Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder

Kati Engel
Familien-KinderGesundheitRedenKati Engel

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6313

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Zuschauertribüne, liebe Zuschauer und Zuschauerinnen am Livestream, werte Kolleginnen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die Landesregierung das ThürFKG, also das Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder ändern.

 

Liebe Besucherinnen, liebe Besucher, wir haben hier im Landtag so eine seltsame Angewohnheit: Wir geben Gesetzen gern sehr lange, unverständliche Namen, nur um die dann wiederum mit noch abstruseren Abkürzungen noch unverständlicher zu machen. Aber Sie brauchen jetzt im Moment überhaupt keine Sorgen zu haben. Alles, was Sie sich jetzt für diese Debatte merken müssen, ist, dass wenn das Kürzel „ThürFKG“ fällt, das Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder gemeint ist. Im Gegensatz zum langen Namen ist das Gesetz eher einfach. Darin ist lediglich das Thüringer Einladungs- und Erinnerungsverfahren für die Früherkennungsuntersuchungen – auch die sogenannten U-Untersuchungen – sowie das Verfahren für gegebenenfalls folgende Meldungen an das Jugendamt gesetzlich beschrieben.

 

Das bereits 2008 in Kraft getretene Gesetz soll nun aufgrund seiner positiven Auswirkungen auf die Kindergesundheit und den Kinderschutz um weitere fünf Jahre verlängert werden. Bereits vor zehn Jahren forderten die Bundesländer die Einführung eines bundesweit einheitlichen Einladungs- und Erinnerungsverfahrens für die Früherkennungsuntersuchungen für die Kinder. Doch bis heute ist der Bundesgesetzgeber dieser Forderung leider nicht nachgekommen. Daher haben fast alle Bundesländer – so auch Thüringen – eigene Einladungs- und Erinnerungsverfahren eingeführt. Thüringen hat dabei im Vergleich zu anderen Bundesländern ein recht engmaschiges Netz des Gesundheits- und Kinderschutzes von Klein- und Vorschulkindern entwickelt. Nur wenige Eltern in Thüringen versäumen die Früherkennungsuntersuchungen für ihre Kinder. Jahr für Jahr werden dadurch zwischen 97 und 98 Prozent erreicht. Bei Kindern, welche auch nach einer Erinnerung nicht am Untersuchungstermin teilnehmen, wird das Jugendamt informiert. Dieses entscheidet dann, ob es die Eltern einlädt oder sie in der Wohnung aufsucht.

 

Es ist daher notwendig – und dies hat auch die schriftliche Anhörung im Ausschuss ergeben –,

 

Präsidentin Diezel:

 

Frau Abgeordnete, lassen Sie sich kurz unterbrechen. Ich möchte einen Hinweis auf die Zuschauertribüne geben: Bitte die Fotoaufnahmen unterlassen, das ist nicht in der Hausordnung, ja? Danke schön.

 

Abgeordnete Engel, DIE LINKE:

 

dass die Gültigkeit des Gesetzes um weitere fünf Jahre verlängert wird. Zudem sind redaktionelle Anpassungen notwendig. Für Sie, liebe Besucherinnen und Besucher, als Erläuterung: Es wurden zum Beispiel die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres – kurz „Kinder-Richtlinien“ genannt – verändert und umbenannt in Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses für die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern, also nur noch „Kinder-Richtlinie“. Und da ist es natürlich richtig und wichtig, wenn auch doch sehr bürokratisch, die Verweise im ThürFKG daran anzupassen.

 

Die Kinderrichtlinie ist nämlich eine wichtige Grundlage für das ThürFKG, denn darin sind die Kriterien für die Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 – also von unmittelbar nach der Geburt bis zum Alter der Kinder von etwa fünf Jahren – festgelegt.

Die vom Land Thüringen im April durchgeführte Befragung sowie die im Ausschuss durchgeführte Anhörung der Jugendämter, des Thüringer Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte sowie des Vorsorgezentrums für Kinder am Landesamt für Verbraucherschutz hat deutlich gemacht, dass das ThürFKG wesentlich zur Verbesserung von Kindergesundheit und Kinderschutz beiträgt. So hat das hiesige Einladungs- und Erinnerungsverfahren die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen signifikant erhöht und ist mittlerweile auf einem stabilen, sehr hohen Niveau. Es erhalten dadurch fast alle Thüringer Kinder eine wissenschaftlich anerkannte Untersuchung zur Früherkennung von Gesundheitsstörungen, welche die normale körperliche oder geistige Entwicklung beeinträchtigen oder gefährden. Und ich denke, dass allen klar sein dürfte, dass je früher eine solche körperliche oder geistige Störung erkannt und behandelt wird, desto besser doch die Chancen auf eine Heilung sind.

 

Außerdem haben die Jugendämter angegeben, dass die an sie weitergeleiteten Informationen, zum Beispiel über eine Nichtteilnahme an der Untersuchung, dazu beitragen konnten, Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung überhaupt erst wahrzunehmen oder Hilfebedarf bei Familien schneller zu erkennen und diese zu unterstützen. Allein die Möglichkeit der schnelleren Intervention der Jugendämter spricht für das ThürFKG. Natürlich gibt es auch Kritik an dem Gesetz. Der bürokratische Aufwand, der mit den Einladungen, Erinnerungen und dem Meldeverfahren einhergeht, ist sehr hoch, birgt die Gefahr menschlicher Fehler und kann natürlich noch optimiert werden. In der schriftlichen Anhörung wurde deshalb häufig die Anregung vorgebracht, die Meldeformulare sowie das Verfahren zu evaluieren und zu verbessern. Die Kritik ist natürlich begründet, aber leider nicht im Rahmen dieser Gesetzesänderung zu lösen, denn die Ursachen für die Falschmeldungen sind nicht im Gesetz begründet, sondern liegen im Vollzug bzw. bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelung. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat daher in der Beratung des Sozialausschusses Anfang Dezember bereits zugesichert, dass es weitere intensive Gespräche mit allen am Verfahren Beteiligten geben wird. Ziel ist es, das Meldeverfahren zu effektivieren sowie eine Evaluierung zu veranlassen und dies nicht erst nach fünf Jahren sondern jetzt beginnend.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Damit erübrigt sich leider auch Ihr Änderungsantrag, liebe CDU. Im Zuge dieser Kritik am Meldeverfahren aber eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufzumachen, halte ich für moralisch falsch, denn: Wie viel ist ein gesundes Kind uns wert?

 

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Es geht um das Verfahren!)

 

Wie viel kostet Kindeswohl? Wie viel Zeit und Geld sind wir alle bereit, in den Kinderschutz zu investieren? Im Moment haben wir zur Verlängerung des Gesetzes keine Alternative. Eltern, Kinder, Ärzte und Jugendämter bestätigen den positiven Nutzen des ThürFKG für Kindergesundheit und Kinderschutz. Selbst wenn das ThürFKG nur der Kindergesundheit dient und nicht dem Kinderschutz, so wie es die kommunalen Spitzenverbände behaupten, selbst dann lohnt sich doch der damit verbundene Aufwand.

 

Präsidentin Diezel:

 

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Meißner?

 

Abgeordnete Engel, DIE LINKE:

 

Ich bin sofort am Ende.

 

Präsidentin Diezel:

 

Gut. Am Ende, ja?

 

Abgeordnete Engel, DIE LINKE:

 

Denn das Wohlbefinden von Kindern kann mit keinem Geld der Welt aufgewogen werden. Ich bitte Sie daher, diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Präsidentin Diezel:

 

Vielen Dank. Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage? Ja. Frau Abgeordnete Meißner, bitte.

 

Abgeordnete Meißner, CDU:

 

Vielen Dank für die Möglichkeit, Frau Engel. Geben Sie mir recht, dass es uns mit unserem Änderungsantrag und der Evaluierung nicht um die Kosten-Nutzen-Analyse geht, sondern um die Frage der Evaluierung des Verfahrens? Es ist ja auch nur ein Satz, den dieser Änderungsantrag beinhaltet.

 

Abgeordnete Engel, DIE LINKE:

 

Ich gebe Ihnen recht, dass es Ihnen damit nicht um Kosten-Nutzen geht, sondern um die Effektivierung des Verfahrens, das ist richtig. Allerdings hat die Staatssekretärin bereits im Ausschuss zugesagt, dieses Verfahren sowieso zu evaluieren, weshalb Ihr Änderungsantrag eigentlich hinlänglich ist.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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