Ermittlungen gegen ZPS nur Spitze des Eisbergs/Weitere Aufklärung im Fall des Geraer Staatsanwalts nötig

Steffen Dittes

Im Justizausschuss des Thüringer Landtages waren heute die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Gera gegen die Künstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) auf Antrag des Thüringer Ministeriums für Justiz, Verbraucherschutz und Migration Thema. Dazu erklärt Steffen Dittes, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag: „Die Ermittlungen gegen das ZPS stellen nur die Spitze eines Berges von fragwürdigen Entscheidungen eines Geraer Staatsanwaltes dar, der sich unter dem Wappen des Freistaats Thüringens in seinen Verfügungen auch mit rassistischen Positionen zur Verächtlichmachung von Bevölkerungsgruppen gemein macht, extreme Rechte bagatellisierte und übereifrig gegen Linke vorging, das wurde auch in der heutigen Justizausschusssitzung deutlich. Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft soll nun laut Justizministerium kritische Verfahren aus Gera überprüfen. Das ist auch dringend geboten, denn das Vertrauen in die Staatsanwaltschaft Gera wurde beschädigt. Erst vor wenigen Tagen erklärte das Landgericht eine veranlasste Durchsuchung für rechtswidrig. Allein der Linksfraktion im Thüringer Landtag sind 16 Verfahren des zuständigen Staatsanwaltes bekannt, bei denen der Verdacht besteht, dass neben juristischen Argumenten auch politische Motive verantwortlich für unverhältnismäßige Ermittlungshandlungen oder Einstellungsverfügungen waren. Wir gehen nicht davon aus, dass uns damit alle zu überprüfenden Verfahren bekannt sind.“
 
Der Thüringer Justizminister hat in der heutigen Sitzung umfangreich berichtet, wie es zum Verfahren gegen das ZPS kam und dass keine Ermittlungsfolgen daraus erwuchsen. Bemerkenswert ist jedoch, dass der kritisierte Staatsanwalt noch am Tage der Erstveröffentlichung über die Ermittlungen wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gegen das ZPS bei SPIEGEL Online am 3. April 2019 eine Thüringer Kriminalpolizeinspektion mit Ermittlungshandlungen gegen das ZPS beauftragen wollte. Dies wurde durch Dienstvorgesetzte unterbunden, weil sie ein solches Vorgehen auch für offenkundig ungeeignet hielten. Dittes weiter: „Heute wurde erneut deutlich, dass es keine nachvollziehbare Begründung für das 16 Monate andauernde Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die Künstlergruppe gab. Darüber hinaus ist es auch sinnvoll, die verschiedenen Verfahren des kritisierten Staatsanwaltes einer Gesamtbewertung zu unterziehen und dabei auch die Frage zu klären, inwiefern es möglicherweise zu einer Bevorratung mit Verfahren gekommen ist oder sich der Verdacht über die gesamten Verfahren zieht, dass politische Motive juristische Argumente sachfremd überlagert haben.“
 
Bei der Linksfraktion haben sich Staatsanwälte, kommunale Bedienstete, Polizisten aber auch andere Betroffene gemeldet und über kritische Sachverhalte des in Rede stehenden Staatsanwaltes berichtet. Dittes weiter: „Es gibt jedoch viele Verfahren, von denen wir noch gar nicht wissen. Um Vertrauen zurückzugewinnen, ist es daher wichtig, dass das Thüringer Ministerium für Justiz, Migration und Verbraucherschutz bzw. die Generalstaatsanwaltschaft Menschen die Möglichkeiten geben, sich melden und nachfragen zu können, ob auch ihre Verfahren juristisch ordnungsgemäß geführt wurden.“ Seit Ende 2017 und Anfang 2018 gibt es zudem Dienstaufsichtsbeschwerden von Rechtsanwälten, Betroffenen und auch aus Polizeikreisen, bereits im November 2018 berichtete die Thüringer Zeitung „Freies Wort“ umfangreich über Probleme bei der Staatsanwaltschaft Gera. „Das öffentlich bekanntgewordene ZPS-Verfahren hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht  und eine Dynamik in Gang gesetzt, wenn auch aus unserer Sicht viel zu spät. Um künftige Probleme zu vermeiden, sollten Berichtspflichten und Kontrollmechanismen bei schwerwiegenden Strafvorwürfen und Eingriffsbefugnissen weiter überprüft werden“, betont der LINKE-Innenpolitiker. Neben der Aufklärung im Justizausschuss, die nicht endgültig abgeschlossen wurde, befinden sich derzeit noch vier offene parlamentarische Anfragen von Steffen Dittes zum Komplex ZPS und Verfahren der Staatsanwaltschaft Gera bei der Landesregierung. Zudem hat ein Bundestagsabgeordneter der Linken Strafanzeige erstattet.