Straftaten nicht der Polizei gemeldet worden. Der „Quellenschutz“ war offenbar wichtiger als die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten. Weiterlesen

Ramelow: Entschuldigungen reichen nicht mehr!

"Das schlägt dem Fass den Boden aus", so Bodo Ramelow zu Informationen im Zusammenhang mit der Selbstenttarnung von Kai-Uwe Trinkaus als ehemaligen Spitzel des Thüringer Verfassungsschutzes.

Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN spricht von einem "unglaublichen Vorgang, der auch personelle Konsequenzen haben muss, wenn sich auch nur Teile der Informationen bestätigen" und hat sich bereits an die Ministerpräsidentin gewandt. Dabei stehe gerade Staatssekretär Rieder als einer der damals Verantwortlichen im Blickpunkt. Während er noch in der November-Landtagssitzung gesagt hatte, dass die LINKE kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sei, "wird nun offenkundig, dass sich das Amt einzelner Neonazis bedient oder sie wissentlich geduldet hat, um Abgeordnete und Funktionäre der LINKEN nicht nur zu bespitzeln, sondern auch zu diskreditieren".

Trinkaus habe insbesondere vor der Landtagswahl im Jahr 2009 intensiv versucht, an Kontakte und Informationen aus der Fraktion DIE LINKE zu gelangen. So wollte er im privaten Bereich mit dem Landesvorsitzenden der LINKEN Kontakt aufnehmen. Die Abgeordnete der Fraktion Susanne Hennig bedrängte er derartig, dass sie sich juristisch zur Wehr setzen musste. "Dass auch die Einschleusung eines Neonazis aus dem direkten Umfeld von Trinkaus in das Mentoring-Programm der Landtagsfraktion, also in den Kernbereich der parlamentarischen Arbeit, in Verantwortung eines bezahlten VS-Zuträgers lag und mit Wissen des Verfassungsschutzes erfolgte, straft den Staatssekretär lügen", so Ramelow, der darauf verweist, dass Rieder von 2003 bis 2010 im Innenministerium die Fachaufsicht über den Verfassungsschutz hatte. "Personelle Konsequenzen zu prüfen, ist nun Sache der Ministerpräsidentin. Mit Entschuldigungen und Beschwichtigungen lassen wir uns nicht mehr abspeisen", betont der Fraktionsvorsitzende.

"Dass Trinkaus während seiner VS-Spitzeltätigkeit zu den agilsten Thüringer Neonazis gehörte, belegt einmal mehr, dass viele neonazistische Strukturen nicht ohne Zutun des Geheimdienstes entstanden sind", sagt Ramelow. So war Trinkaus Gründer zahlreicher Vereine und sammelte militante Neonazis in zunächst scheinbar harmlos klingenden Zusammenschlüssen. "Der Verfassungsschutz liefert täglich neue Gründe für dessen sofortige Auflösung", so der Fraktionschef abschließend.

Nachrichten/Neuigkeiten aus dem Untersuchungsausschuss

Der Untersuchungsausschuss „V-Leute gegen Abgeordnete“ (UA 5/2) des Thüringer Landtages lieferte interessante Einblicke in das trübe Innenleben und den dubiosen Alltag des „Verfassungsschutzes“. Von Paul Wellsow (Nachdruck aus der Zeitschrift "Bürgerrechte & Polizei / Cilip" (Nr. 107/2015). Parallel zur Aufklärung rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) setzte das Landesparlament im Dezember 2012 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE und mit Unterstützung von Grünen und SPD einen weiteren Untersuchungsausschuss ein. Das Gremium sollte Aufklärung über die Anwerbung, Führung und die dubiosen Aktivitäten des früheren NPD-Funktionärs und Spitzels des „Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz“ (TLfV) Kai-Uwe Trinkaus bringen. Konkret ging es darum, die „erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen“ durch Trinkaus aufzuklären und herauszufinden, ob seine Aktivitäten „mit Wissen und/oder Zustimmung des Landesamtes für Verfassungsschutz und der Thüringer Landesregierung“ erfolgte, wie es im Einsetzungsbeschluss hieß. Trinkaus hatte während seiner Zeit als V-Mann Aktionen initiiert, mit denen Abgeordnete verschiedener Parteien aus Land und Bund sowie GewerkschafterInnen öffentlich diskreditiert wurden sowie Fraktionen des Landtages, die Verwaltung des Parlaments und Vereine unterwandert worden waren. Sein Vorgehen erinnerte Beobachter schon damals an geheimdienstliche Methoden. (1) Das Ergebnis des UA ist eindeutig: Trinkaus hätte nie als V-Mann verpflichtet werden dürfen. Er sei unzuverlässig, ungeeignet und Lieferant zumeist wertloser oder teils sogar selbst produzierter Informationen gewesen, heißt es in dem im Juli 2014 vorgelegten Abschlussbericht des UA.(2) Das Amt habe gegen behördeninterne Regelungen verstoßen, die Kontrolle des Geheimdienstes habe versagt. Darüber hinaus seien mehrere dem Amt durch ihren Spitzel bekannt gewordene Straftaten nicht der Polizei gemeldet worden. Der „Quellenschutz“ war offenbar wichtiger als die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten. Weiterlesen

Im Beisein der Obleute wurde heute der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses 5/1 an Landtagspräsidentin Birgit Diezel übergeben. Das Gremium hatte sich mit der „Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen durch einen als V-Mann geführten führenden Neonazi“ zu befassen. Gemeint waren Aktivitäten des früheren Erfurter NPD-Kreisvorsitzende und ehemaligen Spitzels („V-Mann“) des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz Kai-Uwe Trinkaus. Weiterlesen

"Dies war heute hoffentlich der letzte Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission an den Thüringer Landtag, weil der Verfassungsschutz nach der Landtagswahl von einer LINKEN in Regierungsverantwortung durch eine Informations- und Dokumentationsstelle ersetzt werden wird", erklärt Ralf Kalich, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Weiterlesen

Angesichts der Medienmeldung, dass das Thüringer Innenministerium nun Verfassungsschutzakten zu dem Überfall von Neonazis auf einen Fotografen der TLZ am 1. Mai 2007 an die Staatsanwaltschaft Erfurt übergeben will, erklärt Bodo Ramelow, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag: "Diese schnelle und klare Entscheidung des Innenministers ist ausdrücklich zu begrüßen." Im Untersuchungsausschuss 5/2 war auf Grundlage von Akten aus dem Verfassungsschutz der Verdacht aufgeworfen worden, dass der Geheimdienst einen Straftäter gedeckt habe. Weiterlesen

In der heutigen Sitzung des Untersuchungsausschusses 5/2 wurde bekannt, dass dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz Hinweise über eine illegale Parteienfinanzierung der NPD Thüringen in 2007 vorlagen. So sei den Treffberichten des ehemaligen V-Mannes Trinkaus zu entnehmen, dass der NPD-Kreisverband Erfurt/Sömmerda potenzielle Spender gewonnen habe, von denen auch vierstellige Beträge mit und ohne Spendenquittung getätigt wurden. Trinkaus rechnete laut Akteninhalt mit Einnahmen u.a. aus Spenden in Höhe von ca. 25.000 Euro für den Kreisverband. Weiterlesen

Chronik zum Fall des Nazi-VS-Spitzels Kai-Uwe Trinkaus

Eine umfassende Chronik über die wichtigsten Aktivitäten des früheren Funktionärs von NPD, DVU und "Pro Erfurt" und Spitzels des Thüringer Geheimdienstes Kai-Uwe Trinkaus finden Sie hier zum Download. (Hier klicken / Stand 08.03.2013).

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit dem Titel "Erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen durch einen als V-Mann geführten führenden Neonazi mit Wissen und/ oder Zustimmung des Landesamtes für Verfassungs- schutz und der Thüringer Landesregierung und deren Umgang mit erlangten Informationen über Aktivitäten und Straftaten der extremen Rechten in Thüringen" wurde am 14. Dezember 2012 mit den Stimmen von Bündnis90/Die Grünen, DIE LINKE und SPD angenommen. Die FDP lehnte den Antrag ab, die CDU enthielt sich der Stimme. Den Antrag können Sie hier als PDF-Dokument herunterladen.

Am 25. Januar 2013 hat der Thüringer Landtag Evelin Groß (CDU) zur Vorsitzenden des Untersuchungssausschusses gewählt, der stellvertretende Vorsitzende ist Dirk Adams (Bündnis90 / Die Grünen).

Spitzel-Affäre Trinkaus: Linksfraktion beantragt Untersuchungsausschuss

Während einer außerordentlichen Fraktionssitzung in der Pause der Parlamentsberatung hat die Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Thüringer V-Mann-Affäre beschlossen. Der damalige Erfurter NPD-Kreisvorsitzende Trinkaus war im Jahr 2006 vom Inlandsgeheimdienst „Landesamt für Verfassungsschutz“ als Spitzel angeworben und verpflichtet worden. „Verfassungsschutz“-Präsident Thomas Sippel und der amtierende Innenminister Karl Heinz Gasser (CDU) waren über die anrüchige Personalie informiert. Trinkaus setzte gegen mehrere Abgeordnete des Thüringer Landtags – darunter drei Parlamentarier der Linksfraktion – besonders perfide Methoden der öffentlichen Denunziation und Verleumdung ein. Diese Aktionen wurden nach seiner Verpflichtung als V-Mann unternommen, nach Angaben von Trinkhaus habe er den Geheimdienst darüber informiert.
Bodo Ramelow informierte nach der Fraktionssitzung die Medien über das geplante Vorgehen. Die Pressekonferenz liegt als Audio-Mitschnitt vor.

Aktuelle Stunde am 12.12.2012 im Thüringer Landtag

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: "Erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parlamentariern durch einen als V-Mann geführten führenden Neonazi mit Wissen und Zustimmung des Landesamtes für Verfassungsschutz und der Thüringer Landesregierung?"

"Eines Rechtsstaates unwürdig!"

Bodo Ramelow kommentiert den Bericht des MDR, wonach der frühere Erfurter NPD-Chef Kai-Uwe Trinkaus V-Mann des Thüringer Inlandsgeheimdienstes "Landesamt für Verfassungsschutz" gewesen sei. Trinkaus hatte u.a. im Sommer 2007 einen Neonazi als Spitzel in die Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag eingeschleusst. Der junge Mann hatte als angebliches Mitglied der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos an einem Praktikantenprogramm der Linksfraktion teilgenommen. Ramelow erinnert daran, dass bereits zwei ehemalige hochrangige NPD-Funktionäre aus Thüringen als V-Leute enttarnt worden waren. Beide hatten später berichtet, mit Wissen und Unterstützung des "Verfassungsschutzes" gegen Gewerkschaften und die damalige PDS agiert zu hatten.

Ältere Texte zu Trinkaus

Das antifaschistische Fachblatt "der rechte rand" hat eine Sammlung alter Artikel zum Agieren von Trinkaus 2006 - 2009 zusammen- und zum Download bereitgestellt (Link zu Issuu).